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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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ausgestattet, die Restaurierung der antiken Mosaike auf den Böden angeordnet, Wandmalereien in Auftrag gegeben und ein römisches Bad anlegen lassen, bis die Anlage tatsächlich wie die Residenz eines Konsuls der heidnischen Kaiserzeit wirkte. Ein Garten mit vielen Büschen, Blumenstauden und Wildrosensträuchern, winzigen Brunnen und wie zufällig platzierten Statuen weiblicher Heroinen bildete den zwanglosen Rahmen des idyllischen Domizils.
    »Wenn du einen König bedrohst«, sagte Marocia mit Blick auf das Brett, »brauchst du eine gute Deckung, ansonsten gerätst du schnell in einen Hinterhalt.« Sie zog einen Reiter und entfernte die Bedrohung. Clemens starrte einen Moment ungläubig auf das Brett, dann wischte er die Figuren mit einem Hieb weg, so dass er sie auf dem grünen Rasen verstreute. »Ich will es noch einmal von neuem versuchen.«
    Marocia seufzte in sich hinein. Sie liebte ihre Kinder, alle drei, aber es gab Zeiten, da glaubte sie, zu keinem von ihnen eine tiefe Beziehung aufbauen zu können, so sehr sie sich auch anstrengte. Clemens war vierzehn Jahre alt, blass und dünn, und obwohl er aufgrund seiner jahrelangen Klosterstudien jetzt schon zu den gebildetsten Menschen im Herzogtum gehörte, blieb er wortkarg. Wenn er dann doch einmal sprach, begannen seine Sätze meist mit »Ich will . . .«
    »Ich möchte nächstes Jahr ein Amt, Mutter«, sagte Clemens nach Minuten des Schweigens, in denen er die Figuren aufgebaut hatte. »Ich möchte gerne Abt werden. Oder
diaconus
. Oder einer der päpstlichen
optimates
.« Das waren die höchsten Würdenträger des Lateran, zu denen auch ein
primicerius
zählte. Ihr Sohn wollte offenbar hoch hinaus.
    »Warum?«
    »Es steht mir zu«, sagte er, zwischen Mut, Trotz und Unsicherheit schwankend. »Ich bin ebenso dein Sohn wie Alberic, und ich bin Sohn eines Papstes. Da habe ich doch wohl ein Amt verdient.«
    »Es hat zwar schon vierzehnjährige
diacones
oder
optimates
gegeben, aber . . . Du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Warum?«
    Clemens verfolgte missmutig, wie Marocia auch in ihrem neuen Spiel ihre Dame vorrückte und seine Mauer aus Bauern bedrohte. »Alberic wird einmal Nachfolger seines Vaters werden. Und Eudoxia werdet Ihr bestimmt gut verheiraten. Aber was wird aus mir? Alberic hat gestern gesagt . . .« Er zögerte.
    »Erzähl weiter. Was hat Alberic gesagt?«
    »Ich habe ihn beim Kartenspiel geschlagen, und da hat er mich einen betrügerischen Bastard genannt. Dann ist er über mich hergefallen. Wir haben gerungen, und er . . . er hat gewonnen. Ich weiß, er ist viel kleiner und jünger, aber ich . . .«
    »Schon gut«, tröstete Marocia ihren Sohn und beschloss, ihn in diesem Moment nicht ins Schach zu setzen, wie sie es hätte tun können. Stattdessen machte sie einen anderen, belanglosen Zug. »Was geschah weiter?«
    »Er hat mir seinen Fuß ins Gesicht gedrückt und dabei gerufen, dass ich gerade gut genug sei, einmal sein Diener zu werden.«
    »Und du, was hast du gesagt?«
    »Nichts natürlich. Ich lag auf dem Boden und war froh, dass er mich danach in Ruhe ließ.«
    Marocia schüttelte innerlich den Kopf. Sowohl Clemens’ Schwäche wie auch Alberics überhebliche Aggressivität waren ihr fremd. »Wir werden dir bald ein geistliches Amt geben«, seufzte sie. »Aber das wird nicht verhindern, dass Alberic mit seiner Drohung eines Tages Recht behält, wenn du selbst nicht stark genug bist, dich dagegenzustemmen.«
    »Keine Sorge. Ich werde es ihm irgendwann heimzahlen.«
    »Das habe ich nicht gemeint«, erwiderte Marocia und wollte noch etwas hinzufügen, als ihr Gemahl in den Garten kam, mit einer Miene, die sich wie eine Gewitterwolke vor die Sonne schob, und einer Pergamentrolle in den Händen, die Landos Siegel trug.
    Alberic war Mitte fünfzig, aber ein alter Mann. Die vergangenen Jahre hatten sein Gesicht zerknittert und den Rücken noch weiter gebeugt. Seit Desiderius vor drei Jahren von seinem Amt als Erzbischof von Ravenna abberufen und von Johannes als Kardinal nach Rom befördert worden war, gab es keinen Vertrauten mehr in seinem Leben. Zu Gratian, der Desiderius wie ein Schatten in alle Ämter nachfolgte und seither also das Amt in Ravenna innehatte, konnte Alberic nicht die gleiche Beziehung aufbauen. Sein ganzes Glück war seither sein gleichnamiger Sohn, dem er einmal ein starkes, gesundes Land vermachen wollte; es war das einzige bedeutende Ziel, das Alberic je ins Auge gefasst hatte, und er verfolgte es mit großem

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