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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Milizionär sah nicht aus, als würde ihn diese Tatsache interessieren. »Dort, wo er hingeht, braucht er das Teufelsding nicht mehr.«
    »Es ist ein Instrument«, korrigierte Marocia. »Es gehört ihm, und er hat ein Recht darauf, es zu behalten.«
    Der Milizionär schubste Marocia zur Seite wie einen Zweig, der ihm im Wege stand.
    »Das hast du nicht zu entscheiden«, maulte er.
    Doch Marocia ließ sich nicht abwimmeln. »Wohin bringt ihr sie?«
    »In den Mamertinischen Kerker«, erwiderte er.
    Marocia stockte der Atem. Dieses 1200 Jahre alte Gefängnis galt als das übelste von ganz Rom. Kaum jemand verließ den Kerker lebend, denn bis zum Prozess waren die meisten bereits an Krankheit oder Kälte gestorben. Die Leichen warf man dann einfach durch ein Loch in die römischen Kloaken, und niemand hörte je wieder von ihnen. Doch der Legende nach sollten sowohl Petrus als auch Paulus einst darin inhaftiert gewesen sein, daher betrachteten manche Prälaten es sogar als Auszeichnung für die Gefangenen, bis zum Prozess dort untergebracht zu werden. Die Prälaten selbst freilich machten einen großen Bogen um den vom Tod verseuchten Kerker.
    »Das dürft Ihr nicht«, empörte Marocia sich.
    Der Milizionär lachte. »Hör dir die an«, rief er seinem Kameraden zu. »Kaum ausgewachsene Brüste, und schon keift sie wie ein altes Weib.«
    Das schmierige Gelächter der beiden wollte kein Ende nehmen.
    Marocia wölbte die Unterlippe vor. Ohne weiter darüber nachzudenken, platzte sie dazwischen: »Was fällt Euch ein, so mit mir zu reden. Ich bin Marocia, und ich verlange, dass Ihr die Musikanten sofort freilasst. Wenn Ihr nicht tut, was ich sage, werde ich dem Heiligen Vater darüber berichten. Wie ist dein Name, Offizier?«
    Das war hart, ging es ihr plötzlich durch den Kopf, ja, das war
zu
hart. Vermutlich würde sie auf der Stelle verhaftet und mit den Musikanten im Mamertinischen Kerker enden. Welcher Teufel hatte sie nur geritten, so mit zwei Männern zu reden, die die Kraft und die Macht hatten, mit ihr zu tun, was sie wollten? Überrascht von ihren eigenen Worten erstarrte sie und wagte nicht, noch einen einzigen Mucks von sich zu geben.
    Dem Offizier schoss das Blut in den Kopf. Er suchte die Augen seines Kameraden. Dieser nickte, und dann geschah das Unerhörte: »Also gut«, sagte der Offizier und schluckte. »Wir lassen ihn frei. Aber er darf nicht mehr auf den Straßen spielen, versteht Ihr?«
    Unvermittelt wandten sie sich um und marschierten davon.
    Marocia brauchte einige Atemzüge, ehe sie verstand, was soeben geschehen war. Konnte es sein, dass ihr Name den meisten Römern bereits ein Begriff war, ja dass er sogar Gewicht hatte?
    Der Musikant lenkte sie von ihrer Verwirrung ab. Er verbeugte sich vor ihr, machte einige Gesten und sprach ein oder zwei Sätze in einer völlig unverständlichen Sprache. Sein Sohn machte es ihm nach.
    »Kann einer von euch mich verstehen?«, fragte Marocia.
    Der Musikant wedelte mit seiner Hand. Das bedeutete wohl »ein wenig«.
    »Dann meldet euch morgen beim Pförtner des Lateranpalastes. Er wird euch zu mir bringen. Habt ihr das verstanden?«
    Der Musikant nickte. Vorsichtig streckte er seine Hände nach dem Instrument aus, und Marocia reichte es ihm mit einem Lächeln. »Dann bis morgen«, verabschiedete sie die beiden. Zufrieden blickte sie ihnen nach. Zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, etwas erreicht zu haben, nicht für sich, sondern für andere. Und sie stellte fest, dass sie sich sehr wohl damit fühlte.
    Nun aber musste sie Damiane wieder finden. Sie stellte sich auf Zehenspitzen. Ihr Blick ging über hundert Köpfe hinweg die Via entlang, doch Damiane war nicht zu sehen. Dafür fiel ihr nun erneut dasselbe scharlachrote Kardinalsgewand auf, das sie vorhin schon einmal gesehen hatte. Sie konnte nicht erkennen, wer da auf sie zukam, aber sie begann zu zittern, und eine innere Stimme riet ihr wegzulaufen. Marocia beschleunigte ihre Schritte. Sie stieß Menschen an, ohne sich bei ihnen zu entschuldigen, rannte beinahe ein Kind um und stolperte in ein Loch der Gasse. Sie rieb sich den Knöchel, sah sich um. Folgte er ihr? Sie lief weiter. Der Fuß tat ihr weh, aber etwas anderes war stärker als der Schmerz: Angst. Der Winter vor zwei Jahren, Johannes’ von Zorn und Eifersucht verzerrtes Gesicht . . . Sie lief weiter, sah sich erneut um. Nichts. Da lief sie jemandem geradewegs in die Arme. Sie warf ihren Kopf herum und riss die Augen auf.

    Damiane war indessen auf der

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