Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste
deiner Stelle noch mal im Kanonikus nachschlagen, im Kapitel über Bastarde, uneheliche Kinder. Wie ich hörte, bist du mal wieder schwanger.«
Seine Kaltblütigkeit war unglaublich. Vor wenigen Wochen noch war er erhitzt von einer Falkenjagd zu ihr gekommen und hatte sie geliebt. In jener Nacht war das Kind in ihrem Bauch gezeugt worden. Und jetzt warf er sie, warf er auch ihr Kind wie ein Paar verschlissener Stiefel weg. Mühsam bewahrte sie die Fassung, nur ihr vor Erbitterung und Abscheu zitternder Kopf verriet, wie es in ihr brodelte. »Schau auf meinen Bauch. Es wird ein Sohn, Hugo, das verspreche ich dir, und auch, dass er und ich dir eines Tages Stück um Stück alles wegnehmen, was du besitzt, und dich anschließend zu deinem geliebten Teufel schicken. Bis dahin wirst du nichts von dem Kind sehen, und nichts von dieser Stadt.«
Er verzog seinen Mund zu einem schiefen Grinsen. »Du hast zu viele Sagen gelesen. Vielleicht würdest du ja tatsächlich eine hervorragende Klytämnestra abgeben, aber ich gewiss keinen törichten Agamemnon. Und was soll das bedeuten, ich werde diese Stadt nicht wieder sehen? Sobald Desiderius mit der schriftlichen Einwilligung von Romanos Lekapenos eintrifft, lasse ich mich zum Kaiser krönen.«
»Tatsächlich?«, rief sie sarkastisch. »Soweit ich weiß, bedarf es eines Papstes, um sich zum Kaiser krönen zu lassen.«
»Und?«
»Und?«, echote sie. »Päpste sind seltene Exemplare, mein Lieber, sie wachsen nicht auf Bäumen. Wie es sich trifft, lebt der einzige Papst in Rom, und wie es sich außerdem trifft, gehören Rom und der Heilige Vater mir.«
Hugo biss die Zähne zusammen. »Der Titel steht mir zu. Du wirst nicht wagen, mich aufzuhalten.«
»Nicht wagen? Während all der Jahre hast du gemordet und dich an deinem eigenen Ehrgeiz berauscht, und ich habe geschwiegen, dich sogar vor anderen entschuldigt. Du hast behauptet, mich zu lieben, und dabei an niemand anderen als dich selbst gedacht, während ich zu dir hielt, und glaubst nach all dem noch, ich würde dir den purpurnen Teppich ausrollen? Ich sage dir, Hugo, würdest du heute tot umfallen, tanzte ich morgen auf deinem Grab, und Gott selbst führte mich dabei am Arm.«
Beide ergaben sich nun völlig ihren Gefühlen. Hugo hatte einmal zu ihr gesagt, dass Menschen wie sie sich nur lieben oder hassen könnten, und so hassten sie sich nun.
»Du wirst mich einlassen, wenn du mein Heer siehst!«, donnerte er.
»Glaubst du, damit machst du mir Angst?«, schrie sie. »Ein paar meiner Brieftauben nach Süden und Norden, und ganz Italien steht gegen den König auf, der es wagt, Rom und mich anzugreifen. Guido und Lando, Apulien und Salerno, die du so fabelhaft im Stich lassen willst, und meine Soldaten in Spoleto nicht zu vergessen: Was glaubst du, brauchen sie, zwei Wochen oder drei, um dein viel zitiertes Heer zum Orkus zu schicken? Bereite dich vor, Hugo, und halte dir die Ohren zu, denn das gibt einen Knall, der noch in Jerusalem widerhallen wird.«
Einen gedehnten Moment lang schwiegen sie. Nur ein paar Schritte neben ihnen sang ein Vogel sein fröhliches Lied, und vom Tiber drangen die Rufe der Fischer herüber, wenn sie ihre Netze auswarfen. Die Welt um sie herum funktionierte normal, aber Hugo und sie bildeten in dieser Stunde eine eigene Welt, in der andere Gesetze herrschten. Wie ein Geschwisterpaar, gekommen aus dem gleichen Blut jähzorniger Vorfahren, standen sie sich gegenüber. Doch dann geschah etwas Unerwartetes. Hugos Zorn schien sich binnen einer Sekunde vollständig zu legen.
»Du Hexe«, sagte er amüsiert und näherte sich ihr, bis er Auge in Auge mit ihr stand. Seine Hände legten sich um ihre Schultern, und dann beugte er sich über sie und gab ihr einen langen und innigen Kuss. »Ich hatte vergessen, was ich an dir habe. Nimm das als erste, kleine Entschuldigung, der noch viele, viele weitere folgen werden. Was bedeutet schon die Ehe mit einer anderen? Wir bleiben auf ewig verbunden, wie zwei Glieder einer Kette, zusammengeschmiedet im Feuer. Denke an Ravenna. Das Bett, musst du wissen, steht noch immer im dortigen kahlen Palast. Es wartet auf uns, Marocia.«
Sie lächelte ihn lieblich an, so als habe er ihr gerade einen kostbaren Ring geschenkt, und flötete: »Deine Eitelkeit ist erbärmlich, Hugo, und wird nur noch durch deine Neigung zur Selbstüberschätzung übertroffen. Leb wohl.«
Sie wollte gehen, aber Hugo hielt sie an den Schultern fest, schüttelte sie, immer fester. Jedes Wort
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