Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste
bitteren Grinsen, »kann man kaum glauben, dass die Hälfte von ihnen während des Aufstands nahe Angehörige verloren hat. Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie . . .«
»Ihr müsst meinen Mann entschuldigen«, unterbrach Theodora und führte Sergius rasch einige Schritte weg. »Er hat einen erschöpfenden Tag hinter sich und wird heute Abend alles andere als ein guter Gesellschafter sein. Und ich – nun ja, ich muss mich ein wenig um den Armen kümmern. Daher . . .« Sie stockte und fuhr sich nach Worten suchend über die Lippen. »Daher kam mir der Gedanke, dass Ihr Euch während des Festes der kleinen Marocia annehmen könntet.«
Sergius strahlte in ehrlicher Freude über das ganze Gesicht. »Ich könnte ihr die ersten Tanzschritte beibringen.«
Insgeheim hielt Theodora nicht viel von den Tanzkünsten des Kardinals, denn er machte stets viel zu große und hölzerne Schritte und schien sich auch immer zum Takt einer anderen Musik zu bewegen als der, die gespielt wurde. Doch selbst wenn Marocia nachher die Füße voller blauer Flecke haben sollte, so wäre jeder Einzelne von ihnen eine hervorragende Investition in die Zukunft. »Viel Vergnügen«, wünschte sie daher und sah zu, wie die beiden sich an den Händen fassten und bald ebenso ziellos wie heiter über den Marmor wirbelten.
Nun wandte Theodora sich wieder ihrem Gemahl zu. »Du bist ein Rindvieh«, zischte sie ihm entgegen und legte ein gefrorenes Lächeln auf, um die Fassade vor den umstehenden Gästen zu wahren. »Dein elender Zynismus bringt uns alle in tödliche Gefahr, merkst du das nicht?«
Theophyl leerte seinen Weinkelch in einem Zug, winkte einen jungen Pagen heran, nahm sich einen weiteren Kelch und leerte auch diesen mit Schwung. Aber er sprach kein Wort.
»Solange du deinen Mund nur zum Trinken gebrauchst, soll es mir recht sein«, setzte Theodora nach. »Aber mach dir klar, dass, wenn Ageltrudis merken sollte . . .«
»Da kommt deine Ikone auch schon«, sagte Theophyl und ließ sich den nächsten Kelch reichen, den er leerte, während Theodora und die Herzogin Begrüßungsfloskeln austauschten.
»Ich sehe, edler
praetor urbanus
«, bemerkte Ageltrudis, »dass Ihr Gefallen an meinem Wein findet. Er stammt übrigens von den Reben des Olympus in Griechenland. Ein Geschenk des Kaisers.«
»Er hat eine sehr passende Farbe«, erwiderte Theophyl.
»Passend?«, fragte Ageltrudis nach.
»
Blut
rot!«
Theodora schloss kurz die Augen und biss sich auf die Lippe. Welcher Teufel ritt Theophyl, eine Frau herauszufordern, die ihn mit einem einzigen Wort vernichten konnte? Ihre Fingernägel bohrten sich in die Handballen. Am liebsten wäre sie einfach in Ohnmacht gefallen, doch sie wusste, dass damit gar nichts gewonnen wäre. Mit aller Kraft gelang es ihr, Ageltrudis anzulächeln, als habe Theophyl tatsächlich bloß die Farbe des Weines beschreiben wollen.
Die Augen der Herzogin rollten mit undurchschaubarem Ausdruck von Theophyl zu Theodora und wieder zurück. Ihre Brust hob und senkte sich schnell und heftig, und Theodora kam es vor, als würden sogar die schillernden, silbern eingefassten Amethyste ihrer Halskette und ihres Diadems vor Erregung zittern. Doch ihre Erwiderung fiel anders als befürchtet aus.
»Wie reizend Eure Tochter aussieht«, lobte sie. »Schwarze Haare, schwarze Augen, ein graziles Gesicht – Marocia wird einmal eine Schönheit. Und intelligent ist sie auch, sonst hätte sie nicht bereits mit sieben Jahren einen Kardinal eingefangen.«
Ageltrudis brach in ein raues, unangenehmes Gelächter aus, das Theophyl zum Anlass nahm, sich wortlos zu entfernen. Erleichtert atmete Theodora auf, die Situation entspannte sich. Ageltrudis führte sie unter einem Vorwand in einen ruhigeren Winkel des Saales und begann ein vertrauliches Gespräch.
»Seht Ihr den alten Grauschopf dort hinten?«, fragte Ageltrudis. »Das ist der neue Papst – so gut wie zumindest. Morgen werden die Kardinäle, die Stadtoberen und das stimmberechtigte Volk ihn dazu wählen.«
»Wie könnt Ihr das wissen?«, fragte Theodora.
Ageltrudis lachte, aber es war eher ein Krächzen. »Ich
will
es so. Meine Methode ist die Furcht der Menschen, untermauert mit Münzen. Ein Rezept, das Wunder wirkt. Natürlich, einige der italischen Länder werden wegen meines Alleingangs murren. Sie fürchten meinen zunehmenden Einfluss auf die Geschehnisse in Rom. Aber byzantinisches Geld, mit dem sie ihre rauschenden Feste bezahlen, wird sie rasch ihre Proteste vergessen
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