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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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gewesen war. Und doch schaffte der Achtjährige es, immer angespannt zu wirken, wie auf dem Sprung.
    »Du redest nicht gern über sie, stimmt’s?«, fragte Guido.
    »Sie ist eine . . .« Alberic kniff die dünnen, fahlen Lippen zusammen.
    »Was ist sie?«
    »Sie hat keine Zeit für uns«, stellte Alberic seinen Satz um. »Sie regiert.«
    »Und das gefällt dir nicht?«
    Alberics Augen verengten sich zu kleinen Punkten. Sein Blick ging starr hinunter in die Arena. »Sie wird mir Rom nie geben«, murmelte er. »Sie denkt nur an sich. Aber ich, ich werde es mir . . .«
    Eine kräftige Böe wehte durch die Säulenarkaden des Erdgeschosses. Sie erzeugte ein dunkles, unheimliches Pfeifen und wirbelte welkende Blätter von draußen in das Flavische Theater hinein. Guido schnallte seinen Umhang ab und legte ihn um die knochigen Schultern Alberics. Dann zog er den Jungen vorsichtig an sich. »Was wolltest du sagen, Alberic?«
    Wie zuvor schon einmal kniff der Knabe die Lippen zusammen.
    »Ich habe sie an seinem Grab nicht weinen sehen«, änderte er das Thema und ließ zu, dass Guido wärmend seine Schultern rieb.
    »Zugegeben«, meinte Guido. »Sie ist keine typische Mutter, und auch nicht immer leicht zu verstehen – nicht einmal für mich.« Er lächelte Alberic an. »Aber sie hat Eigenschaften, auf die du stolz sein kannst. Sie ist klug, mutig und nicht so schnell unterzukriegen, und sie hat so viele Ideen und Pläne, dass es für drei Leben reichen würde. Das eine oder andere davon erinnert mich übrigens an einen gewissen jungen Herzog.« Wieder lächelte Guido den Jungen an, und diesmal erhielt er eine Erwiderung.
    »Aber sie ist eine Frau«, wandte Alberic ein.
    »Na, zum Glück. Sonst hätte sie dich nicht auf die Welt bringen können.« Beide lachten, dass das Theater davon widerhallte.
    Eine weitere Böe zerrte an den Gewändern der beiden Landesfürsten und brachte die ersten Regentropfen mit. Hand in Hand gingen sie wieder in die Arena hinunter und stiegen auf das Pferd. Alberic klammerte sich von hinten um Guidos Bauch. Er schmiegte seine Wange an und sagte: »Du bleibst mein Freund, nicht wahr? Egal, was passiert.«
    »Immer«, antwortete Guido und trieb das Pferd zum Trab.

    Hugos Kampf gegen Berengars Enkel dauerte weitaus länger als erwartet. Berengar der Jüngere, wegen seines Geburtsortes auch Berengar von Ivrea genannt, war dabei das geringere Problem; er hielt noch immer Aquileia und die Gebiete am Alpenrand besetzt und bewegte sich keinen Meter vor oder zurück. Ansgar hingegen, der Herzog der Lombardei, war aus anderem Holz geschnitzt. Er tauchte mit seinem Heer stets dort auf, wo Hugo ihn nicht vermutete. Auf diese Weise war es dem jungen aufständischen Herzog gelungen, jene Hälfte der Lombardei zurückzugewinnen, die nördlich des Po lag.
    Hugo plante eine neue Offensive, doch nachdem es fünf Tage lang geregnet hatte, als sei der Weltuntergang gekommen, peitschten jetzt kalte Winde über die Poebene, und Guido hatte alle Mühe, die schwere Tür hinter sich zu schließen, als er Hugos Quartier betrat. Er ging schnurstracks zur Feuerstelle und rieb sich die von Nässe und Nachtfrost rissigen Hände. So verharrte er schweigend, als sei Hugo, der designierte König, nicht anwesend. Er wusste, dass Hugo ihn von hinten anstarrte, dass er auf seinen Bericht wartete, aber genau deshalb ignorierte er ihn.
    »Und?«, peitschte die Stimme seines Halbbruders irgendwann durch den Raum.
    »Nichts«, entgegnete Guido.
    »Geht das auch etwas ausführlicher?«
    Guido ließ sich nicht stören. Gemächlich fügte er seinem Bericht hinzu: »Alle Brücken im Umkreis von zwei Tagesmärschen sind zerstört. Ansgars Stoßtrupps haben keine ausgelassen.«
    »Hast du auf schmale Stege geachtet, auf unscheinbare Holzbrücken, über die wir wenigstens die Fußsoldaten . . .«
    »Nichts«, unterbrach ihn Guido. Er setzte sich gegenüber von Hugo an den einfachen Bauerntisch und schenkte sich, ohne eine Erlaubnis abzuwarten, vom heißen Wein ein. Dabei entging ihm nicht, dass Hugo jede seiner Bewegungen mit heruntergezogenen Mundwinkeln verfolgte. »Das war nötig«, schmatzte er nach dem ersten Schluck. Müde und nachdenklich vertiefte er seinen Blick in den Becher. Er genoss die Hitze in seiner Hand und den feuchtwarmen Dampf, der sein Gesicht einhüllte. Aber er wusste auch, dass da draußen die Soldaten in dünnwandigen Zelten froren. Dieser ganze Feldzug war gottverflucht – und sein Führer auch.
    »Meinetwegen«,

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