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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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des zweiundzwanzigjährigen Papstes. »Desiderius wollte
deinen
Kopf, mein Guter. Ich habe dir also sogar einen Gefallen damit getan.«
    »Ach, das meine ich doch gar nicht«, korrigierte Clemens und wand sich aus Hugos Griff. »Ich rede davon, dass bestimmt Alberic das Gerücht über die Umstände von Desiderius’ Tod in die Welt gesetzt hat. Hättest du ihn an jenem Abend beseitigt . . .«
    »Alberic«, flüsterte Hugo und benannte damit das letzte Problem, das ihm verblieben war – und immer größer wurde.
    Der junge Spund war in Rom fast über Nacht beliebt geworden. Sein spektakulärer Sieg über Hugos Offiziere hatte sich in ganz Rom verbreitet und ihm viel Achtung bei der Bevölkerung eingebracht. Niemand hatte dem schmächtigen Burschen mit dem ernsten Gesicht, von dem man wenig mehr wusste, als dass er freiwillig auf einer strohbedeckten Pritsche schlief, einfache Kleidung bevorzugte und fast nur Obst und Gemüse aß, so etwas zugetraut. Umso höher wuchsen nun Neugier und Anerkennung. Man besah sich den jüngeren von Marocias Söhnen näher und stellte plötzlich fest, dass er durchaus kein verhinderter Mönch nach cluniazensischem Vorbild war, sondern Mut, Kampfgeist und Vehemenz besaß. Bei alldem aber blieb Alberic volksnah. Er zeigte sich häufig ohne Begleitung auf den Märkten und sprach dort mit den einfachen Leuten über allgemeine Dinge, ein Brauch, den zuletzt die Senatoren zu Zeiten der antiken römischen Republik gepflegt hatten. Ihren Tribun, nannten die Römer den fahlen Jüngling bereits.
    Hugo kniff nachdenklich die Augen zu. »Ja, er ist immer für eine Überraschung gut, ganz wie seine Mutter.«
    Mittlerweile brachte Clemens jedes noch so kleine Lob, das sein Halbbruder erhielt, zur Weißglut. Dass Alberic nun aber nur spärlich verschleiert als der wahre Sohn Marocias bezeichnet wurde und er selbst als Versager, verletzte ihn tief. »Was also«, fragte er, alle Geduld zusammennehmend, »wirst du nun gegen ihn unternehmen?«
    Hugo griff nach einem Apfel, leckte eine Weile seelenruhig daran und meinte schließlich: »In vier Wochen, am Heiligen Abend, wirst du mich zum Kaiser und titularen Nachfolger Karls des Großen krönen. Da will ich Alberic sichtbar dabeihaben, zum einen, weil es ihm gut tut, die realen Machtverhältnisse aus der Nähe zu betrachten, zum anderen, weil ich vorher keine Unruhe in der Stadt will.« Er machte eine Pause, in der er mit Genugtuung beobachtete, wie Clemens förmlich an seinen Lippen hing. »Am nächsten Tag dann wirst du Alberic unter dem Vorwand der Verschwörung verhaften und in die Engelsburg sperren lassen.«
    Ein feines Lächeln bemächtigte sich Clemens’ bleichen, dünnen Lippen. »Sehr gerne. Aber warum ausgerechnet in die Engelsburg?«
    »Ich habe Marocia gegenüber ein schlechtes Gewissen«, erklärte Hugo ironisch. »Ich will ihr eine Freude machen.«
    »Freude?«, fragte Clemens.
    Hugo biss ein großes Stück des Apfels ab und kaute genüsslich darauf herum. »Welche Mutter, mein Junge, würde sich nicht wünschen, mit ihrem Sohn eingesperrt zu sein?«

33
    Durch die finsteren und eisig kalten Gänge der Katakomben des Heiligen Calixtus huschte eine einzelne Gestalt, verborgen in einem weiten schwarzen Gewand mit Kapuze. Eine Fackel leuchtete ihr den Weg, aber in den schmalen, in den Stein getriebenen Korridoren mit ihren Windungen und Kehren vermochte sie nur Licht für die nächsten Schritte zu geben. Von irgendwoher hallten undeutlich Stimmen heran.
    In frühchristlicher Zeit herrschte in diesen Katakomben außerhalb Roms rege Betriebsamkeit; sechs Sakramentskapellen spendeten den Gläubigen der ersten Jahrhunderte das Abendmahl, hier wurde geheiratet, getauft, bestattet. In den unzähligen Grabkammern, die sich in Abzweigungen der fünfzehn Meilen umfassenden Gänge befanden, lagen über 150000 Körper, darunter die Leichname der Märtyrerpäpste des dritten und vierten Jahrhunderts. Ein riesiges Grab waren diese Katakomben, unheimlich und beklemmend, völlig verlassen heutzutage und gerade deswegen so geeignet für ein konspiratives Treffen.
    Die Gestalt trat in eine der früheren Sakramentskapellen ein, wo sie bereits erwartet wurde, und streifte die Kapuze ab. »Verzeiht die Verspätung«, sagte Alberic. »Ich musste mehrmals den Patrouillen des Königs aus dem Weg gehen.«
    »Ja, sie sind überall«, meinte einer der anderen. »Das wird es uns erschweren.«
    Alberic sah zufrieden in die Gesichter der Mitverschworenen. Es waren alle

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