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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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pralles Gesicht. Plötzlich, als fiele ihnen etwas ein, sahen sie gleichzeitig zu Marocia auf und fielen ihr in die Arme. »Danke!«, riefen sie beide und umarmten Marocia, so fest sie konnten. Sie war in diesem Moment die glücklichste Frau der Welt.
    »Da ist noch etwas, das ich euch sagen muss«, begann Marocia. Doch sie wurde von zwei Dienerinnen unterbrochen, die einige Mehlspeisen, Honigkuchen und Kompott brachten. Vor allem Eudoxia strahlte beim Anblick der süßen Leckereien über das ganze Gesicht, während Alberic zum Fenster ging und sich mehr für den Klang der Glocken begeisterte, der nun über ganz Rom schallte.
    »So ein schöner Abend«, meinte Alberic versunken.
    »Was ist das für eine zweite Überraschung, Mutter?«, fragte Eudoxia und stopfte sich eine der Mehltaschen in den Mund. »Noch ein Hund?«
    »Nicht ganz«, lachte Marocia. »Ihr bekommt in einigen Monaten ein Brüderchen oder Schwesterchen.«
    Eudoxia kümmerte diese Ankündigung überhaupt nicht. Aber Alberics Miene verdunkelte sich übergangslos. Er stammelte: »Hat mein Vater . . . Hat er es Euch geschickt?«
    Marocia atmete tief durch. Wie würde Alberic reagieren, wenn er erführe, dass sie schon vor dem Tod seines Vaters . . . Nein, er würde es nicht verstehen, er wäre ins Mark getroffen. Ihre Hand streichelte seine Wange entlang, als sie log: »Selbstverständlich.«
    Alberics Augen blickten besänftigt, aber er sagte: »Trotzdem, ich will keinen Bruder und keine Schwester mehr. Eudoxia und der blöde Clemens reichen mir.«
    Marocia lachte und nahm die Sache nicht weiter ernst, doch Alberic sprach an jenem Abend – wenn überhaupt – nur noch mit Cicero.

    »Hier sind wir also«, rief Hugo übertrieben sarkastisch, »um uns ewige Treue zu geloben.«
    Auf einer lombardischen Waldlichtung, inmitten feuchten, kniehohen Grases, standen sich die beiden Brüderpaare an einem herrlichen Aprilmorgen des Jahres 925 mit der weißen Parlamentärsflagge in Händen gegenüber. Die Luft war noch kühl von der Nacht, aber die Sonne kämpfte sich erfolgreich durch den Dunst, und Wald und Himmel waren durchdrungen vom Gezwitscher der Zugvögel.
    Drei der vier Männer, die sich hier versammelt hatten, ähnelten sich auf erschreckende Weise, sie waren bleich und erschöpft. Normalerweise wurden die kräfteraubenden Feldzüge im Sommerhalbjahr geführt, während man im Herbst und Winter an die Höfe zurückkehrte und sich stärkte. Doch der seit fast einem Jahr ununterbrochen andauernde Krieg, die ständigen Vormärsche und Rückzüge, die Belagerungen und Scharmützel in Italiens Norden hatten die Gesichter Hugos, Guidos und Ansgars mit Anstrengung gezeichnet. Lediglich Berengar von Ivreas wohlgenährtes Antlitz leuchtete zufrieden von Untätigkeit. In Aquileia ließ es sich offenbar gut leben.
    »Wir werden sehen, was Ihr anzubieten habt«, kläffte Ansgar zurück. Er war von kleiner Statur, wirkte aber trotz seiner Erschöpfung wendig und agil wie eine dieser Holzfiguren, die immer wieder aufstanden, gleich, welche Stöße man ihnen versetzte.
    »Ihr erhaltet die Lombardei«, sagte Hugo.
    »Sie gehört mir ohnehin.«
    »Aber tatsächlich haltet Ihr nur die eine Hälfte. Ich könnte die andere einfach besetzt halten und dennoch König werden.«
    »Nein, das könnt Ihr nicht«, widersprach Ansgar schneidend. »Wenn es so wäre, würdet Ihr schon längst in Rom sein und die Beine Eurer römischen Frau spreizen. Ihr könnt hier nicht weg, solange ich Krieg führe, so sieht es aus.«
    Hugos Kiefer mahlten, und er schüttelte die zur Ruhe mahnende Hand Guidos von seiner Schulter ab. »Was verlangt Ihr?«
    Ansgar presste die Lippen zusammen und grinste zufrieden. »Die Lombardei wird für fünf Jahre von Abgaben an den König befreit und für zehn Jahre von der Waffenhilfe.«
    »Dasselbe fordere ich auch für Friaul«, meinte Berengar von Ivrea träge. Er war offenbar nicht von selbst auf die Idee gekommen, mehr zu fordern als die Rückgabe seiner Markgrafschaft. Aber wenn es sich so überraschend anbot, Geld zu sparen . . .
    Guido gab seinem Bruder ein Zeichen, dass er ihn sprechen wolle. »Wir sind gleich wieder zurück«, bestätigte er den Verhandlungspartnern. Gemeinsam mit Hugo entfernte er sich einige Schritte. Unter einer Eiche, von der noch der Regen des letzten Schauers tropfte, blieben sie stehen. Die Blätter des Baumes waren noch nicht voll entwickelt, und so konnte Guido einen versteckten Gefolgsmann Hugos zwischen den Ästen erkennen.

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