Die Herrin der Kelten
Rest der Pflanzen hatte kleinere, sattgrüne Blätter, die wie ein nasser Flusskiesel glänzten, und zierliche rote Blüten, die wie Blutstropfen an den Stängeln hafteten. Während Bán interessiert zuschaute, sortierte Airmid die Pflanzen rasch nach Arten, legte sie zu Büscheln zusammen und riss sie dann in kleine Stücke, um sie in das kochende Wasser zu werfen. Als beide Büschel aufgebraucht waren, begann sie zu rühren. »Du kannst gerne herkommen und zuschauen«, sagte sie zu Bán. »Aber hör bloß nicht auf, die Tonmasse zu rühren, sonst wird sie brettsteif.«
Er rutschte ein Stückchen näher heran, um zu sehen, was Airmid tat. Der Topf auf dem Feuer war ziemlich groß, mit einem zickzackförmigen Muster um den Rand herum und einer Tülle zum Gießen. Als er hineinschaute, drückte Airmid gerade das letzte Stück Schwarzwurz unter die Wasseroberfläche, und er sah, wie sich die graugrün geäderten Blätter rasch auflösten. Bei dem Rest der Pflanzen dauerte es länger, bis sie dem Wasser nachgaben. Airmid rührte sorgfältig um, während sie auf den Augenblick wartete, in dem die Knöterichblätter ihren Glanz verlieren und der rote Farbstoff der Blüten sich mit dem Weiß der Schwarzwurzdolden vermischen würde. In dem Moment, in dem sich die Farbe veränderte, zog sie den Topf vom Feuer und schöpfte kaltes Wasser hinein, bis die Flüssigkeit so weit abgekühlt war, dass sie ihre Hände hineintauchen konnte. Dann begann sie, die weichen Blätter in winzige Stücke zu zerreißen und diese zwischen Daumen und Zeigefinger zu zerreiben, bis sich aller Farbstoff im Wasser gelöst hatte. Als der Sud fertig war, hatte er eine tief moosgrüne Farbe, hier und dort gesprenkelt mit dem Cremeweiß und dem Scharlachrot der zerkleinerten Blüten.
»Neben dem Bett der Großmutter müsste eine Taschenflasche stehen. Kannst du sie mal eben holen?« Airmid runzelte die Stirn, während sie konzentriert auf die Flüssigkeit starrte. Das Sprechen kostete sie offensichtlich Mühe. Bán suchte im Inneren des Rundhauses und fand schließlich eine abgeflachte, ovale Taschenflasche mit einem engen Hals, der mit einem Stöpsel aus zusammengerolltem Pferdeleder verschlossen war.
»Hier.« Er brachte sie zum Feuer.
»Gut.« Sie kaute auf ihrer Unterlippe, ihr Blick noch immer auf den Pflanzenaufguss im Topf geheftet. »Jetzt müssen wir nur noch die Flüssigkeit in die Tonerde gießen und beide miteinander vermischen. Wenn die Farbe gleichmäßig ist, füllen wir das Gemisch in die Flasche, und damit ist die Arznei fertig.« Sie blickte plötzlich auf, ihre Augen von einem warmen Ausdruck erfüllt. »Möchtest du das tun?«
»Nein!«, erwiderte Bán schockiert. Und dann: »Darf ich das denn?«
»Ich glaube schon. Er ist schließlich dein Hund. Du wünschst dir noch mehr als jeder andere, dass er am Leben bleibt. Also solltest du auch derjenige sein, der die letzte Sache erledigt. Sieh her...« Sie streckte die Hand aus und nahm ihm den Mörser ab. »Ich werde gießen. Du rührst. Auf diese Weise machen wir es gemeinsam. Vergiss nur nicht, dir vorzustellen, wie Hail danach wieder gesund und kräftig wird. Das macht die Medizin wirksamer.«
Airmid goss, Bán rührte. Die Paste floss in Spiralen in den grünen Pflanzensud. Die aufgelöste Tonerde verband sich nicht mit den Blüten, so dass sie als kleine Farbpartikel in der stetig grauer werdenden Pampe zurückblieben. Die breiige Masse roch nach frisch umgegrabener Erde und nach dem wiedergekäuten Futter von Vieh, das auf Marschwiesen grast, vermischt mit einem Hauch von Myrtenaroma. Als die Arznei fertig war, füllten sie sie gemeinsam in die Flasche. Airmid stützte ihren Ellenbogen auf ihren Schenkel auf und goss die Mischung aus einer gewissen Höhe, um einen dünnen Strahl zu erzeugen, während Bán die Arzneiflasche genau darunter hielt. Als sie voll war, verschloss er sie mit dem Lederstöpsel, und Airmid drehte sie herum, um sich zu vergewissern, dass nichts herauslaufen konnte.
»In Ordnung.« Sie grinste wie ein kleines Mädchen. »Das war der leichtere Teil des Unternehmens. Jetzt müssen wir ihm die Arznei einflößen. Einer von uns muss ihm den Kopf hoch halten, während der andere die Mischung in sein Maul gießt. Wir geben ihm nur so viel, dass er dreimal schlucken muss. Er braucht das Mittel neunmal am Tag und noch dreimal während der Nacht. Wenn der wässrige Durchfall aufhört, können wir die Dosis auf dreimal am Tag und einmal in der Nacht reduzieren.«
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