Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste
lassen. Wieso ich Euch das erzähle?« Sie zog die Neugierige noch näher an sich heran. »Weil ich beschlossen habe, Euren Mann zum Senator von Rom zu machen.«
Theodora war sprachlos vor Glück. Die Frau, die sie am meisten um ihre Macht beneidete, gab nun ihrem Mann eine Position, die ihn – neben dem Papst – praktisch zum Regenten Roms machte, denn der Senator stand dem Magistrat vor. Als Theodora ihre Sprache wieder gefunden hatte, überschüttete sie Ageltrudis mit Floskeln. »Er wird Euch immer ein Diener sein, Durchlaucht, Euch, dem König und seinen Verbündeten in Byzanz. Wir sind . . .«
Ageltrudis unterbrach sie mit einer ruckartigen Bewegung ihres Fächers. »Ihr lügt! Glaubt Ihr, ich wüsste nicht, dass Euer Gemahl mich betrogen hat, dass die armen Hunde, die da draußen an den Bäumen hängen, unschuldig sind?« Ageltrudis keuchte, dann holte sie eilig ein Tuch hervor und hustete derart heftig hinein, dass es sich anhörte, als erbreche sie sich. Einige der Gäste sahen schon herüber und wisperten sich erregte Kommentare zu, aber dann fing die Herzogin sich wieder und konnte mit rauer, leiser Stimme weiterreden. »Es gibt keine Liste, meine Liebe, es hat nie eine gegeben. Im Gegensatz zu Theophyl habe
ich
viele und fähige Spione. So wusste ich sofort, dass Sergius mir eine Lüge auftischt.«
Theodoras Mund stand halb offen. »Wie habt Ihr . . . Woher . . . Ihr habt die Hinrichtungen nicht verhindert? Und habt auch weder Theophyl noch den Kardinal für die Lüge bestrafen wollen?«
»Nicht eine Sekunde. Ich strafe nur, wenn mir daraus ein Vorteil erwächst, und derzeit habe ich größeren Vorteil von den quietschenden Stricken über der Via Appia. Euer Mann hat um seiner Haut willen tausend Menschen gehängt und sich damit tausendfach meiner Fraktion ausgeliefert. Niemand ist zuverlässiger als ein Überläufer, Theodora, denn er kann nie wieder die Seite wechseln, ohne sich selbst zu vernichten.«
»Aber Ihr habt ihn eben erlebt. Er ist . . . wie soll ich sagen . . .«
Ageltrudis wedelte sich mit ihrem schweren Fächer Luft zu und sah zum anderen Ende des Saales, wo Theophyl sich, gestützt auf einen Pagen, zu einem Stuhl bringen ließ und dort das Gesicht in den Händen verbarg.
»Verwirrt und voller Selbstmitleid«, diagnostizierte die Herzogin. »Die typischen Krankheiten eines Schwächlings. Mag er sich doch mit seinen dümmlichen Wortspielen trösten. Den Titel, glaubt mir, wird er schon deshalb nicht ausschlagen, weil er glaubt, Gutes mit ihm tun zu können. Wahrlich ein Narr.«
Ageltrudis lächelte genüsslich und nahm sich die Zeit, einige vorbeilaufende Edle mit einem huldvollen Kopfnicken zu begrüßen. Sie nahm von einem Pagen einen silbernen Weinkelch entgegen und reichte einen weiteren an Theodora. »Was Sergius und seine Lüge angeht . . . Ich ließ sogleich nachforschen, was den Kardinal bewogen haben könnte, Eure Familie zu beschützen. Die Antwort – das wissen wir wohl beide – wirbelt dort hinten fröhlich über die Tanzfläche.«
Die beiden Frauen beobachteten eine Minute lang, wie Sergius die kleine Marocia zwischen den anderen Tänzern hochhob und schwang. Ihre Locken flatterten wie schwarze Wimpel durch die Luft, und ihr fernes Lachen unterbrach das düstere Gespräch wie ein Sonnenstrahl.
»Ihr seht«, nahm Ageltrudis den Faden wieder auf. »Ich bin wie eine Göttin. Mir entgeht nichts. Schon gar nicht das eigentliche Phänomen bei dieser Schurkerei mit den Gehängten. Ihr!«
»Ich?«, rief Theodora.
»Nur nicht so bescheiden. Die Idee, irgendwelche Leute zu strangulieren, kam doch gewiss von Euch, Theodora. Da mir diese Scharade genützt hat, verzeihe ich sie, ja, ich bewundere sie sogar. Ihr seid herrlich ruchlos, und das ist viel zu selten, um es ungenutzt zu lassen.«
Ein Tanzmeister, der zur Freude der Gäste eine
Passacaglia
ankündigte, unterbrach das Gespräch. Einige Dutzend Frauen und Männer stellten sich in Viererreihen hintereinander auf, fassten sich an den Händen und begannen zum Takt der Tamburine Schritte nach vorne, zur Seite oder zurück zu tanzen.
»Euer Gemahl«, setzte die Herzogin wieder ein, »wird zwar Senator, weil er ein Mann ist und nur Männer diesen Titel tragen, aber Euch, Theodora, werde ich etwas viel Wichtigeres verschaffen: eine Empfehlung an den byzantinischen Kaiser.«
»An den . . . Kaiser?«, hauchte Theodora ehrfurchtsvoll und stellte ihren Kelch ab.
»Beruhigt Euch. Er ist auch nur ein Mensch. Aber mit seiner
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