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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Begegnungen im
peristyl
? An die Wiesen auf dem Palatin?«
    Sie gab sich Mühe, eine Antwort zu finden. Es war alles so lange her. »Ihr habt mir die Namen der Blumen beigebracht«, fiel ihr ein. »Ich weiß sie noch heute. Wir hatten einigen Spaß.«
    »Spaß!«, rief er und ließ den Schürhaken fallen. »Ja, für dich war es das wohl.
Ich
habe jede einzelne Sekunde geliebt. Es war nichts Unanständiges daran. Ich habe das geliebt, was du einmal sein würdest, was du heute bist, Marocia. Die Methoden, mit denen deine Mutter dich hierher gebracht hat, verzerren meine Absichten. Vergiss dieses unangenehme Erlebnis und glaube, dass ich nur das Beste für dich im Sinn habe.«
    Er setzte sich plötzlich neben sie. Sein Blick wanderte auf ihrem Körper auf und ab. »Ich kann noch gar nicht glauben, dass du hier bist, in meinen Räumen, mit mir sprichst, mit mir lachst, mit mir trinkst – endlich. Denk nur an die vielen Gespräche, die wir führen werden, an unsere gemeinsamen Ausritte, die Festlichkeiten, an die Tafel, die wir täglich teilen. Es ist schon alles vorbereitet, dein Gemach, deine Zofe, deine Kleider. Die Küche wird deine liebsten Speisen kochen – gedünsteter Seefisch, nicht wahr? –, wir besuchen die Orte, die du möchtest, und gestalten die Säle nach deinen Vorstellungen . . .«
    Seine Küsse kamen wie ein plötzliches Gewitter über Marocia. Sie wehrte sich nur ganz kurz, im ersten Schreck. Dann ließ sie alles geschehen. Sie war müde, erschöpft von den Widerständen gegen Theodora und Johannes. Wie sollte sie da noch diesen Kampf bestreiten können, jeden Tag, jahrein und jahraus? Es würde doch passieren, wenn nicht heute, dann morgen oder nächste Woche. Sie konnte nicht gewinnen, daher fügte sie sich. Ihre Arme hingen schlaff herab, ihr Kopf fiel zurück und torkelte unter Sergius’ Küssen hin und her. Nur ihre Gedanken waren angespannt und wiederholten unablässig die Worte, die sie vor noch nicht einer Stunde vor dem Altar gesprochen hatte. Nie mehr machtlos sein. Um das zu erreichen, musste sie einen Preis zahlen. Diesen Preis.
    Sergius ließ unerwartet von ihr ab. Er atmete schwer, rutschte zitternd ein Stück von ihr weg. Dann stand er auf und stützte sich mit beiden Händen an der Kaminfassade ab. In seinen Augen sah sie Verletzlichkeit, ja sogar Angst, als er sagte: »Das war sehr dumm. Es . . . es war wohl ein schlechter Anfang von mir?«
    Sie schwieg. Ihr Haar war zerzaust, ihr Kleid verrutscht, doch sie ließ alles so. Würdevoll, mit geradem Rücken, erhob sie sich.
    »Vielleicht ist der, den ich eines Tages machen werde, besser«, sagte sie leise.
    Er nickte stumm, konnte ihrem Blick nicht länger standhalten. »Ein Diener zeigt dir deine Gemächer«, schloss er diese seltsame Begegnung knapp.
    In dieser Nacht schlief Marocia wie ein Stein. Sie hatte zwei eindeutige Angebote hinter sich, eines vom Geliebten ihrer Mutter, eines vom Papst, und das war viel für eine sechzehnjährige Frau, welche die Liebe bisher nur durch Schlüssellöcher beobachtet hatte.

    Es war einer der wenigen trockenen Tage dieses Winters, und Marocia streifte zum ersten Mal seit ihrer Ankunft durch die vom Frost überzogenen lateranischen Gärten und den angrenzenden würzig duftenden Pinienhain. Sie genoss es, die Kraft der Sonne durch die noch immer eisige Kälte zu spüren. Ihr dicker Mantel jedoch, vor allem aber der augenblickliche Gesprächsstoff, verhinderten, dass sie fror. Ihre Zofe Damiane hatte unversehens ein Thema angeschnitten, das Marocia selbst nie zur Sprache gebracht hätte, das sie jedoch – das musste sie einräumen – brennend interessierte.
    »Liebeskunst?«, rief Marocia. »Von Ovid?«
    Damiane nickte ihr zwinkernd zu. Ihre Sommersprossen auf Wangen und Nase glühten, wie immer, wenn sie gewagten Gedanken nachhing, und ihre Hände streichelten hektisch den langen blonden Zopf, der von ihrer germanischen Herkunft kündete. Neben Marocia selbst war sie die einzige Frau im Lateran, und damit zugleich der einzige Mensch, mit dem Marocia sich ungezwungen unterhalten konnte. Immer war diese Dienerin guter Laune, sie alberte herum, machte anstößige Scherze und erzählte Klatsch. Mit großer Beharrlichkeit entdeckte sie an jeder noch so ernsten Thematik eine triviale Seite. Es kam vor, dass Marocia von Damianes Geschwätz und vor allem von ihren urigen germanischen Ausrufen genervt war, aber meistens musste sie über deren halb infantile und halb frivole Seelenvergnügtheit

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