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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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raffinierter und wendiger, als Louis es je gekonnt hatte.
    Ein dumpfes Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken. Er wandte sich um, und da stand – ein paar Schritte von ihm entfernt – eine hinreißende Frau. Sie trug ein weißes Kleid mit roten Stickereien, Perlen und Silberschmuck. Wäre ihr Haar nicht schwarz wie Pech, sondern golden, er hätte sie für einen Engel gehalten. Zum Glück, fand er, war sie keiner.
    Als sie vor Louis knickste, ruhte ihr Blick bereits auf ihm, Hugo. Er grinste in sich hinein.
    »Habt Ihr keine Angst, meine Dame, dass ich Euch als Kriegsgefangene ins Verlies werfen lasse?«, fragte er.
    »Wenn ich Euch für töricht hielte, wäre ich erst gar nicht gekommen«, erwiderte sie fest.
    Ihre Antwort gefiel Hugo. »Immerhin seid Ihr die Vertreterin eines Landes, das gegen den rechtmäßigen König gehandelt, seine Autorität missachtet, den Lehnseid gebrochen hat.«
    »
Hat
. Ich stehe vor Euch als die Vertreterin eines Landes, das fortan etwas ganz anderes tun
wird
. Möchtet Ihr Eure Zukunft ins Verlies sperren, Graf? Dann kommt doch gleich mit in den Kerker.«
    Hugo war hingerissen. Diese Frau war keine gewöhnliche Botschafterin, das merkte er sofort. Sie sprach im besten stadtrömischen Latein, ganz ohne den bäuerischen langobardischen Akzent, der sogar an den Höfen Italiens üblich war. Aber das war es nicht, was seine Aufmerksamkeit erregte. Noch nie zuvor hatte eine Frau von Stand ihm derart schlagfertig pariert. Die Weiber, die er kannte, waren entweder einfache Wirtstöchter, impertinent zwar, aber ungebildet, oder schreckhafte Edelfräulein, deren Mut sich darin erschöpfte, die frivolen Zettelchen ihrer heimlichen Verehrer im Kleiderkragen zu verstauen.
    »Zur Sache!«, rief Louis, den es störte, wenn jemand sich in seiner Gegenwart amüsierte. Und für das Amüsement seines ältesten Sohnes hatte er Instinkt und Gehör entwickelt.
    »Also, meine Dame«, wurde Hugo sachlich und warf einen Blick auf das Akkreditierungsschreiben. »Botschafterin . . . was bringt Ihr dem König und mir außer lieben Grüßen und Floskeln?«
    »Ein Bündnis, Graf. Herzog Alberic betrachtet Berengar als Usurpator und will alles tun, um ihn zu stürzen.«
    »Das fällt ihm aber früh ein«, brummte Louis von seinem Schemel aus. »Und überhaupt: Welches Bündnis kann es geben zwischen einem König und seinen Dienern, wenn nicht den Gehorsam?«
    »Die Einigkeit, Euer Gnaden. Um sie herzustellen, schlage ich ein geheimes Treffen aller Bündnispartner vor, Ihr selbst, Spoleto, Toskana . . .«
    »Toskana?«, schrie Louis. Mit bebenden Händen stemmte er sich von seinem Schemel hoch, bis er stand. Sein Körper schwankte, und Hugo musste seinem schweren Vater die Schulter zur Stütze anbieten. Mit hochrotem Kopf schrie der König: »Niemals werde ich die Hilfe der Toskana benötigen. Niemals! Habt Ihr mich verstanden?«
    Doch er konnte die Antwort nicht mehr hören. Erschöpft sank er wieder auf den Schemel zurück, rieb sich mit seinen bärenhaften Händen die vernarbten Stellen, an denen früher seine Augen gewesen waren, und ächzte.
    Hugo rief nach Pagen, die sich um Louis kümmern sollten, dann wandte er sich an die Gesandte und gab ihr ein Zeichen, dass sie ihm folgen sollte.
    Sie gingen auf eine Terrasse, von wo aus sie einen Ausblick auf die roten Dächer und Kirchtürme von Aix hatten. Die wuchtige Kathedrale von St. Sauveur, aus dem Meer von Ziegeln ragend, verschwamm in den Schleiern der Mittagshitze, und hinter den Stadtmauern waren die Getreidefelder, Wiesen und Haine der provenzalischen Landschaft in gleißendes Gelb getaucht. Über allem hing der würzige Geruch von Rosmarin, der hier in jeder Spalte wucherte.
    Hugo fragte seinen Gast nach dem Namen. Er hörte ihn zum ersten Mal, der Titel freilich war ihm ein Begriff. Spoleto würde eine Schlüsselrolle bei einem eventuellen Aufstand zukommen. »Ihr wisst, Herzogin, was dort drinnen gerade passiert ist?«
    Natürlich kannte sie Louis’ Gründe, die Toskana zu verabscheuen, ganz Italien kannte sie. Vor zwanzig Jahren hatte Marocia zum ersten Mal davon gehört, in der Villa Sirene, als Theodora und Johannes im Schlafgemach darüber lästerten. Damals hatte Bertrada, Louis’ Frau, ihren blinden Gemahl verlassen, einfach so. Oh, das war eine kühne Tat. Gewöhnlich verstießen die Männer ihre Frauen, wenn sie ihnen nicht mehr passten, und nicht umgekehrt. Marocia bewunderte damals diese ferne, unbekannte Bertrada, ja, sie war sogar die erste

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