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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Augenblick zu Augenblick, bis es schließlich die ganze Stadt und den weiten, herrlichen Himmel über ihr auszufüllen schien.

    Der Mann kannte genau die Wegstrecke, die der Fürst von Capua und
superista
jeden Abend ritt, um zur Engelsburg zu gelangen. Von der früheren Prätorianerkaserne aus bis zu den Diokletiansthermen, von dort an der nördlichen Stadtmauer entlang und schließlich das Tiberufer südwärts. Genau dort, an der letzten Etappe, wartete der Mann in einer dunklen Ecke, die nicht vom zunehmenden Mond beschienen wurde. Das Mausoleum des ersten römischen Kaisers Augustus gab ihm eine hervorragende Deckung, denn es war rund. Wenn eine Patrouille der Stadtwache vorbeikommen sollte, brauchte er nur einmal um das Bauwerk herumzuschleichen, und schon stand er wieder in seiner idealen Position, während die Wache arglos vorbeigegangen war. Aber zum Glück blieb alles still. Zu dieser Stunde schliefen die meisten Römer schon.
    Endlich hörte er in einiger Entfernung das ersehnte Hufgeklapper. Er machte sich bereit zum Sprung. Seine rechte Hand glitt langsam zum Hüftgürtel und umklammerte den Knauf des Dolches. Schweißperlen standen auf seiner Stirn, aber seine Bewegungen waren ruhig und eingeübt. Er hatte so etwas schon einige Dutzend Male gemacht.
    Plötzlich tippte ihm jemand von hinten auf die Schulter. Er fuhr herum und sah die Fratze eines zahnlosen Alten vor sich. Ein Bettler, wie der Mann sofort erkannte. »Ich schlafe hier«, meldete der Alte seinen Anspruch an, doch der Mann hatte jetzt keine Zeit für solche Diskussionen. Das Hufgeklapper kam näher, und der Umriss des Reiters war bereits zu sehen. Der Mann stach einmal zu, ein zweites und ein drittes Mal und hielt dem Alten dabei den Mund zu. Der Greis fiel auf der Stelle um, aber nicht in den Schatten der Mauer, wie der Mann es gewollt hatte, sondern in das diffuse Licht des Mondes.
    Ein stiller Fluch formte sich auf den Lippen des Mannes. Der Reiter war nun schon recht nahe; möglich, dass er den Alten sehen konnte. Der Mann wagte sich kurz entschlossen aus der sicheren Dunkelheit, packte den Alten unter den Armen und schleifte ihn ein Stück in Richtung der Mauer. Hatte der Reiter ihn gesehen? Wohl kaum, denn er ritt im gleichen langsamen Trab weiter. Dem Mann zitterten die Knie. Er war sich nicht sicher, ob er mit diesen wackeligen Beinen den Sprung wagen sollte. Er hielt den Dolch hinter dem Rücken und trat langsam schlendernd aus dem Dunkel heraus wie ein Spaziergänger. Als der Reiter – ja, es war Lando, erkannte der Mann jetzt –, als er also nahe genug war, sprach er ihn an. »Verzeihung, Fremder«, begann er und wartete, bis Lando das Pferd zum Stehen gebracht hatte. »Ich bin Pilger und suche die
Basilica Sanctus Laurentius

    »Hm«, brummte Lando. »Da seid Ihr hier völlig falsch. Ihr müsst . . .« In diesem Moment blieb Landos Blick an einem Punkt irgendwo hinter dem Mann hängen. Der Mann drehte sich um und sah erst jetzt, dass die Beine des Alten zu sehen waren. Blitzartig fuhr er wieder herum. Er zog seinen Dolch. Landos Pferd scheute. Dann stach der Mann zu.

    Die flache Hand klatschte mit voller Wucht gegen Pandulfs Wange und ließ ihn wie einen Sack nach hinten umfallen. Auf diese Reaktion war er nun wirklich nicht vorbereitet gewesen. Ungläubig schaute er auf Crescentius, der zornig über ihm schnaufte.
    »Ich dachte, du würdest dich freuen«, sagte Pandulf.
    Crescentius’ Arm deutete einen weiteren Schlag an, der glücklicherweise aber nicht erfolgte. »Für diese Bemerkung hättest du noch eine Ohrfeige verdient!«, schrie Crescentius. »Du Esel! Was hast du dir bloß dabei gedacht?«
    »Ich . . . Es . . .« Mehr als diese ängstlichen Satzanfänge brachte der Offizier einfach nicht heraus, und ein heftiger Tritt von Crescentius gegen seinen Oberschenkel enthob ihn endgültig einer Antwort.
    »Steh endlich auf!«, schrie Crescentius, wandte sich von Pandulf ab, raufte sich die Stirnhaare und setzte sich an einen Tisch. »Ganz ruhig«, redete er sich selbst zu. »Ganz ruhig, Crescentius. Jetzt bloß einen kühlen Kopf bewahren.«
    Als Pandulf sich endlich an den Tisch traute, hatte Crescentius sich wieder gefangen. Er blickte seit einer Weile in die zuckende Kerzenflamme und nahm den Offizier überhaupt nicht wahr. Pandulf setzte sich ihm gegenüber und klopfte nacheinander Ärmel, Gesäß und Beine ab, die beim Sturz schmutzig geworden waren. »Wenn ich gewusst hätte, dass du ihn nur verschleppen wolltest .

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