Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
Vom Netzwerk:
und eine heftige Böe ließ das Glas leise klirren. Man konnte durch Nebel und Regen kaum das Pflaster der Via Lata sehen, aber Theodora tat, als erstrecke sich eine weite Landschaft vor ihr. Den Rücken ihrer Tochter zugewandt, meinte sie: »Das ist ja wohl nicht unzumutbar, oder? Ein Palast zu deiner Verfügung, herrliche Gärten . . .«
    Marocia ahnte, welche Absicht hinter diesem Umzug stand. »Ich bezweifle, dass Pater Bernard oder Vater Eure Meinung teilen würden, wären sie jetzt hier.«
    »Das ist unwichtig«, schimpfte Theodora das Fenster an. »Pater Bernard ist ein Fanatiker. Es war damals falsch von mir, ihn aus einer dummen Sentimentalität heraus zu deinem Lehrer zu machen. Wenn es nach ihm ginge, würden die Menschen sich nur noch zum Studium oder zum Gebet zusammenfinden. Er ist klug, aber ein wenig zu fromm. Und dein Vater – vergiss ihn.«
    »Aber Mutter!«, rief Marocia entrüstet. »Er lebt. Nur zwei Türen von hier.«
    »Nein«, korrigierte Theodora leise.
    Marocia schreckte auf. Sie schluckte. Sie brachte kaum einen Ton heraus, irgendetwas schien ihr im Rachen zu stecken. Als sie dann doch sprechen konnte, klang es dumpf. »Was sagst du da?«
    »Nein«, murmelte Theodora nachdenklich, so dass Marocia es gegen das Prasseln des Regens nur mit Mühe verstehen konnte. »Nein, er lebt nicht mehr. Er existiert bloß noch.«
    Erleichtert fiel Marocia auf ihren Sessel zurück. Einen Augenblick lang hatte sie geglaubt . . .
    Theodora setzte sich wieder an ihren Schreibtisch zurück. Ihr Gesicht wirkte fahler als sonst, und ihre Mundwinkel zuckten ungewöhnlich heftig. Doch ihre gewohnt kühle Stimme hatte sie wiedergewonnen, als sie sagte: »Du hast Sergius früher doch sehr gemocht, nicht wahr? Also bitte, er mag dich auch. Dass er Papst ist, bedeutet doch nicht, dass er keine . . . nun ja, Sympathien mehr hat.«
    »Ich glaube«, sagte Marocia leise und senkte den Kopf, »dass ich Euch jetzt verstehe, Mutter.«
    »Das wundert mich nicht. Ich habe dich schließlich dazu erzogen, dass du Einsicht in Notwendigkeiten hast.«
    Marocia stand ruckartig auf. »Ich bin mit Euren Terminologien vertraut, Mutter. Notwendigkeiten! Ich erinnere mich noch, wie Ihr vor zehn Jahren die Leichensynode als
absonderlich
bezeichnet habt, wo jeder Anständige sie
abscheulich
nannte.
Notwendig
bedeutet demnach in Wahrheit wohl
nützlich
. Nützlich für Euch, Mutter. Was bekommt Ihr für meine«– Marocia sprach das Wort mit allem Sarkasmus aus, der ihr zur Verfügung stand –»meine Umquartierung?«
    Theodora sah sie mit großen Augen an. Marocia war bislang so still gewesen, so fügsam. »Bitte«, erwiderte Theodora überrumpelt, »ich streite nicht ab, dass eure . . . Beziehung mir einen gewissen Vorteil böte. Sergius hängt an dir. Du wärest eine gute Garantin dafür, dass er nicht vielleicht doch eines Tages nach anderen Bündnissen als dem mit mir schielt. Aber es hat keinen direkten Handel gegeben, wie du behauptest. Er hat mir, ohne etwas zu verlangen, Amt und Titel einer
Senatrix
geboten, da dein Vater diese Aufgabe als Vorsteher des Magistrats kaum noch wahrnimmt. Ebenso hat er mir die Verwaltung der päpstlichen Finanzen übertragen. Mir erschien es daher angebracht, Sergius mit etwas zu belohnen, das ich ihm – und dir – allzu lange vorenthalten habe: mit eurer . . . Freundschaft.«
    Wut und Schmerz mischten sich in Marocia. So sehr sie auf der Stelle hätte weinen wollen, so sehr gönnte sie ihrer Mutter diese Genugtuung nicht. Noch nie hatte sie so große Lust verspürt, diese Frau zu verletzen. »Das ist nicht der wahre Grund, Mutter«, sagte sie heftig. »Ihr habt Angst vor mir.«
    Theodora legte ein bemüht verächtliches Grinsen auf.
    »Das ist ja lächerlich!«, rief sie.
    »Angst«, beharrte Marocia. »Angst vor meiner – wie habt Ihr es genannt? – Ansehnlichkeit. Ja, ich weiß sehr gut, weshalb Ihr nicht den schönen Johannes zum Papst gemacht habt, obwohl Ihr ihn liebt – Gott weiß, warum. Ihr seid ihm egal, Mutter, vielleicht zu dürr, vielleicht zu alt! Ihr könnt ihn nur noch halten, indem Ihr ihm das verwehrt, was er sich am sehnlichsten wünscht. Sergius dagegen steht ganz in Eurer Abhängigkeit – durch
mich

    Theodora erhob sich langsam und blickte ihrer Tochter lange in die Augen. Marocia konnte sich nicht erinnern, jemals eine derart intensive, aber auch feindliche Aufmerksamkeit ihrer Mutter erhalten zu haben. Auch wenn Theodoras Körper mager, ja sogar ausgezehrt wirkte, blieb

Weitere Kostenlose Bücher