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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Eifer.
    »Ich muss mit dir sprechen«, sagte er düster. »Und zwar allein.«

    Durch ein Spalier traten sie in jenen Teil des Gartens, den Marocia nach der antiken römischen Göttin der Morgen- und Abendröte benannt hatte, den Aurora-Garten. Zu dieser Jahreszeit dufteten die Rosen noch nicht, aber ihre gelben, orangefarbenen und roten Knospen öffneten sich bereits und ließen erahnen, welche verschwenderische Pracht hier in wenigen Tagen herrschen würde. Die Farben erinnerten Marocia an die Rosen des pincischen Hügels, an den Duft eines Sommernachmittags, den sie nie vergessen wollte. Sie blickte auf das Gras, und für einen Moment meinte sie, Landos Stimme zu hören. Doch es war Alberic, der zu ihr sprach.
    »Du hast erkannt, von wem dieses Schreiben ist?«
    Sie nickte.
    »Und du ahnst, was er möchte?«
    Für einen kurzen Augenblick gab Marocia sich der Hoffnung hin, Lando hätte sich von seiner Gemahlin getrennt und würde Gleiches von Alberic verlangen. Sie wäre ihm mit offenen Armen entgegengerannt, hätte alles hinter sich gelassen, wenn er . . . Aber das war absurd, schon politisch absolut unmöglich. Sie strich mit der Hand über einen der Sträucher und versuchte, etwas zu riechen. Aber da war nichts. Die Vergangenheit ließ sich nicht herbeizaubern.
    »Du scheinst nicht ganz bei der Sache zu sein«, weckte Alberic sie unwirsch auf. »Dann will ich dich mal schnell aus deinen Träumen holen, meine Liebe. Der Fürst fordert mich unumwunden zu einem Aufstand gegen König Berengar auf. Gründe dafür haben sich reichlich angesammelt: Steuerlast, Berengars Gleichgültigkeit gegen die Interessen der Länder, die Verwüstungen durch Magyarensöldner. Die Bauern beklagen sich, der Adel ist aufgebracht.«
    Er wartete darauf, dass Marocia ihn jetzt an ihre Warnung vom Winter 914 erinnerte, die sich bewahrheitet hatte. Aber sie schwieg, als ginge sie das Ganze nichts an. Sie raffte ihr Kleid zusammen und setzte sich auf den Rand eines Steinbrunnens, in dessen Mitte die Statuen Auroras und des jungen Wassergottes Triton in sinnlicher Umarmung lagen, umspült von plätscherndem Wasser. Ein gewagtes Motiv, zumal die beiden mythologischen Figuren niemals vermählt waren.
    »Berengars Niederlage bei Piacenza hat ihn geschwächt«, fuhr Alberic fort, »aber ich bin dennoch nur zu einem Hasardspiel bereit, wenn sich außer Capua noch andere Länder anschließen, vor allem die Toskana. Außerdem brauchen wir einen Gegenkandidaten, mit dem alle einverstanden sind. Den alten, blinden Louis wird man kaum akzeptieren.«
    »Da stimme ich dir zu«, meinte Marocia nachdenklich. Langsam begriff sie, dass Alberic nicht von einem Aufstand fantasierte, sondern tatsächlich einen solchen durchführen wollte. Ohne dass sie es merkte, spielten ihre Hände im Becken des Brunnens, zogen Kreise, formten Zeichen und streichelten einander. Plötzlich lächelte sie. »Ich verstehe, die Sache ist zu heikel, um sie mit Boten zu erledigen, und es ist dem misstrauischen König verdächtig, wenn Landesherren sich treffen.«
    Alberic nickte knapp. Die Fähigkeit, komplizierte Zusammenhänge in Windeseile zu überschauen, bewunderte er am meisten an ihr. Und in der Rangfolge gleich danach ihr diplomatisches Geschick. In den letzten Jahren hatte Marocia ihn nach und nach mit seinem Adel ausgesöhnt und es auch noch geschafft, dass er bei den einfachen Leuten populär wurde. Er verdankte ihr viel. Manchmal aber wünschte er sich, sie verhielte sich geziemender, fraulicher und ließe ihn besser dastehen.
    »So ist es«, bestätigte er. »Lando hat einen Vermittler vorgeschlagen, der bei Louis vorfühlt, weniger auffällig ist als ein Fürst, aber trotzdem absolut vertrauenswürdig. Und natürlich muss diese Person geschickt sein. Kurz: Er möchte, dass du auf diese Mission gehst. Und ich«, brummte er ein wenig widerwillig, »stimme dem zu.«
    Marocia vertiefte sich in ihr Spiegelbild im Brunnen, das sich im Spiel der winzigen Wellen zu einem bizarren, rätselhaften Mosaik verzerrte, sich wunderbar zusammenfügte und neuerlich verzerrte. Eine Spannung ergriff sie, die sie schon sehr lange nicht mehr gespürt hatte, und sie begrüßte sie wie eine gute alte Vertraute.

    Die Ostermesse in der erzbischöflichen Basilika von Ravenna war gerade verklungen, und die Edlen strömten hinaus. Allein Damiane rührte sich nicht von der Stelle. Sie wartete, bis alle Leute verschwunden waren und auch der Mönchschor die Balustraden verlassen hatte. Als sie

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