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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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bestätigte das mit einem widerwilligen Grunzen, und sie betrachtete die roten Früchte, als wären sie eine Variation des Apfels, in den Eva einst gebissen hatte. Meiner Marocia, hatte als Widmung auf der beiliegenden Karte gestanden. Meiner! Natürlich war Egidia klar, was die Familie dem Kardinal zu verdanken hatte, und auch sie selbst stand in seiner Schuld, hatte er doch womöglich auch ihr Leben während des Aufstands gerettet. Aber dass er mit einem Mal fast jeden zweiten Tag hier erschien, Spaziergänge mit der Kleinen machte, im
peristyl
mit ihr spielte und Geschenke schickte, so als sei er ihr Vater, das war ihr nicht geheuer. Und nun das: Meiner Marocia! Egidia faltete mit finsterem Blick das kleine Pergament zusammen, bis es nur noch ein winziges Quadrat war und warf es ins Herdfeuer. Dann zählte sie weitere fünf Beeren ab und legte sie Leon auf den Teller.
    »Wollen aber gar nicht erst mit solchen Sondersachen anfangen«, brummte sie. »Was dem einen gehört, gehört auch dem andern. Punkt. Und wenn’s dir nicht passt, kleine Prinzessin, dann kriegst gleich gar nichts mehr.«
    Das Eintreten des Kutschers verhinderte Marocias Protest. Er war ein schon etwas ältlicher, großer und schlaksiger Mann ohne Haare und mit einem unerhört knochigen Gesicht, das einem Totengräber gehören konnte. Aber jedes Mal, wenn Egidia ihn traf, konnte sie nicht anders als ihn anlächeln und auf seine identische stumme Antwort warten. Heute jedoch wartete sie vergeblich. Regnald, das war sein Name, blickte wie ein Gespenst umher und setzte sich dann an den einfachen Holztisch inmitten der kleinen Küche, ohne Egidia oder die Kinder zu grüßen.
    »Ist was?«, fragte Egidia. »Siehst aus, als sei der Leibhaftige dir auf die Füße getreten.«
    »Hm«, brummte er.
    »Sag!«
    »Hm«, brummte er wieder und zuckte mit den Augen kurz zu den Kindern hin.
    Egidia verstand. Sie schickte Marocia und Leon hinaus, doch Marocia wölbte ihre Lippen trotzig auf und sagte: »Ich gehe erst, wenn ich noch drei Erdbeeren bekomme.«
    Die Amme knurrte kurz und gab Marocia, was sie wollte. Fröhlich hüpfte ihre Kleine zur Tür hinaus.
    Egidia trottete zum Herdfeuer und stellte einen Kessel auf. Sie streute eine Hand voll getrockneter Hopfenblüten hinein und wartete geduldig, bis das Wasser kochte und der ganze Raum vom Duft des aromatischen Krauts eingehüllt war. Dann füllte sie den Tee in zwei verbeulte Kupferbecher und schob Regnald einen davon zu. »So! Der wird uns beruhigen«, erklärte sie. »Und jetzt rede!«
    »’s war grausig, kann ich dir sagen«, begann Regnald mit tiefer, düsterer Stimme. »So was hab ich noch niemals nicht gesehen, und will’s auch nimmer sehen.«
    »Was war?«, drängte Egidia und gab Regnald einen auffordernden Klaps auf seine schmalen Schultern.
    »Also«, sagte Regnald. »Heut Morgen befiehlt mir der Herr, ihn zur Appia zu fahren. Da dacht ich schon: O weh, das gibt was. Wir fahren los – du weißt ja, unten an der Via Drusus entlang durch die Porta Metronia . . .«
    »Ja doch, ja doch. Weiter.«
    »Also, wir kommen endlich zur Appia. Ich frag ihn, wie weit, denn die Appia, die kann man ja bis Capua und noch weiter fahren. Er sagt, bis hinter die alten Grabmäler aus der Kaiserzeit soll ich . . .«
    »Dummer Kutscher«, rief Egidia in ehrlicher Ungeduld. »Red jetzt endlich.«
    Regnald nahm noch einen großen Schluck des Hopfengebräus, schüttelte ein ums andere Mal den Kopf. Egidia stieß ihn sachte an. »Komm«, sagte sie mild. »Red dich frei.«
    »Sie baumeln immer noch«, sagte Regnald schließlich. »Hunderte.«
    Egidia bekreuzigte sich. »Die . . . die Gleichen?«
    Regnald nickte. »Der Herr wollte sie abhängen lassen, aber die Soldaten gehorchten ihm nicht. Ein Befehl der Herzogin, haben sie gesagt. Dann ist der Herr im Kreis gelaufen wie ’n verirrter Käfer und hat an seinem Bart gerupft. Plötzlich, als hätt’ ihn was gestochen, hat er ‹Zurück› gerufen, und wir sind wieder abgefahren. Nachher geht’s aber wieder los, denn die Herzogin gibt ’n Fest, und da müssen die Herrschaften hin.«
    »Fest?«, rief Egidia. »Bei allen Heiligen!«
    Regnald schüttelte den Kopf. »Dem Herrn passt’s nicht, meine ich. Wenn ich, so wie ich vor dir sitz, wie ’n Toter aussehe, dann der Herr
praetor
wie ’n Geist.«
    »Der Arme. Wollt nicht mit ihm tauschen.«
    »Kannst für ihn beten«, sagte Regnald bitter. »Aber helfen wird’s nicht. Das Verbrechen wird er nimmer los, sage ich dir. Das

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