Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste
Einwilligung von Romanos I. Lekapenos und Konstantin VII. zu Eurer Kaiserkrönung. Mit diesem Dokument in Händen steht Euch nun nichts mehr im Wege.«
»Drei Jahre«, hauchte Hugo, als er das sorgfältig gerollte und kostbar mit Bändern verzierte Dokument entgegennahm. »Drei Jahre hat es gedauert.«
Desiderius hatte damals, als er den Auftrag entgegengenommen hatte, selbst nicht mit einer solch langen Verhandlungsdauer gerechnet. Aber der Gedanke an seine Belohnung hatte ihn jeden Morgen von neuem angespornt und ihm jede Enttäuschung am Abend versüßt. »Die Byzantiner haben hart verhandelt. Kein Wunder, denn bald sind sie nicht mehr die einzigen Kaiser auf dieser Welt. Trotzdem seid Ihr mit der Abtretung von Apulien und Salerno sowie der Übertragung von Hafen- und Handelsrechten noch günstig davongekommen.«
»Gute Arbeit«, grinste Hugo zufrieden und überflog das in perfekter Schönschrift beschriebene Pergament. Aber Desiderius hatte ein feines Gespür für verborgene Stimmungen und Zwischentöne, und irgendetwas störte ihn am berauschten Blick des Königs.
Er war natürlich über die Vorgänge während seiner langen Abwesenheit aus Rom unterrichtet. So sehr es ihm gefiel, dass seine alte Widersacherin Marocia von nun an keine Gefahr mehr darstellte und dass Hugo, statt mit dem
regnum teutonicorum
im Norden zu paktieren, nun selbst ein Reich aufzubauen begann, das zudem von Byzanz abhängig bleiben würde, so sehr verdross ihn die Inthronisation dieses Bengels Clemens als Pontifex. Er hatte nicht die Absicht zu warten, bis diese groteske Papstgestalt eines natürlichen Todes gestorben war.
»Natürlich würde mich freuen«, sagte er gedehnt, »wenn ich selbst es wäre, der die Ehre hätte, Euch am Weihnachtstag die neue Reichskrone aufs Haupt zu setzen.« Und dann fügte er leicht ungeduldig hinzu: »So, wie es verabredet war, Euer Gnaden.«
Hugo rollte das Dokument wieder zusammen, grabschte nach der Schulter des Kardinals und neigte sich ihm ganz nahe zu. Seine Augen glitzerten vor Trunkenheit. »Du warst leider nicht hier, als Stephan VII. . . . wie nenne ich es bloß. . . starb. Und Rom ohne Papst – das ist doch wie eine Hure ohne Freier. Na, und da habe ich mir einen kleinen Spaß erlaubt und Marocias dümmlichen Sohn zum Stellvertreter Gottes gemacht.«
Desiderius blieb unbewegt. »Ja, sehr witzig, Euer Gnaden. Wenn Ihr gestattet, würde ich mich gerne dieses geringfügigen Problems annehmen.«
»Mal wieder Mord, Desiderius?«
»Ich nenne es lieber Abfallbeseitigung, Euer Gnaden.«
Hugo brach in ein hechelndes, fast tonloses Lachen aus, das nicht enden wollte und ihn schließlich dazu brachte, sich am Rande des Goldfischbeckens niederzusetzen. Dann schwieg er, sah in das Becken und schwieg weiter. Seine Augen glitzerten, sein Körper war merkwürdig starr und gespannt.
Desiderius fühlte wieder diese Unruhe in sich, aber er zwang sich, ihr nicht nachzugeben. Bisher war doch alles fast genauso verlaufen, wie er es geplant hatte. Jetzt nur keinen Fehler machen. Er war auf den König angewiesen, aber er hatte in diesen Jahren in Byzanz auch viele Freunde gewonnen, die seine Wahl zum Papst unterstützen würden. Auch Hugo musste das wissen. Es gab also überhaupt keinen Grund, in letzter Stunde nervös zu werden.
Das Atrium roch bereits nach dem kirschigen, gärenden Aroma des Weins, und Desiderius verzog ein wenig die Mundwinkel. Verächtlich sah er zu, wie Hugo immer wieder einen Goldfisch schnappen wollte, was ihm in Anbetracht seiner betäubten Reflexe jedoch nicht gelang.
»Habt Ihr Euch entschieden, Euer Gnaden?«, fragte er und war sich des leicht drohenden Untertons bewusst.
Hugo lächelte. »Wenn ich es mir recht überlege, ist das ein noch viel besserer Witz, Desiderius auf dem Stuhl Petri. Luzifer als Papst. Noch in tausend Jahren wird sich die Kirche dafür entschuldigen müssen.«
Luzifer! Solche Gedanken, dachte Desiderius, konnte nur ein Trunkener haben. Er selbst hatte seine Handlungsweise noch nie derart beleuchtet oder hinterfragt. Wozu auch? Er wäre jetzt nicht Kardinal, wenn er sich wie solche verwirrten Gestalten vom Format eines Odo von Cluny auf religiöse Aufgaben konzentriert hätte. Sergius’ Vergiftung, dem Plan vom Sarazenenangriff, dem Mord an Alberic und dem Verrat an Johannes lagen die gleichen Methoden zugrunde, die ein beliebiger Fürst angewandt hätte, um an sein Ziel zu gelangen. Er war Politiker, kein Prediger. Nein, er bereute nichts, außer so
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