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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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bis auf den letzten Mann. Jeder kannte die Chatti - jene Horde von Männern, die für den Krieg geboren waren und die dem Rufe nach, wenn auch nicht durch Blutsverwandtschaft, Abkömmlinge des Abtrünnigen Arminius waren, der immer wieder aus den Tiefen des Waldes auftauchte, um die Dörfer und Siedlungen auf der römischen Seite des Flusses zu verwüsten. Sie knoteten ihr Haar auf die gleiche Weise wie die Gardekavalleriebrigade, trugen die Skalps ihrer besiegten Feinde jedoch in gewirkten Umhängen um ihre Schultern und behängten ihre Gürtel mit vermodernden Totenschädeln. Bán sah, wie dreißig oder mehr von ihnen mit ihren Pferden aus dem Fluss auftauchten, sich wie Hunde schüttelten und dann mit einem gekonnten Sprung aufsaßen, während sie Breitschwerter von einer Größe schwangen, die den Schädel eines Mannes ebenso mühelos spalten konnten wie ein Taschenmesser einen Apfel. Er hatte gerade wieder den Mund geöffnet, um den überflüssigen, reflexartigen Warnschrei auszustoßen, als die Männer ihre Pferde auch schon zum Galopp antrieben und der durch Mark und Bein gehende Schlachtruf ertönte.
    Als die Gardekavalleriebrigade diesen Ruf bei der Parade hatte ertönen lassen, hatte er anders geklungen, mehr auf Anordnung hin und weniger Furcht einflößend. Wenn man ihn jetzt aus dem Mund der Chatti hörte, konnte man langsam verstehen, weshalb die Gallier sagten, dass es nicht die römischen Legionen waren, die ihren Helden Vercingetorix letztendlich geschlagen hatten, sondern eine vierhundertköpfige germanische Reitertruppe, die für Cäsar ritt. Es hieß, dass sie ihren Feinden aus purer Freude am Metzeln die Glieder abgehackt hatten, um sie eines langsamen und qualvollen Todes auf dem Schlachtfeld sterben zu lassen, und als Bán jetzt ihren wilden, markerschütternden Kampfschrei hörte, konnte er die Horrorgeschichten ohne weiteres glauben. Es war ein Schrei, in dem das Versprechen auf Tod und Vernichtung mitschwang, noch sicherer als in dem Rauschen des Flusses. Ein Mann musste schon lebensmüde sein oder im höchsten Grade selbstsicher, um gegen die Chatti zu reiten.
    Kaiser Gaius Germanicus schien genau solch ein Mann zu sein. Er stimmte das Triumphlied der Kavallerie an, während er im gestreckten Galopp an der Spitze seiner Prätorianischen Leibwache ritt, merkte dann aber, dass man ihn über den Lärm und das Geschrei hinweg nicht hören konnte, und schwang stattdessen das Schwert über seinem Kopf. Sonnenlicht blitzte auf silberblank poliertem Eisen auf und reflektierte von einer Schneide, so fein geschliffen, wie man sie überhaupt nur schleifen konnte. Es war keine Waffe, die den mörderischen Schwertern der Chatti Stand halten würde, aber das konnte ihm niemand sagen.
    Die Soldaten der Legionen hatten die Gefahr erkannt. Die Männer der XIV. Legion reagierten am schnellsten, aber auch die Rekruten stürmten davon, um ihre Waffen zu holen. Bán zögerte einen Moment, weil er zu Krähe laufen wollte, doch es gab genügend Geschichten darüber, was mit Männern passierte, die im Angesicht des Feindes desertierten, und er wollte sich nicht nachsagen lassen, dass er gleich beim ersten Angriff Angst gezeigt hätte. Außerdem war ausgerechnet Krähe ein Pferd, das auch gut selbst auf sich aufpassen konnte.
    Bán war schon zur Hälfte über den Exerzierplatz gerannt, als das Horn vom Flussufer her erschallte; ein lang gezogener, klagender Ton, dicht gefolgt von einem anderen, kürzeren. Bán rannte weiter, während er sich daran zu erinnern versuchte, ob es das Kommando zum Angriff war, das diesen zweiten, kürzeren Ton am Ende hatte, oder ob das, was er gerade eben gehört hatte, stattdessen der Befehl zur Neugruppierung um die Standarte war. Er kam gerade am Tor an, als das Hornsignal abermals ertönte, diesmal noch lauter, und das Verhalten der Männer um ihn herum verriet ihm alles, was er wissen musste. Er klammerte sich an den Torpfosten, während er mühsam nach Atem rang, um zu sprechen.
    »Er hält uns zurück? Wir sollen nicht hinauslaufen, um zu helfen?«
    Er fragte die Luft und die Götter um Antwort, weil er Galba weder für einen Feigling noch für einen Verräter gehalten hatte, aber das Kommando ergab für ihn einfach keinen Sinn. Perulla, der Zenturio, beantwortete seine Frage.
    »Das ist das ›Haltet die Stellung! ‹, das sie da blasen. Wenn du es als das Signal zum Angriff interpretieren willst, nur zu, von mir aus gerne. Ich persönlich denke, wir sollten genau dort bleiben,

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