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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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der tausend Fäden«, hauchte Odo.
    »Was sagtet Ihr?«, fragte Alberic. »Ich habe Euch nicht verstanden.«
    »Nichts, nichts, mein Sohn.«
    »Ihr seid bescheiden wie immer«, meinte Alberic. »Aber mir könnt Ihr nichts vormachen, ehrwürdiger Vater. Ihr wusstet sehr genau, welche Freude diese Ehe mir bringen wird. Natürlich durfte ich mir das vor Hugo nicht anmerken lassen, sonst wäre er niemals darauf eingegangen.«
    »Natürlich, natürlich . . .«, meinte Odo abwesend.
    Alberic kniete vor dem großen Eichenkreuz nieder. Odo hatte ihm in einer Geste der Gastfreundschaft eine Betbank zurechtstellen lassen, doch Alberic nutzte sie nicht. Er ließ sich, wie in Cluny üblich, auf dem kalten steinernen Boden nieder und versank mit geschlossenen Augen im Gebet.
    Odo kniete neben Alberic und warf ihm einen langen Seitenblick zu. Die Lippen des Jungen bewegten sich tonlos, zweifellos dankte er Gott und allen Heiligen für die glückliche Wendung. Ja, Odo hatte Stillschweigen über den Plan gelobt. Aber war das recht? Musste dieser Junge nicht erfahren, wer den größten Anteil an der Scharade hatte, die so viel Gutes bewirkte?
    »Mein Sohn«, unterbrach Odo die Versunkenheit des Prinzeps. »Hattest du tatsächlich Anweisung gegeben, deine Mutter im Falle einer Belagerung freizulassen?«
    Alberic öffnete seine Augen, verwundert, dass den Abt diese Frage interessierte. »Nein«, sagte Alberic. »Es war nur eine Ausrede. Sie bleibt, wo sie ist. Bis zum Ende.«
    »Aber falls sie dir einen Gefallen täte, falls sie dir irgendwie helfen würde . . .«
    »Das wird nicht geschehen, ehrwürdiger Vater. Meine Mutter sitzt in der Engelsburg ein, weil sie sich in ihren eigenen Fehlern verfangen hat: Sie ist selbstsüchtig und hinterlistig. Die Menschen – einschließlich ihrer Kinder – sind nur Figuren für sie, sie erweist ihnen keinen Gefallen.«
    »Wenn aber nun doch«, insistierte Odo hartnäckig.
    Alberic atmete tief ein und wieder aus. Er überlegte einen Moment, sah zum Kreuz und antwortete schließlich mit bedrücktem Unterton: »Dann würde ich diesen Gefallen zurückweisen. Ich will nichts von ihr haben.«
    Odo hob seine Augenbrauen. Was für eine Familie, in der Kinder ihre Mütter bekämpften, Frauen ihre Männer, Brüder ihre Brüder! Eben noch hatte Alberic den Kniff angewandt, Hugo nichts von seiner Freude über die Vermählung mit Alda zu zeigen, nun fiel er selbst auf den gleichen Trick herein. Die Herrin der tausend Fäden wusste schon, weshalb sie im Hintergrund bleiben wollte.
    »Da wir bei Gefallen sind, ehrwürdiger Vater . . .« Alberics Stimme hallte feierlich durch das Oratorium. »Ich möchte Euch einen solchen erweisen, als Dank für Eure Vermittlung. Womit kann ich Euch Freude bereiten?«
    Auf diese Gelegenheit hatte Odo insgeheim gewartet; sie war Teil des Plans, sozusagen sein Lohn. »Die römischen Klöster«, bat er. »Ich möchte sie im Sinne Clunys reformieren.«
    Alberic nickte ohne Zögern und vertiefte sich wieder ins Gebet. Auch Odo faltete die Hände und senkte demütig den Kopf, obwohl sein Herz vor Erregung raste.
    Mit dem heutigen Tage, wusste er, würde der Siegeszug cluniazensischer Ideen beginnen, zu denen nicht nur die Besinnung auf die geistlichen Werte gehörte und die Zuwendung an die Bedürftigen, sondern auch die Unabhängigkeit der Kirche von den weltlichen Machthabern. Mit den Klöstern würde es anfangen, dann kämen die Diözesen an die Reihe, schließlich der Stuhl Petri. Nicht morgen, aber in hundert, zweihundert oder dreihundert Jahren würde Cluny das bedeutendste Kloster und die Kirche die dominierende Kraft des Abendlandes sein. Kaiser und Völker würden vor ihr niedersinken. Das, so glaubte er jetzt voller Überzeugung, war es wert, das geheime Spiel der Marocia zu spielen. Wenn es bloß nie herauskäme . . .

    Marocias Gemächer hallten wider von lautem Stöhnen und Ächzen. Vier starke Männer waren notwendig, die weibliche Taille zu fassen und hochzuwuchten. Als die Dame endlich stand, klatschte Marocia begeistert in die Hände: »Genau dort wollte ich sie haben«, rief sie und streichelte mit den Händen den geschliffenen Stein entlang.
    Blanca neigte den Kopf zur Seite und betrachtete die Statue eingehend. Ihr gefiel der harte, entschlossene Gesichtsausdruck nicht, mit dem die graue Frau in die Weite blickte, und auch die zur Faust geballte linke Hand, die sich kaum sichtbar im steinernen Gewand verbarg, missfiel ihr. Aber sie musste zugeben, dass die Figur

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