Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste
einer der vielen Schlachten, die er so liebte, ausgeschlagen worden. »Ja«, brummte er. »So wie er alle Urkunden, Verträge, Botschaften, Erlasse und sonstiges Papier unterzeichnet, mit dessen Inhalten er überhaupt nichts zu tun hat. Glaubt mir, Saxo weiß durchaus, was er Euch – nur Euch – zu verdanken hat.«
»Wenn ich ehrlich bin, freut mich das. Wie geht es ihm denn?«, fragte sie mit gespielter Süße.
»Oh, als ich ihn vor einigen Tagen das letzte Mal sah, empfing er gerade die letzte Ölung. Das Fieber . . . Ihr wisst ja.«
»Ein Jammer«, meinte Marocia.
Berengar prustete vor Lachen. Die Blicke, die er deswegen von links und rechts der Kirchengemeinde erntete, waren mehr ängstlich als ärgerlich.
». . .
et sustine Deum salvatorem . . .«
Auch Sergius wurde auf den Rabauken aufmerksam, den er sehr wohl als Gefolgsmann Theodoras kannte. Er las stockender. Immer wieder wanderte sein Blick von dem Buch weg zu Marocia und Berengar von Friaul.
»Ihr gefallt mir«, flüsterte Berengar. »Vielleicht, wenn Ihr den Papst einmal über habt – kommt doch zu mir. Mein Hof in Verona lechzt nach Frauen wie Euch.«
»Frauen wie mir?«
Er stieß sie leicht an. »Ihr wisst schon.«
Sergius runzelte die Stirn. ». . .
juxta est salus Domini . . .
«
»Nein, weiß ich nicht«, erwiderte Marocia.
»Frauen, die gerne in den Armen der Macht liegen.«
Marocia atmete tief durch. »Die Arme der Macht interessieren mich nicht.«
Er kicherte verächtlich. »Lachhaft.
Warum
nicht?«
»Das geht Euch eigentlich nichts an.«
Dazu zog Berengar ein Gesicht wie zu einer uralten Geschichte. »Sagt schon.«
»Sie sind mir zu – gönnerhaft. Ich trage die Arme der Macht lieber selbst und halte darin, wen
ich
will.«
»Hoho«, lachte Berengar. »Bei aller Bewunderung für Eure Reize: Ihr seid bloß eine Dirne, meine Liebe.«
»Ich bin keine . . .« Erbost blickte sie zu Sergius.
Der runzelte weiterhin fragend die Stirn. ». . .
et nubes pluant justum . . .
«
»Ihr werdet niemanden finden, der anderer Meinung ist«, behauptete Berengar.
»Niemanden, der Euch widerspricht, meint Ihr wohl.«
»Das ist dasselbe.«
In diesem Moment drängte sich ein Dritter hinzu. Es war der junge Mann, mit dem Marocia vorhin Blicke getauscht hatte. Er war einen halben Kopf größer als sie, aber einen ganzen kleiner als der rothaarige Hüne aus Friaul. Seine schlanke Statur hätte zweimal in die Berengars gepasst. »Es gibt Ausnahmen«, sagte er ruhig, aber mit drohendem Beiklang. »Mir scheint, die edle Dame möchte weiter der Messe lauschen, Herzog von Friaul.«
Berengar reckte sein Kinn nach vorne. »Und mir scheint«, brummte er und machte einen Schritt auf den Unbekannten zu, »Ihr mischt Euch wieder einmal in Angelegenheiten, die Euch nur einen Haufen Ärger einbringen, Fürst von Capua.«
». . .
justitia regnabit in terra . . .«
Sergius unterbrach seine Predigt. Ohnehin achtete keiner mehr auf ihn. Alle Augen und Ohren nahmen Anteil an dem Geschehen zwischen den beiden ungleichen italienischen Landesfürsten.
»Ich versichere Euch, Ihr werdet nicht weniger Ärger bekommen, wenn Ihr noch ein einziges Wort an die edle Dame richtet«, parierte der Fürst.
Berengars Hand schnellte an jene Stelle seiner Hüfte, an der normalerweise sein Schwertgurt hing. Doch zur Messe hatte er die Waffe selbstverständlich nicht mitgenommen, und so griff er ins Leere. Ein paar Umstehende lachten kurz auf, aber sie wurden sich rasch bewusst, wen sie damit provozierten – und verstummten.
Berengars Augen flackerten.
»Menschen Eures Schlages werden nicht alt«, hauchte er.
»Wir werden sehen.« Der Fürst wandte dem friaulischen Herzog mutig den Rücken zu, reichte Marocia den Arm und brachte sie zu der Stelle der Petersbasilika, wo er zuvor gestanden hatte. Dann nickte er dem Papst ehrerbietig zu.
». . .
et pacis non erit finis
«, schloss Sergius die Lobespredigt, woraufhin Gratian erneut einen feierlichen Kanon anstimmte.
»Verlobt?«, rief Marocia und vergaß damit für einen Moment den gleichgültigen Tonfall, mit dem sie Sergius über den unbekannten Fürsten ausfragte. Während der Zeremonie in der Kirche und des anschließenden Festbanketts im Lateran hatte sie keine Gelegenheit mehr zu einem Gespräch mit Lando von Capua gefunden, sich aber unentwegt danach gesehnt. Wenn sie sich vorstellte, dass er jetzt nur wenige Gänge von hier untergebracht war . . .
Sie unterdrückte ein Seufzen. Gelassen entfernte sie die Haarnadeln
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