Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste
schlüpfte sie an Alberics Seite. »Ja, und wenn du sie nicht nach Byzanz verheiratest, wird die Arme die unglücklichste Frau der Welt sein. Sie lebt bei uns, aber sie ist hier nicht froh. Du weißt, dass Eudoxia zu nichts anderem taugt, sich nichts sehnlicher wünscht, als ein Leben im Übermaß zu führen. Das hat deine Mutter auch gewusst, als sie den Antrag in die Wege leitete.«
Alda bemerkte, wie Alberic sich im Bett aufrichtete, und obwohl es finsterer nicht sein konnte, spürte sie, wie er zu ihr sah. »Als sie . . . was?«, fragte er. »Was du andeutest, ist unmöglich. So viel Einfluss besitzt sie nicht. Und die Byzantiner waren immer schon ihre Erzfeinde.«
»Die Byzantiner erkennen den Nutzen einer solchen Beziehung, sie erhoffen sich die Stärkung ihrer Position in Italien, gegen meinen Vater, der sich nicht von ihnen herumkommandieren lässt wie sein Vorgänger Berengar. Und was den Einfluss betrifft: Deine Mutter hatte gewiss ihre Fürsprecher für diesen Plan. Odo vielleicht. Er besitzt großes Ansehen, auch in Byzanz.«
»Odo soll . . .« Durch die Dunkelheit konnte Alda hören, wie ihr Gemahl schluckte. Er stand auf und öffnete den Laden, damit zumindest das silbrige Mondlicht hereinströmen und das Gemach erhellen konnte. Langsam setzte er sich zu Alda auf die Bettkante und blickte ihr lange in die Augen. Sie konnte sehen, wie er im Geiste die verschiedenen Steine zu einem Mosaik zusammensetzte. »Das würde er nie tun«, behauptete er fest, um im nächsten Augenblick seine Unsicherheit durchschimmern zu lassen. »Oder?«
Alda zuckte mit den Schultern. »Er hat auch uns zusammengebracht«, sagte sie. »Und ich bin mir mittlerweile sicher, dass deine Mutter dahinter steckte.«
Alberic runzelte die Stirn. »Warum, um alles in der Welt, sollte sie so etwas tun? Wo ist ihr Nutzen?«
»Du redest wie ein Kaufmann. Sie ist deine Mutter, sie braucht keinen Nutzen.«
»Du kennst sie nicht«, gab Alberic ärgerlich zurück.
Nun richtete auch Alda sich auf. Sie nahm Alberic in den Arm, weil sie fühlte, dass er diese Geste nun brauchte. Leise sagte sie: »Mag sein. Ich kann nicht wissen, welches Motiv sie am Ende angetrieben hat, aber eines steht fest: Sie hat dir – und nun Eudoxia – das gegeben, was euch glücklich macht.«
Alberic stand wieder auf und ging zum Fenster. Er blickte nach Norden, auf das Kastell. Er schwieg. Gelegentlich stützte er sein Kinn in die hohle Hand oder rieb sich die Stirn, wie jemand, der versuchte, gedanklich eine komplizierte Reihenfolge herzustellen. Alda störte ihn nicht. Sie hatte nur eine schwache Ahnung davon, wie viele verschiedene Stimmen in diesem Moment in Alberic durcheinander riefen, aber sie wusste, dass er die Entscheidung, die er im Begriff war zu treffen, allein fällen musste – welche auch immer. Alles, wirklich alles konnte dabei herauskommen.
Wie in den Pyramiden Ägyptens, von denen die Händler aus dem Orient immer erzählten, so war auch in der Engelsburg das Herz eine Grabkammer. Sie bestand aus einem eindrucksvollen, fensterlosen Raum. In den gelb geflammten Marmor waren tiefe Nischen geschlagen, in denen die Urnen mit der Asche mehrerer kaiserlicher Familien standen. Der exzentrische Hadrian ruhte hier, der weise Marcus Aurelius, der schreckliche Commodus und so manche unglückliche Kaiserin. Durch das fünf Meter hohe bronzene Portal betrat Marocia die Kammer.
Die Luft war stickig, und Marocia entzündete zuerst einige der an der Wand angebrachten Fackeln und anschließend eine Schale mit orientalischem Räucherwerk. Der Qualm stieg wild und dicht auf, erfüllte die Luft rasch mit seinem exotischen Aroma. Fast mutete es Marocia wie eine heidnische Zeremonie an. Es war Ostern, und da sie keine Kapelle in der Engelsburg hatte und ihr nach einer feierlichen Stimmung zumute war, kam ihr dieser Ort, der vor wenigen Jahrhunderten noch heilig gewesen war, gerade recht.
Marocia wusste nicht, wie lange sie sich, auf einem Schemel sitzend, einem Gedankenflug durch ihre Vergangenheit ergeben hatte, als sie ein Räuspern hinter sich hörte und sich langsam umwandte.
»Mutter«, hörte sie Alberic sagen.
Marocia sah ihren Sohn zum ersten Mal seit sieben Jahren wieder, und jetzt, wo er bei ihr war, wo selbst seine kühle Distanz sie noch zu wärmen vermochte, verstand sie nicht, wie sie diese Zeit ohne ihn hatte überstehen können. Er hatte sich kaum verändert, trug ein Gesicht zur Schau, glatt wie Elfenbein und gestreng wie Johannes der
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