Die Herrin der Kelten
Kavalleriepferd.«
»Wirklich?« Sie waren noch nie miteinander um die Wette geritten. Sie hatten das immer vermieden - vom ersten Winter an, den Caradoc bei den Eceni verbracht hatte, über die Wettkämpfe auf Mona bis hin zu den Spielen bei der Beisetzung seines Vaters. Auf Mona, in der Nacht des Auswahlverfahrens, hatten sie gegen die Götter und die Träumer gekämpft, aber nicht gegeneinander. Caradoc legte den Kopf schief, während er über den Vorschlag nachdachte, und sie sah, wie das humorvolle Blitzen in seinen Augen erlosch. »Vielleicht sollten wir das doch besser bleiben lassen. Mein Vater hat mir beigebracht, niemals gegen meine Überzeugung zu wetten. Und außerdem könnte es sein, dass die Zeit für Wettrennen vorbei ist - und zwar ein für allemal.« Er wies mit einer Kinnbewegung auf den Fluss und sagte leise: »Der Feind ist hier.«
Breaca hatte sie schon den ganzen Morgen über unterschwellig wahrgenommen - die anderen Geräusche hinter dem Dunst am jenseitigen Ufer. Jetzt blickte sie über den Fluss hinweg auf die Realität, die die hektische Betriebsamkeit in ihrem eigenen Lager verborgen hatte. Der Anblick war jedoch nicht so Ehrfurcht gebietend, wie sie befürchtet hatte; am gegenüberliegenden Flussufer waren zwei Standarten aufgestellt worden, aber es stand erst eine einzige Zenturie bereit. Hinter den Männern wand sich eine lange Schlange von glänzend polierten Rüstungen Richtung Osten. Das Schmettern von Hörnern und das Stampfen marschierender Füße hallte gedämpft aus der Ferne herüber.
Breaca betrachtete die beiden Standarten genauer. »Es sind noch immer nur die Vierzehnte und die Zwanzigste«, sagte sie. »Sie müssen seit Tagesanbruch marschiert sein, wenn nicht sogar schon seit vor der Morgendämmerung. Sie werden also weniger ausgeruht sein als wir.«
Caradoc nickte. »Sie sind allein. Und diesmal sind wir ihnen zahlenmäßig überlegen.« Dieser Umstand spielte eine noch größere Rolle als alles andere.
»Aber nicht für lange.« Togodubnos ritt an Caradocs rechte Seite heran. »Sentius Saturnius ist auf dem Marsch nach Norden, begleitet von der Zweiten und der Neunten. Wenn wir diese beiden Legionen heute schlagen können, werden wir morgen noch einmal gegen ebenso viele Soldaten kämpfen müssen - möglicherweise auch schon eher.«
Togodubnos war in dem Monat seit dem Stammestreffen in der Salzmarsch sichtlich gealtert. Die Sorgen wegen der Invasion drückten ihn nieder, so als ob er die Angst vor ihrer aller Tod wie eine bleischwere Bürde mit sich herumschleppte. Ein Stück weiter hinter ihm erreichte eine hitzige Auseinandersetzung ihren Höhepunkt, woraufhin sich ein Krieger der Trinovanter von einer Gruppe von in gelbe Umhänge gehüllten Kriegern löste und auf Togodubnos zugeritten kam, gefolgt von einem Kind auf einem kleinen braunen Pony. Als sie näher kamen, sah Breaca, dass der Krieger eine Frau war und sie in einer körperlichen Verfassung war, die sie eigentlich davon hätte abhalten sollen, in einer Schlacht mitzukämpfen.
Breaca war schon drauf und dran, genau das auszusprechen, doch dann sah sie Caradocs Gesichtsausdruck und sein kurzes Kopfschütteln. Togodubnos wandte sich um, und man konnte deutlich erkennen, dass es nicht ausschließlich die Römer waren, die ihm Sorge machten. Er stellte die Frau und den Jungen flüchtig vor, als ob die Zeit für eine förmliche Vorstellung nicht mehr ausreichte. »Du kennst meinen Sohn, Cunomar, und Odras, seine Mutter. Sie ist gekommen, um gegen die Invasoren zu kämpfen, die in ihr Heimatland einfallen wollen.« Er lächelte müde. »Ich muss leider feststellen, dass ich zwar eine Truppe von zehntausend Speerkämpfern kommandieren kann, aber nicht eine Frau.«
»Du solltest mal die Ordovizer besuchen«, sagte Caradoc spöttisch. »Bei den Frauen der Ordovizer würdest du es gar nicht erst versuchen.«
Die Frau ritt nahe an ihn heran, und als Caradoc sich zu ihr beugte, um sie zu küssen, war es offensichtlich, dass der Funke, der vor so vielen Jahren auf dem Viehmarkt in Cunobelins Residenz zwischen ihnen entflammt war, noch immer nicht erloschen war. Breaca dachte flüchtig an Cartimandua von den Brigantern, die für Rom war, weil Caradoc dagegen war, und an eine Frau von den Ordovizern, die ihm eine Tochter geschenkt hatte, und sie fragte sich, ob eine dieser beiden Frauen ihn wohl schon einmal in Odras’ Gegenwart erlebt hatte.
Caradoc sprach gerade. »… eine kluge Entscheidung für eine Frau, die
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