Die Herrin der Kelten
den älteren Jungen zufolge war es der Einfluss der alten Frau, der die Ursache ihres Wahnsinns war.
Bán hatte daraufhin die vergangenen zweieinhalb Jahre damit verbracht, bei seiner Schwester ängstlich nach Anzeichen von ähnlichem Irrsinn Ausschau zu halten, und er war tagtäglich aufs Neue darüber erleichtert, keine solchen Anzeichen bei ihr zu entdecken. Dennoch hielt Breaca Airmid nicht für verrückt, und sie hatte das auch mehrfach gesagt, sogar noch nach dem Vorfall mit der Überschwemmung, als das ältere Mädchen in heller Aufregung vor dem Rundhaus erschienen war, ihr Haar völlig wirr und zerzaust, der Gürtel ihrer Tunika lose herabhängend, ihre Augen von einem wilden, verstörten Ausdruck erfüllt, als ob sie den Göttern zu nahe gekommen wäre. Es war eindeutig nicht Airmids Schuld gewesen; sie war eine Träumerin, und Träumer waren bekanntlich anders als andere Menschen. Bán wusste, er hatte Glück, dass seine Mutter in keiner Weise wie die anderen Träumer war; aber andererseits war ihr auch der Zaunkönig in ihren Visionen erschienen, und der Vogel der Götter sorgte dafür, dass sie geistig gesund blieb. Airmid hingegen war kein solches Glück beschieden gewesen; ihr Traum-Tier war der Frosch, und es war allgemein bekannt, dass die Nähe zu Wasser genügte, um selbst die stärkste Frau in den Wahnsinn zu treiben. Ungeachtet Dubornos’ Verletzung war Bán sich allerdings nicht sicher, ob Airmid unbedingt zu den stärksten Frauen gehörte. Sie war ganz sicherlich keine Frau, der er bereitwillig das Leben seines Hundes anvertraut hätte.
Er hatte gerade überlegt, wen er sonst noch um Hilfe bitten könnte, als Airmid wieder aus dem Fluss gewatet war und ihn dabei energisch mit sich gezogen hatte. Als er auf das Ufer hinaufgeklettert war, hatte sie Hail aus seinen Armen genommen und war dann so schnell zu dem Schutzwall marschiert, dass er rennen musste, um mit ihr Schritt zu halten. Am Tor angekommen, hatte sie ihn vor eine Wahl gestellt, die in Wirklichkeit überhaupt keine Wahl war.
»Wenn wir zu den oberen Koppeln hinaufgehen, um ein paar Heilpflanzen zu suchen, die ihn vielleicht kurieren werden, hilfst du mir dann?«
Sie hatte Hail. Und deshalb würde er alles tun, was sie von ihm verlangte, ganz gleich, was.
»Ich werd’s versuchen.«
»Gut.« Ihr Lächeln war fast so freundlich wie Breacas. »Das ist alles, was die Götter jemals von einem Menschen verlangen. Dass er sich bemüht.«
Und Bán bemühte sich nach besten Kräften. Es war das Einzige, was er tun konnte. Er hatte die Pflanzen gepflückt, die Airmid ihm gezeigt hatte, und hatte ihr geholfen, sie zum Feuer zurückzutragen. Während sie auf den höher gelegenen Koppeln gewesen waren, war der neue Tag heraufgedämmert, und als sie wieder in die Siedlung zurückgekehrt waren, hatte sich die Sache mit Hail herumgesprochen; und alle, die nicht unmittelbar mit den Vorbereitungen für Breacas lange Nächte in der Einsamkeit zu tun hatten, waren vorbeigekommen, um zu sehen, ob das Gerücht auf Wahrheit beruhte, und um ihre Hilfe bei Hails Pflege anzubieten. Airmid hatte den Leuten mit derselben ironischen Liebenswürdigkeit gedankt, mit der sie auch Bán den ganzen Morgen über behandelt hatte, und ihnen erklärt, dass sie später auf ihr Angebot zurückkommen würden, falls sich der Zustand des Welpen nach der ersten Arzneidosis besserte und Hoffnung darauf bestand, dass er am Leben bleiben würde. Sinochos war - als er ein zweites Mal zurückkam - um mehr Feuerholz gebeten worden, und er war bereitwillig fortgegangen, um es zu sammeln. Er hatte seinen Sohn, Dubornos, damit beauftragt, die erste Ladung Holz abzuliefern, was eine unglückliche Wahl war, auch wenn sie in der besten Absicht getroffen worden war. Der Junge hatte das Feuerholz so weit von der Hütte entfernt abgeladen, wie er konnte, ohne seinem Vater Schande zu bereiten; und dann hatten er und seine Freunde sich in einiger Entfernung vom Feuer aufgebaut, um Bán zu verhöhnen, indem sie sehr anschauliche und beleidigende Gesten machten, wenn sie glaubten, Airmid könnte sie nicht sehen. Bán ignorierte die Jungen geflissentlich und konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf den Topf über den Flammen, in dem gerade das Wasser zu sieden begann, während er an die Kämpfe dachte, die er später würde austragen müssen, um zu beweisen, dass er nicht von dem Wahnsinn angesteckt worden war.
»Wenn du dich nicht mit ihnen prügelst, wird sie das nur noch mehr
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