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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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»könnten wir das später besprechen.«
    Doch sein Vater brachte ihn auf der Stelle zum Schweigen, und so dauerte der Streit zwischen den beiden Kontrahenten noch eine Weile an, bis Guido sich mit einem knappen Kopfnicken an die anderen verabschiedete und wortlos den Raum verließ.
    Eine peinliche Stille setzte ein, nicht einmal die Mönche in der Kapelle taten den Zurückgebliebenen den Gefallen und sangen weiter. Louis brummte nur leise vor sich hin, Alberic räusperte sich gelegentlich. Aber kein Wort fiel. Schließlich stand Hugo auf, schritt zur Tür und öffnete sie langsam. Dann wandte er sich noch einmal um. Seine Wangenknochen mahlten. »Wirklich gut gemacht«, sagte er. »Wisst Ihr eigentlich, Euer Gnaden –
Vater
– wie viele Eurer und meiner Jahre Ihr soeben vielleicht vergeudet habt?«
    O ja, dachte Hugo, er wusste es. Sein Vater war ein gemeiner, alter, verbitterter Mann, der niemandem mehr etwas Gutes gönnte, nicht seinen Söhnen, nicht einmal sich selbst. Hugo begann Louis zu hassen. Er würde sich von nun an alleine um seine Krone kümmern, und jedes Mittel, sie zu bekommen, würde ihm recht sein.

    In dem fahlen Licht einer Scheune wirkte Desiderius noch geisterhafter als sonst, fand Gratian und hielt dem Blick des Kardinals nur mit großer Mühe stand. Ein einzelner Sonnenstrahl, der durch eine Ritze im Holz drang, fiel auf Desiderius’ linke Gesichtshälfte, alles andere von ihm war nur grau und schattenhaft zu sehen.
    »Du bist dabei zu versagen«, stellte Desiderius fest. »Das Herzogspaar hat Spoleto verlassen, und du hast keine Ahnung, wo sie sich aufhalten. Eine Verschwörung ist im Gange, Gratian, und würde ich dich nicht lange genug kennen, könnte ich glauben, du seist daran beteiligt.«
    »Das würde ich nie tun«, rief Gratian mit erschreckten Augen.
    »Dennoch musste ich dich erst bitten, dass wir uns hier an diesem unauffälligen Ort treffen, um die Situation zu besprechen.«
    Gratian holte ein Tuch hervor und tupfte unentwegt über seine nasse Stirn. Die Luft in der Scheune war heiß und stickig, und der intensive Geruch des Heus kitzelte in der Nase. Hunderte von Fliegen schwirrten umher und nötigten Gratian immer wieder, nach ihnen zu schlagen.
    »Ich wollte warten, bis ich etwas zu berichten habe.«
    »Aber du hast heute nichts zu berichten, oder?«
    »Leider . . .«
    »Du verlässt dich zu sehr auf deine Gespielin«, mahnte Desiderius aus der Dunkelheit. »Zugegeben, früher war sie nützlich. Mittlerweile ist sie jedoch nicht mehr zuverlässig. Entledige dich ihrer und besorge dir andere, bessere Zuträger.«
    »Entledigen?« Gratian rang nach Luft. Das Tuch in seiner Hand war schweißnass. »Ich schwöre, wenn es darauf ankommt, steht sie an meiner . . . an unserer Seite. Bitte, ich möchte ihr noch eine Gelegenheit geben.«
    »Auf deine Verantwortung.« Desiderius streckte einen seiner langen, dünnen Arme aus und wies auf einen Ring an seinem Mittelfinger, ein runder, tiefvioletter Stein, umrahmt von fein gearbeitetem Gold. »Sobald Alberic und Marocia wieder in Spoleto sind, bleibst du in ihrer Nähe und sendest mir geheime Botschaften, wann immer es dir möglich ist. Falls ich dir eines Tages diesen Ring schicke – sieh ihn dir gut an –, wirst du zusammen mit deiner Gespielin zwei Nächte später wieder genau hier erscheinen. Falls nicht . . .«
    Desiderius führte den Satz nicht zu Ende, aber Gratian verstand auch so. Er atmete schwer, griff sich an die Kehle und wankte zum Scheunentor, das er weit aufstieß, um nach der Luft der Campagna zu schnappen. Als er sich nach einigen Momenten wieder Desiderius zuwenden wollte, war dieser verschwunden.

    Am Morgen nach der Auseinandersetzung zwischen Louis und Guido ritt Marocia zu einem einsamen nahe gelegenen Plateau, von wo aus die umliegenden Berge am besten zu sehen waren. Sie saß ab, und während ihr Pferd die spärliche Vegetation der felsigen Hochebene abgraste, schweifte ihr Blick über Täler und Gipfel, als hoffte sie, Antworten bei ihnen zu finden. Ein frischer Wind schlug ihr ins Gesicht und brachte ihre langen Haare zum Wehen. Sie dachte jetzt an Lando, erinnerte sich an die wenigen Augenblicke mit ihm im Gemach des Lateran und auf dem pincischen Hügel. Noch einmal dort zu sein, noch einmal durch seine Haare zu streifen, in seine leuchtenden grünen Augen zu schauen . . . Sie hatte ihn fortgeschickt. Wie dumm, wie töricht kam es ihr heute vor. Sie hatte nie wieder den Mut gefunden, ihn wiederzusehen, aber

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