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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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sollte sich ab heute ändern.
    »Was deine geistliche Karriere betrifft«, sagte er. »So schlimm ist das doch auch wieder nicht.«
    »Du hast gut reden«, gab Octavian zurück. »Dir drängt niemand ein Amt auf, schon gar keines, bei dem du Christus vertreten sollst.«
    Crescentius lachte. »Lassen wir Christus mal für einen Moment aus dem Spiel«, sagte er amüsiert. »Das ist nicht zu viel verlangt, wenn man bedenkt, dass er sich seit über neunhundert Jahren nicht mehr zu Wort gemeldet hat. Also – als Papst hättest du Geld, hättest Macht, könntest dir jeden Wunsch erfüllen.«
    Octavian zögerte mit seiner Antwort. »Nein . . . nein, ich glaube, das könnte ich nicht.«
    Diese seltsame Antwort machte Crescentius neugierig. Es ging ihm bei diesem Treffen nicht bloß darum, einen Kontakt zu Octavian aufzubauen, sondern auch, sich ihm irgendwie nützlich oder sogar unentbehrlich zu machen. Und wenn der Junge Hemmungen, Skrupel oder gar Ängste hatte, sich gewisse Wünsche zu erfüllen, war das genau die Schwäche, die Crescentius ausnutzen konnte.
    »Ich bin Spezialist in der Erfüllung von Wünschen«, sagte er und sah sich um.
    In der Spelunke befanden sich auch einige Dirnen, die den Tisch mit den beiden schon seit längerem in Augenschein genommen hatten. Sowohl Crescentius als auch Octavian wirkten nicht wie arme Leute und sahen zudem ausgesprochen gut aus. Octavian hatte die tiefschwarzen Augen und Haare seiner Großmutter Marocia und wirkte mit all seiner Zartheit und Unschuld wie eine Herausforderung auf die Freudenmädchen. Crescentius dagegen war hier gut bekannt. Seine Ausstrahlung – eine Mischung aus Verwegenheit und Energie – sorgte dafür, dass er die Dirnen nicht bezahlen musste, sondern reihenweise Herzen brach.
    Er winkte eines der Freudenmädchen herbei. »Du siehst«, sagte er zu Octavian, »so einfach ist das. Wenn du willst, dann . . .«
    Octavian schüttelte scheu den Kopf. »Das . . . das ist es nicht, was ich meinte.«
    Crescentius schickte die Dirne wieder weg. »Wenn du willst, dass ich dir helfe«, sagte er kumpelhaft, »musst du schon etwas deutlicher werden.«
    »Ich . . .« Octavian versuchte zu schlucken, aber seine Kehle war staubtrocken. Statt zu sprechen, fixierte er einen Punkt im Raum, und Crescentius folgte seinem Blick. An der Theke stand ein junger hübscher Mann, etwa in Octavians Alter, und bot offensichtlich seine Dienste an. Nun begriff Crescentius. Diese Entwicklung gestaltete sich besser, als er zu hoffen gewagt hatte.
    »Das ist es also?«, fragte Crescentius.
    Octavian nickte. »Geht es dir vielleicht ebenso? Ich meine . . .«
    »Nein«, sagte Crescentius. »Aber ich kenne alle in diesem Viertel, und es ist mir ein Leichtes, für dich zu vermitteln.«
    »Das würdest du tun?«
    Crescentius grinste zufrieden und klatschte seine Hand auf Octavians Schulter. »Aber ja. Doch du musst unbedingt weiter darüber schweigen. Weder dein Vater noch deine Großmutter dürfen davon wissen. Sie würden dich zum Teufel jagen.«
    Octavian sackte ein wenig auf seinem Stuhl zusammen.
    »Da hast du wohl Recht«, jammerte er.
    »Kopf hoch, Kleiner. Von heute an beginnt ein ganz neues Leben für dich, glaub mir.«

    Es war der frühe Morgen des 1. Dezember 954, und mit Alberic ging es zu Ende. Marocia saß an seinem Bett und beobachtete, wie sein Leben langsam verglimmte, so als reiche die innere Glut nicht mehr aus, um die Kälte fern zu halten. Er würde sterben, einfach so, und keiner konnte genau sagen, woran. Schwäche, nannten die ratlosen Heiler es.
    Längst hatte Marocia die Ärzte weggeschickt, deren Tinkturen nur die Luft verpestet hatten, ohne dem Siechenden Linderung zu bringen. Auch Papst Agapet II., der sich in seinem Alter selbst kaum auf den Beinen halten konnte, war nur gekommen, um die Sterbesakramente zu spenden, bevor er sich wieder rasch in den Lateran zurückzog. Alberics junge Töchter, Paulina und Cecile, waren außer Marocia die Einzigen im Raum; sie standen auf der anderen Seite des Bettes und schluchzten leise vor sich hin.
    »Kann er uns hören, Großmutter?«, fragte die Ältere der beiden.
    Marocia schüttelte ratlos den Kopf. Alberics Augen waren zwar halb geöffnet, aber er starrte nur an die Decke und reagierte weder auf Berührungen noch Anrufe, so als läge er bereits im Grab.
    Ein Bote Suidgers von Selz kam auf leisen Sohlen ins Sterbezimmer.
    »Nun?«, fragte Marocia gedämpft.
    »Nichts, Durchlaucht«, erwiderte dieser.
    Marocia rieb sich die

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