Die Herrin der Kelten
wo wir sind.«
Der Zenturio war kein hoch gewachsener Mann, das waren die Römer alle nicht, aber er war breitschultrig und stämmig und trug seine Paradeplatzrüstung, als ob er bereits darin geboren worden wäre; das Kettenhemd schmiegte sich wie eine zweite Haut an seine Schultern und den Rücken und war unter den Armen und in den Falten oberhalb des Gürtels schon leicht durchgescheuert. Er stand hoch aufgerichtet zwischen den beiden Torpfosten, seine linke Hand auf Báns Schulter, sein rechter Arm zur Seite ausgestreckt, damit keiner seiner Schützlinge, verblödet durch das wilde Kriegsgeheul oder von unerwünschtem Tatendrang beflügelt, hinausstürmen konnte.
Und es versuchte auch keiner, an ihm vorbeizurennen. Stattdessen versammelten sie sich hinter ihm und drängten sich zu einem Haufen zusammen, schwankend und unschlüssig. Bán, an der Spitze der Gruppe, war der ungewählte Sprecher. »Was machen wir jetzt?«, fragte er.
Perulla lächelte trocken. Es war das erste Mal, dass Bán ihn jemals so hatte lächeln sehen.
»Du solltest erst mal zu deinem verdammten Pferd gehen und zusehen, ob du ihm nicht das Maul stopfen kannst, ehe Gaius das Geschrei satt bekommt und ihm die Gurgel durchschneiden lässt. Und danach, schätze ich, könnten wir uns vielleicht in Reih und Glied aufstellen und hinübermarschieren, um beim Hauptquartier des Kommandanten die Stellung zu halten. Wenn wir uns ein bisschen beeilen, werden wir rechtzeitig an Ort und Stelle sein, um unserem Kaiser zuzujubeln und ihn als mutigen Sieger zu feiern, wenn er von seiner Schlacht zurückkehrt.«
Es war Civilis.
Das Gerücht sprach sich leise unter denjenigen herum, die entlang der Hauptstraße gestanden und aus Leibeskräften »Gaius Germanicus! Gaius Germanicus !« gebrüllt hatten, als ihr Kaiser an ihnen vorbeiritt. Es sickerte als ungläubiges Kichern von den aus Stein erbauten Quartieren der XIV. Legion bis zu den halbfertigen Holzhütten der Rekruten durch und gewann dabei zunehmend an Glaubwürdigkeit. Bán war gerade in den Remonte-Ställen, wo die jungen Armeepferde untergebracht waren, und nutzte die Zeit nach besten Kräften, um Krähe wieder zu beruhigen. Er hörte das Gemunkel, zog es jedoch vor, dem Gerücht keinen Glauben zu schenken. Rufus kam herein, um sich gegen den steinernen Futtertrog am Kopfende des Stalls zu lehnen und Bán über den wahren Sachverhalt aufzuklären.
»Natürlich war es Civilis. Wer sollte es sonst gewesen sein? Noch nicht einmal die Chatti sind derart wahnsinnig, dass sie den Fluss am helllichten Tag überqueren würden, wenn jeder Wachtposten hellwach und auf der Hut ist, voller Angst davor, dass Gaius vorbeikommen und ihn beim Schlafen im Dienst ertappen könnte. Aus diesem Grund hatten sie die Gardekavalleriebrigade wieder zurückgepfiffen - die Hälfte von ihnen sind nämlich Bataver. Sie hätten ihre eigene Sippe sofort erkannt und wären wieder abgezogen, nachdem sie das Spiel durchschaut hätten. Aber die Prätorianer sind durch den Fluss völlig wirr im Kopf geworden; sie würden sogar gegen ihre eigenen Schwestern kämpfen, wenn die Mädels plötzlich mit rotem Haar und Schwertern in den Händen daherkämen. Das Einzige, was sie brauchten, war der junge Bursche an der Spitze der Truppe, der sie als Feiglinge verhöhnte, und schon stürzten sie sich voll hinein, als ob ihr Leben davon abhinge.«
»Haben sie ihn getötet?«
»Civilis? Ach was, Unsinn! Er führte sie eine Zeit lang an der Nase herum, brachte ein paar ihrer Pferde zu Fall und sprang dann wieder mit seinen Männern in den Fluss. Die Prätorianer schwimmen nicht, und der Kaiser würde ihnen auch nicht erlauben, es zu versuchen. Stattdessen ließ er sie ein paar Bäume schmücken, um die Stelle seines Sieges zu markieren, so wie Cäsar es damals in den alten Zeiten machte, und ritt dann im Triumph zurück. Den Rest der Geschichte kennst du ja.«
Den kannte Bán allerdings. Er war einer der vielen gewesen, die entlang der Hauptstraße gestanden und sich die Kehle heiser geschrien hatten, als der Kaiser vorbeiritt. Er war unwillkürlich von der Euphorie des Augenblicks erfasst worden und hatte festgestellt, dass er daran glauben wollte, dass wirklich so etwas wie eine Schlacht stattgefunden hatte und der Feind in die Flucht geschlagen worden war. Die Erkenntnis, dass das Ganze nur inszeniert worden war, hinterließ einen unangenehmen Nachgeschmack in seinem Mund.
Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Krähe zu. Es ließ
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