Die Herrin der Kelten
bestrafen, aber man konnte nie wissen. Die Rekruten warteten in angespanntem Schweigen. Sie hatten durchaus Respekt vor ihrem Zenturio, auch wenn sie ihn nicht gerade innig liebten. Vier Monate lang hatte er sie abwechselnd gepiesackt, ihnen gut zugeredet und sie erbarmungslos angetrieben, um ihnen den nötigen Schliff beizubringen. Keiner hatte ihn gemocht, aber sie hatten die Unparteilichkeit in seinem Verhalten erkannt. Er hatte weder einen von ihnen zu seinem besonderen Liebling erkoren, noch hatte er die Schwachen mehr schikaniert als ihre Kameraden, und alle hatten mit der Zeit eine gewisse Achtung vor ihm entwickelt. Mehr als einem der Rekruten wurde jetzt bewusst, dass es schmerzen würde, den Hauptmann sterben zu sehen.
Der Tribun der Prätorianischen Leibwache trat von der Zuschauertribüne herunter. Bán hielt den Atem an und hörte, wie irgendjemand hinter ihm im Flüsterton zu einem gallischen Gott betete. Ein Befehl wurde erteilt, zu weit entfernt, als dass Bán die Worte hätte verstehen können, und es sah ganz so aus, als würde Perulla nicht sterben oder auch nur aus der Armee entlassen werden, aber anscheinend sollten diejenigen Rekruten, die einen Platz in der Kavallerie zu erringen hofften, unverzüglich ihre Pferde holen und ihr Können demonstrieren. Bán riskierte einen Blick nach unten. Grauer Nebel wallte um seine Knöchel; der Fluch des Flusses trat wieder mit aller Macht in Erscheinung. Mit einem kurzen, stummen Gebet an Iccius machte Bán kehrt und rannte davon, um die braune Stute zu holen, deren Farbe und Betragen keine unerwünschte Aufmerksamkeit erregen würden.
»Wie ist es gelaufen?«
»Nicht gut.«
Der Nebel hatte sich schließlich wieder aufgelöst. Der Exerzierplatz war so glatt und eben gewesen, als hätte ihn jemand mit einem Plätteisen gebügelt, doch keine dieser Tatsachen hatte die Qualität der Vorführung günstig beeinflusst. Bán griff unter den Bauch der braunen Stute und bürstete den getrockneten Schweiß aus ihrem Fell. Es war nicht ihre Schuld, dass sie nur mittelmäßig war oder er seine gesamte Freizeit mit Krähe verbracht hatte, um die winzig kleinen Fortschritte beim Aufsitzen und Reiten zu machen, wo er doch stattdessen mit ihr hätte trainieren können. Die Stute war verlässlich, aber ansonsten sprach nichts weiter für sie als ihre Farbe, die mit der der anderen Pferde in der Gruppe übereingestimmt und dafür gesorgt hatte, dass sie ein einheitliches Bild abgaben, zumindest so lange, bis die Runden im Handgalopp begonnen hatten.
»Hat Galba irgendetwas gesagt?«
Rufus lehnte an einem Pfosten der Stallbox. Der Gallier war zum Dekurio in Corvus’ neuem Kavallerieflügel ernannt worden, und man hätte eigentlich meinen sollen, dass er bessere Dinge zu tun hatte, als mit einem Rekruten auf Probe zu schwatzen, der bisher noch keinen Platz in einer Truppeneinheit bekommen hatte. Corvus hatte ihn beauftragt, auf seinen Schützling aufzupassen, das war allgemein bekannt. Es wurde allerdings nicht immer geschätzt.
»Nein, Galba hat nichts gesagt.« Bán kam wieder unter dem Bauch der Stute hervor und begann, das Fell unter ihrer Mähne zu striegeln, wo der schäumende Schweiß in cremefarbenen Wellenlinien getrocknet war. »Der Kaiser verlangte nach seinem Essen, noch bevor Galba Gelegenheit hatte, von der Zuschauertribüne herunterzukommen.«
»Dann wird er es später tun. Du wirst deinen Platz in der Kavallerie schon noch bekommen. Er hat dich bei den Übungen gesehen, er weiß, wer du bist.«
»Er hat nicht die geringste Ahnung, wer ich bin. Er kommt nie hierher. Perulla wird die Entscheidungen treffen, und ganz gleich, was er vorher von mir gehalten haben mag, gerade eben hat er genug gesehen, um seine Meinung für immer zu ändern.«
Die Stute hatte kurz vor dem Ende der Übung, bei der die Gruppe in einer exakt ausgerichteten Linie vorwärtsstürmen musste, ganz plötzlich die Gangart gewechselt und war einen halben Schritt vor der Reihe stolpernd zum Stehen gekommen. Es war nicht der einzige Fehler gewesen, aber der hervorstechendste, und Bán war dadurch auf eine unangenehme Art und Weise aufgefallen, die er um nichts in der Welt noch einmal erleben wollte. »Wenn ich die nächsten fünfundzwanzig Jahre damit verbringen muss, in einer Reihe mit hundert beschissenen Galliern zu marschieren, dann ist das meine eigene Schuld«, sagte er. »Richte Corvus das von mir aus, wenn du ihn siehst. Und sag ihm auch, dass er Krähe haben kann. Ich
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