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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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genug. Ein Bruder, der ein wahrer Krieger ist, grämt sich nicht bloß über den Mord an seiner Schwester, sondern er reitet hinaus und übt Rache. Und deshalb lautete das Gesuch, das der Ratsversammlung vorgetragen wurde, folgendermaßen: Der Sonnenhund bittet darum, dass man ihm erlauben wird, die vereinigten Speerkämpfer der Trinovanter und der Catuvellauni mitzubringen, wenn die Speerkämpfer der Eceni ausziehen, um den Tod ihrer Anführerin zu rächen, damit er sie in ihrem Kampf gegen die Krieger des Roten Milan unterstützen kann. Nur auf diese Weise, so glaubt er, kann der Baum der Freundschaft dazu gebracht werden, wieder Früchte zu tragen.«
    Bán hatte währenddessen das Feuer betrachtet und nicht den Stock. Als der Fremde abermals die Hand hob, hielt er an Stelle des dürren Zweigs einen kleinen, frisch abgeschnittenen Zweig von einem Haselnussbaum, dem heiligsten aller Bäume. Der Zweig war dicht belaubt und mit einer einzelnen Krähenfeder mit schwarz gefärbtem Kiel geschmückt, dem Zeichen für Krieg. Der Fremde überreichte ihn Bán, der den Zweig samt Feder ins Feuer legte. Er war noch nicht bereit, Geschenke von diesem Mann anzunehmen.
    Er sagte: »Hat Togodubnos ebenfalls einen dürren Stock in einen lebenden Haselnusszweig verwandelt, als er vor der Ratsversammlung stand?«
    »Ja. Sie wissen natürlich, dass es bloß ein Trick ist - reine Fingerfertigkeit -, aber es diente dazu, die Sache zu veranschaulichen und die Frage zu stellen, die gestellt werden musste.«
    »Togodubnos hat die Ratsversammlung also im Auftrag seines Vaters gebeten, ein Bündnis mit den Trinovantern und den Catuvellauni gegen die Coritani zu schließen?«
    »Das hat er, ja.«
    »Und was haben sie gesagt?«
    »Nichts. Sie haben ihn gebeten zu gehen, damit sie die Angelegenheit ausführlich unter sich besprechen können. Sie werden ihm ihre Entscheidung morgen mitteilen, nach der Zeremonie bei Sonnenaufgang. Nachdem du meinem Bruder das Licht deines Herzens hast geben müssen.«
    Er war sich also darüber im Klaren, welch großen Wert das Fohlen hatte. Das allein war schon ein Geschenk, auch wenn es nicht genügte, um Báns Schmerz zu lindern. Nach einer Weile sagte Togodubnos sanft: »Hast du gewusst, dass deine Schwester Amminios ihr graues Stutenfohlen an Stelle deines Tieres angeboten hat?«
    Bán hatte etwas in der Art vermutet, war sich aber nicht sicher gewesen. Er schüttelte stumm den Kopf. Es brauchte nicht erst gesagt zu werden, dass Amminios das Angebot abgelehnt hatte.
    Togodubnos sagte: »Es ist etwas Wundervolles, wenn zwei, die denselben Vater haben, einander so innig zugetan sind. Du solltest das hoch schätzen.«
    »Das tue ich.«
    Danach breitete sich langes Schweigen zwischen ihnen aus. Beide starrten gedankenverloren in die Flammen.
    »Die Ältesten werden dein Gesuch ablehnen«, sagte Bán schließlich. Er empfand Bedauern, obwohl er wusste, dass es stimmte, und war überrascht darüber.
    »Ich weiß. Ich habe es schon in dem Moment gewusst, in dem du Amminios angegriffen hast. Bis jetzt habe ich allerdings nicht gewusst, warum.«
    Togodubnos erhob sich. Im Stehen wirkte er sehr viel größer als noch vor einem Moment, als er am Feuer gesessen hatte. Das eine oder das andere musste eine Sinnestäuschung durch das Licht sein. Er lächelte. »Es ist fast Morgen. Ich werde dich jetzt mit deinem Fohlen allein lassen. Ich glaube, ich werde meinem Bruder die Entscheidung der Ratsversammlung nicht mitteilen. Es genügt vollauf, wenn er sie morgen früh erfährt. Er wird nicht erfreut darüber sein.«
    »Er ist nicht zum Krieger ernannt worden. Hätte er trotzdem gegen die Coritani gekämpft?«
    »Er hätte den rechten Flügel des trinovantischen Angriffskommandos angeführt. Es wäre seine beste Chance gewesen, sich in der Schlacht zu bewähren und seine ersten Auszeichnungen zu erringen.«
     
    Die Zeremonie bei Sonnenaufgang war nur kurz, aber sehr schön und feierlich. Diesmal ging es nicht darum, erloschene Feuer wieder zum Leben zu erwecken, so wie zu Beginn des Sommers, und auch nicht darum, das neue Jahr zu begrüßen, so wie am Winteranfang. Sondern jetzt, auf dem Höhepunkt des Sommers, stellten sich die Menschen in einer langen Reihe am Ufer des Flusses auf, der schäumend an dem großen Versammlungshaus vorbeiströmte, um genau in dem Moment, als die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne auf das Wasser fielen, den Göttern ihre Geschenke in Form von Getreide und Gold darzubringen und ihnen die

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