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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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einzige Vertraute, und daher hatte Marocia auch darauf bestanden, dass Damiane während der Zeremonie mit ihr weit vorne stehen durfte und nicht, wie die Bediensteten anderer, im Regen vor der Basilika warten musste.
    Plötzlich blieb Marocias Blick auf einem jungen Mann haften, der ihn erwiderte. Er war ein gutes Stück entfernt, aber sie konnte trotzdem erkennen, dass er mit seinen schwarzen Haaren und den dunklen grünen Augen ausgesprochen südländisch wirkte. Sie konnte nur hoffen, dass er kein Byzantiner war. Sie stieß Damiane leicht an. »Wer ist das da drüben?«
    Damiane ließ sich nur widerwillig von dem Gesang des Mönchs ablenken. Sie verfolgte Marocias Blick und zuckte dann mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Aber er muss wohl bedeutend sein, sonst könnte er nicht in vorderster Reihe stehen.«
    Marocia knabberte an ihrer Lippe. »Ist er nicht wunderschön?«
    Damiane warf ihrer Herrin einen halb besorgten, halb vorwurfsvollen Blick zu. »Hojo, wie die Sünde. Es ist nicht gut, ihm solche Blicke zuzuwerfen.«
    »Das musst du gerade sagen«, flüsterte Marocia. »Du siehst den Mönch dort vorne wie eine Marienstatue an.«
    »Er hat eine wunderbare Stimme, das ist alles«, erwiderte Damiane hektisch. Marocia wollte sie nicht verlegen machen und reckte stattdessen den Kopf nach dem schönen Unbekannten. Dass auch er immer wieder zu ihr blickte, ließ ihr Herz so schnell pochen wie seit langer Zeit nicht mehr. Erst als der Gesang verhallte und Sergius sich von seinem Thron hinter dem Altar erhob, entzog sie sich der stummen Tändelei.
    Sergius breitete seine Arme zum Gebet. Desiderius, der nach Saxos Abberufung neuer
primicerius
geworden war, trat heran und hielt ihm das schwere Buch der Liturgien vor Augen.
»O infans, o deus, o salvator noster . . .«
, begann Sergius die Anrufung des Himmels.
    Mehr hörte Marocia nicht davon, denn einer der Edlen drängte sich vor und stellte sich neben sie. Er hatte eine bullige Statur, wirre rötliche Haare und ein Kinn, so kräftig wie ein Amboss. Seine Gestalt erweckte Respekt, und sein Name, als er sich Marocia vorstellte, steigerte dieses Gefühl nur noch. »Berengar von Friaul.«
    Marocia zuckte unwillkürlich zusammen. Berengar galt als der mächtigste unter den italienischen Fürsten – und als der rücksichtsloseste. Als Theodora nach Ageltrudis’ Tod ihre Autorität aufzubauen begann, war er ihr erster Anhänger. Er war der Mann, der damals Louis III. von Provence-Lombardei, den gekrönten italienischen König, in einen Hinterhalt gelockt und – wie die Sage ging – persönlich geblendet hatte. Danach machte er sich die Hilflosigkeit seines Opfers zunutze, um die Lombardei anzugreifen und nach einem kurzen Feldzug zu besetzen. Louis entließ er in die Provence. Der ganze Norden der Halbinsel gehörte seither Berengar, und er beherrschte ihn mit brachialer Gewalt.
    Dennoch war er mehr als Theodoras folgsamer Bluthund. Mehr als einmal hatte er sich bereits als geschickter Taktiker erwiesen, der nicht einfach blind gehorchte, sondern sein eigenes Interesse stets im Auge behielt. Von allen Fürsten ließ er sich seine Loyalität zu Theodora und dem Imperium am besten bezahlen. Die zusätzlichen Schatztruhen verwendete er für den Ausbau seiner Armee und eine, wie es hieß, geradezu ausschweifende Hofhaltung.
    Und schließlich besaß er auch noch einen hervorragenden Instinkt, wie Marocia sogleich feststellen musste.
    »Also Euch habe ich einen solch würdigen Erzbischof von Aquileia wie Saxo zu verdanken«, brummte er mit einem ironischen Unterton, den man einem Berserker wie ihm nicht zugetraut hätte.
    Marocia musste all ihre Selbstbeherrschung aufbieten, um keine weichen Knie zu bekommen. Am liebsten wäre sie einfach davongegangen. Doch mitten in der Messe?
    ». . . veni de excelso et libera . . .«
, betete der Papst, den Blick auf das Buch gerichtet.
    Vielleicht, dachte Marocia, würde Sergius es nicht einmal merken, wenn sie jetzt verschwinden würde. Doch etwas anderes hielt sie zurück, diesem Impuls der Flucht nachzugeben. Auf keinen Fall wollte sie Berengar diese Genugtuung verschaffen. Wie immer, wenn ihr innerlich heiß vor Aufregung wurde, bekämpfte sie dieses Gefühl mit Kälte in ihrem Ausdruck. »Da dürft Ihr Euch beim Papst bedanken, Durchlaucht«, erwiderte sie. »Er hat die Ernennungsurkunde unterschrieben.«
    Berengar grinste. Marocia sah, dass die linke Seite seines Mundes fast zahnlos war; vermutlich waren die Zähne ihm im Verlauf

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