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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Atemzug lang. Ich hätte es dir sehr übel genommen, wenn du mich nicht angesprochen hättest.«
    »Du hast dir das nicht anmerken lassen. Ich musste dich sogar zu Fall bringen, damit du mir nicht wegläufst.«
    »Nie davor und nie mehr danach habe ich es so genossen, ein Bein gestellt zu bekommen.«
    Sie lachten beide, und für einen Moment huschte über Marocias Gesicht ein Schimmer von Freude, wie ihn nur die Erinnerung zaubern kann. Genau das hatte Lando auch beabsichtigt, diesem für seine Geliebte so melancholischen Dezembertag ein wenig Wärme zu geben. »Ich werde übrigens in Rom bleiben«, sagte er nach einer Weile des Schweigens ganz beiläufig. »Ich hoffe, es ist dir recht, wenn ich in der Engelsburg wohne?«
    Ihr erstaunter Blick wich schnell einer großen Zärtlichkeit und Dankbarkeit. »Und Capua?«
    »Ich darf dir mitteilen, dass Alazais seit heute Fürstin von Capua ist. Priscian ist jetzt mein Mitregent. Sollen die beiden sich mit dem Kram herumschlagen.«
    Sie kam ganz nahe an ihn heran, bis die Kapuzen ihrer Gewänder sie nach allen Seiten abschirmten und es nichts gab außer ihnen selbst. Ihr Kopf zitterte leicht, wie häufig in letzter Zeit. Er küsste sie, und dann lehnten sie die Stirn aneinander. Lange und tief sahen sie sich in die Augen. »Aber du weißt«, sagte sie leise, »dass die Zeiten in Rom nicht ruhiger werden. Octavian ist ein Schaf, Crescentius ein Wolf, Berengar eine Qualle, und wenn der offene Kampf zwischen Byzanz und dem Deutschen Reich ausbrechen sollte, sind wir mittendrin.«
    »Was hast du geglaubt?«, antwortete er. »Dass ich den ganzen Tag am Fenster sitze und die Raben auf den Bäumen zähle?«
    »Nein, ich hatte gehofft, dass du den Köchinnen bei der Weihnachtsbäckerei hilfst. Die steinharten Kekse, die du backen würdest, könnten wir gut als Geschosse für die Katapulte gebrauchen.«
    Sie lachten beide tonlos, die Lippen dicht an dicht. Und dann, völlig überraschend, krabbelten seine Finger auf ihrer Taille entlang und ließen Marocia aufschreien. Sie versuchte zu flüchten, aber er kitzelte sie im Laufen weiter. Wie vierzig Jahre zuvor, nur nicht mehr so schnell, liefen sie um die Bäume und Sträucher, auf denen sich der Schnee stapelte. Ihre Schreie hallten über den gesamten Hügel. Beinahe wäre Marocia gestolpert, doch Lando konnte sie im letzten Moment noch auffangen. Sie lag in seinen Armen. Die Aussicht auf ein gemeinsames Leben mit ihm, endlich, nach so vielen Episoden, ließ sie nun allen Kummer und die Probleme, die schon morgen auf sie zukamen, vergessen.
    »Ich war noch nie so froh«, sagte sie, »dass mich jemand aufgefangen hat.«

    Das römische Viertel Transtiberim hatte den Ruf eines modernen Sodom. Jedes Verbrechen und jede Sünde konnte dort angeboten, begangen oder gekauft werden, alles war in den Straßenzügen jenseits des Tibers möglich. Transtiberim mit seinen kleinen Schurken, den Hehlern, Erpressern, Zuhältern und Räubern, den Lustknaben und kindlichen Dieben war eine Welt für sich, aber diese Welt lebte von jenen Reichen und Mächtigen der anderen Viertel, die ihre Dienste in Anspruch nahmen.
    Da Marocia nicht vorhatte, ihr Leben mit einem Dolch im Rücken im Rinnsal einer engen Gasse zu beenden, trug sie einfachste Kleidung und eine leicht unordentliche Frisur. Niemand sollte sie erkennen. Vor dem schmutzigen Mietshaus, das Suidgers Spione als Octavians heimliches Domizil ausfindig gemacht hatten, blieb sie einen Moment stehen. Die Fassade bröckelte, die runden Fenster waren kaum größer als die verlassenen Schwalbennester unter dem Giebel, die Wände waren feucht. Es musste wirklich ein großes Geheimnis sein, dachte Marocia, wenn der verwöhnte Octavian sich hier aufhielt.
    Mühsam stapfte sie den dunklen Treppenaufgang hinauf, wobei ihr kein Geländer half, sondern nur ein mitgebrachter Stock. Als sie fast ihr Ziel, das zweite Geschoss, erreicht hatte, kam ihr eine Gestalt von oben entgegen, und noch bevor Marocia ihr Gesicht verbergen konnte, hatte ihr Sohn sie erkannt. Mit großen Augen sah er sie sprachlos an.
    »Na«, sagte sie, die Situation schnell erfassend. »Überlegst du, ob du mich die Treppe hinunterwerfen sollst?«
    »Was . . . was tut Ihr hier, Mutter?«
    »Ich genieße den Uringestank«, erwiderte sie mit gewohnter Ironie. »Der Arzt meint, das beuge meiner entstehenden Gicht vor.«
    Sie hatte noch nicht ganz ausgesprochen, als Crescentius kehrtmachte, den Flur entlang bis zu einer der Türen rannte und sie

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