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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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besaß, und flötete: »Du möchtest mit Ganymed zusammenbleiben? Aber bitte, mein Junge. Du kannst ein Haus aus dem Familienbesitz beziehen, zum Beispiel meine Villa auf der Tiberinsel, und lädst dir Ganymed, so oft du willst, am Abend dorthin ein. Aber tagsüber sowie an den Sonntagen und kirchlichen Feiertagen musst du wie alle anderen Prälaten deine Rolle spielen. Zeig dich den Kardinälen, lächele sie an, stelle ihnen Güter in Aussicht, lasse sie im Glauben, dich beherrschen zu können. Geh am besten täglich eine Stunde in die Kirche und bete – egal wofür oder für wen –, dann glauben sie, sie hätten es mit einem Frömmler zu tun. Du hilfst dir und uns damit enorm.«
    »Das ist alles?«, fragte Octavian ungläubig. »Mehr verlangt Ihr nicht?«
    »Du könntest ab und an über die Wasser des Tiber laufen oder aus einem Brot tausend machen«, scherzte Marocia. »Das würde es mir noch leichter machen. Aber Spaß beiseite: Wenn du dich so verhältst, wie ich es dir geraten habe, bin ich in der Lage, die Kardinäle bei der Stange zu halten. Tust du es nicht, werden andere Kräfte die Oberhand bekommen, und du wirst nicht gewählt. Ich muss dir nicht erklären, dass das eine Katastrophe wäre. Über kurz oder lang verlören wir nämlich die Kontrolle über Rom.«
    Octavians Herz strömte über vor Freude. »Aber nein . . . nein«, stammelte er. »Natürlich verhalte ich mich ganz nach Euren Ratschlägen. Eine eigene Villa, sagt Ihr? Ich . . . ich finde Euch wunderbar, Großmutter. Wie Ihr auf . . . auf Ganymed reagiert, wie Ihr auf meine Wünsche eingeht . . .«
    »Schon gut«, seufzte Marocia und tätschelte Octavians Hand. »Aber wenn du mal wieder ein Geheimnis hast, weißt du, wo ich wohne, nicht wahr?«
    Octavians eifriges Nicken konnte sie kaum beruhigen. Nicht, dass sie ernsthafte Bedenken wegen der Neigungen ihres Enkels hatte, weder aus moralischer noch aus politischer Sicht. Er war ein lieber Junge, im Grunde ganz harmlos, und er verdiente ein persönliches Glück. Zudem lebte er trotz seiner Affäre mit einem Mann alles in allem christlicher als die meisten Geistlichen und Gläubigen, die sie kannte, und ihr fiel niemand ein, der es hätte wagen dürfen, den ersten Stein auf ihn zu werfen, sie selbst eingeschlossen.
    Was ihr jedoch Sorgen bereitete, war, wie schnell sie Octavian wieder auf ihre Seite gebracht hatte, nachdem er zunächst ganz von Crescentius eingenommen worden war. Der Junge war auf naive Weise wechselhaft; er war wie eine Motte, die immer zu der Lichtquelle flog, die heller auf ihn strahlte, und das war in zweierlei Hinsicht bedenklich. Zum einen konnte er sich in seiner Naivität jederzeit wieder einer anderen Seite zuneigen, sobald diese ihm etwas versprach, das ihm vorteilhaft schien; zum anderen würde er in diesem Wettbewerb der Geschenke, Versprechungen und Erleichterungen völlig verzogen werden. Doch obwohl Marocia das alles wusste, konnte sie jetzt nicht mehr tun, als, so gut es ging, für die Zukunft vorzusorgen.
    »Um deine Stellung auch künftig zu sichern«, erklärte sie, »wirst du mir jetzt ein Dokument ausfertigen, das mich auf Lebenszeit als Senatrix bestätigt. Das Datum lässt du offen, ich setze es am ersten Tag deines Pontifikates ein.«
    Octavian zauderte keinen Moment. Er wickelte sich die Decke um seine Hüften, ging zu einem Tisch und machte sich daran, zu schreiben. Die Zeit, die er zur Ausfertigung der Urkunde benötigte, nutzte Marocia, um ein Wort mit Ganymed zu wechseln. Sie stellte sich dicht vor ihm auf und flüsterte: »Ich nehme an, diese Behausung ist deine Wohnung, und du bist von Crescentius an meinen Enkel vermittelt worden. Ist es so?«
    Ganymed überlegte einige Momente, ob er die Wahrheit sagen solle, und entschied sich schließlich dafür. Er nickte.
    »Dann höre gut zu. Ich werde nicht verhindern können, dass mein Sohn und du Einfluss auf Octavian nehmt. Das allein mache ich euch beiden nicht zum Vorwurf, denn ich habe früher selbst die Liebe von Männern für meine Ziele zu nutzen gewusst. Aber ich war dabei nie roh und bösartig gewesen, sondern habe wenigstens einen Teil der Gefühle, die man für mich empfand, zurückgegeben, und das erwarte ich auch von dir. Wenn du Octavian absichtlich wehtun oder ihn auf Crescentius’ Befehl in ein politisches Desaster treiben solltest, dann wirst du erleben, dass auch eine alte Frau noch zur Furie werden kann. Du hast mich verstanden?«
    Ganymed senkte die Augenlider, zum Zeichen, dass er

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