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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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den Unruhestifter.
    »Und du«, setzte Crescentius nach und deutete auf Alberic. »Du bist falscher als wir alle zusammen. Ein weiser Mann hat einmal gesagt, dass Bescheidenheit die raffinierteste Form der Eitelkeit ist. Nein, du prahlst nicht mit deinen vergangenen Heldentaten, aber du sorgst dafür, dass die Bänkelsänger dein Lied auf der Straße singen. Seit ich dich kenne,
Bruder
, weiß ich, warum Kain den Abel erschlagen hat.«
    Mit diesen Worten ging Crescentius fast im Laufschritt aus dem Raum. »Crescentius!«, rief Marocia hinter ihm her, doch als er nicht hörte, scheuchte sie Cato mit Mühe und Not von ihrem Schoß, ließ sich von Priscian aus dem tiefen Sessel helfen und ging, so schnell es ihr möglich war, hinter ihrem jüngsten Sohn her.
    Erst in der
Via Terme Trajanus
, der Straße von Alberics Villa, bekam sie ihn zu fassen. Regen prasselte in dicken Tropfen vom Himmel. Sie hielt Crescentius am Arm fest.
    »Weißt du, Crescentius, ich bin nicht mehr die Jüngste, und sollte Alberic schon bald etwas zustoßen . . . Was ich sagen will: Ich brauche deine Hilfe. Du könntest
praetor
werden oder
defensor
, eine Art Minister für mich sein, ein Helfer, dem ich . . .«
    »Ihr vertraut mir nicht.«
    »Nicht grenzenlos«, gestand sie. »Aber du wirst mir Recht geben, dass du mir wenig Anlass dazu gibst. Die Ränke, die du mit Berengar geschmiedet hast . . .«
    »Ich habe mich damals nur in Eurer eigenen Kunst versucht, Mutter. Das müsstet Ihr doch eigentlich verstehen. Aber ich habe daraus gelernt.«
    »Dann solltest du froh sein um die Aufgabe, die ich dir jetzt biete.«
    Einen Moment lang schien er zu überlegen, nachgeben zu wollen, verwirrt zu sein. Er wusste nicht, wohin er schauen sollte, und seine Hände führten eine Vielzahl halber Gesten aus. »Warum tut Ihr das?«, fragte er schließlich. »Aus schlechtem Gewissen? Als ich geboren wurde, konnte es Euch nicht schnell genug gehen, mich wegzugeben. Wisst Ihr, wie sich das anfühlt, wenn man der eigenen Mutter nichts wert ist?«
    Marocia senkte den Kopf.
    »O ja«, flüsterte sie, aber Crescentius konnte sie nicht hören.
    »Ihr hasst mich.«
    Ein mächtiger Donner krachte vom Himmel, und nur einen Lidschlag später vertrieben mehrere grelle Blitze die herrschende Dunkelheit. Beiden tropfte der warme Gewitterregen von der Kleidung, vom Kinn und der Nase. Marocia strich ihrem Sohn eine seiner nassen dunkelblonden Haarsträhnen aus der Stirn. »Keine Mutter hasst ihr Kind. Ich habe dir doch schon einmal von meinem Fehler erzählt, aber du hast nicht zugehört, weil du immerzu nur an deinen Verrat gedacht hast. Im Rückblick sieht alles so simpel aus, so absurd auch. Aber ich gebe dir deine Chance jetzt, mein Sohn
.
«
    Er hielt ihrem mütterlichen Blick stand. Schließlich nahm er ihre nasse Hand und platzierte einen höflichen Kuss darauf.
    »Zum Teufel damit«, sagte er nur und ließ Marocia einfach stehen. Er ging die Straße hinunter und verschwand im Regen.
    Marocias Herz, als sie ihm nachblickte, schien ihr schwerer als sonst, aber sie ließ sich von ihren Gefühlen nicht übermannen. Ihr Verstand arbeitete leicht wie immer. Jemand wie Crescentius, dachte sie, würde sich nicht so einfach von der Macht fern halten lassen.

    Crescentius saß mit Octavian in einer Spelunke mitten im Transtiberim, dem Vergnügungsviertel Roms, und hörte sich schmunzelnd die Klagen seines nur sechs Jahre jüngeren Neffen an.
    »Seit gestern bin ich nun offiziell Geistlicher, damit ich schnell gewählt werden kann, sobald der Papst stirbt. Aber ich will überhaupt nicht der nächste Pontifex werden, verstehst du? Wenn ich nur daran denke, wird mir schon übel.« Octavian hob den schweren Krug mit seinen zierlichen Händen umständlich hoch und machte eine Grimasse, nachdem er den ersten Schluck des für ihn ungewohnten Gebräus inmitten der ebenso ungewohnten Umgebung geschluckt hatte.
    Crescentius verzog den Mund zu einem Grinsen. »Das ist Bier. So ziemlich das einzig Gute, das die Deutschen über die Alpen bringen. Das sind doch unkultivierte Wilde, denen wir einen Funken von unserem Wissen und Glauben geschenkt haben und die deswegen nun meinen, uns beherrschen zu dürfen. Wenn es nach mir ginge . . .« Crescentius hielt inne, denn Octavian sah ihn mit großen, verwirrten Augen an. Er war wirklich ein ebenso dummes wie verwöhntes Bürschchen, dachte Crescentius. Stets folgsam und manierlich. Bisher hatte er diesem Neffen kaum Beachtung geschenkt, doch das

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