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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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päpstliche Gewand fiel, lachte Sergius, und Marocia stimmte ein.
    Etwas später kam Damiane herbei und brachte Clemens zum Schutz vor der brennenden Sonne wieder ins Innere des Lateran. Kaum war der Sohn fort, verfiel Sergius wieder ins Grübeln, wie Marocia deutlich an seinem zerstreuten Gesichtsausdruck ablesen konnte. Seiner Freude über den kleinen Clemens zum Trotz war Sergius in letzter Zeit schwermütig und unkonzentriert. Wenn sie ihn darauf ansprach, winkte er stets ab. Doch sie ahnte auch so, was in ihm vorging.
    Die letzten Monate waren voller politischer Unruhe gewesen. Berengar von Friaul hatte begonnen, den Namen des nominellen italienischen Königs Louis von allen Dokumenten und Inschriften zu tilgen und in neuen Schriftstücken gar nicht mehr zu erwähnen, ganz so, als wäre Louis niemals gekrönt worden. Alle Länder und auch das Patrimonium folgten diesem Beispiel, ausgenommen das vereinigte Fürstentum Capua-Benevent. Der Plan, hinter dem gewiss das Byzantinische Imperium steckte, war leicht zu durchschauen: Berengar sollte bald gegen alles kirchliche und weltliche Recht zum König von Italien gemacht werden, Louis’ Krone würde man ignorieren und den vermuteten Widerstand Landos zum Anlass nehmen, das kleine Land anzugreifen. Von Sergius erwartete man selbstverständlich, dass er seine Rolle als willfährige Marionette diskussionslos ausfüllen sollte, wenn es so weit war – und genau das, glaubte Marocia, ließ ihm keine Ruhe.
    Nun, politisch war Sergius nicht interessiert. Marocia vermutete, dass es ihm völlig gleich war, wer den Königstitel trug, welche Fraktion die Geschicke bestimmte und welches Land hinter dieser Fraktion stand. Sergius wollte schon immer bloß in Ruhe gelassen werden. Ärger war ihm verhasst, und Politik war Ärger. Vom ersten Tag an hatte er ihr das Gefühl gegeben, dass nicht sein Thron das Wichtigste in diesem Gebäude war, sondern sie, das Mädchen und die Frau, die er schon immer geliebt hatte.
    Doch an jenem Weihnachtsabend vor achtzehn Monaten, während des Streits über Landos kühne Strategien, hatte sie ihm klargemacht, dass sie politisch nicht ebenso gleichgültig war wie er und dass sie ihn nur achten konnte, wenn er Rückgrat zeigte. Seither rang Sergius mit sich. Marocia sah ihn nicht gerne leiden, aber sie konnte eine gewisse Befriedigung über seine innere Zerrissenheit nicht unterdrücken, bedeutete diese doch, dass er geistig bereits einige der Fäden, an denen er hing, abgetrennt hatte. Und das eröffnete enorme Möglichkeiten.
    Ein dezentes Räuspern riss beide aus ihren Gedanken. Desiderius hatte sich mit seinem üblichen andächtigen Schritt genähert, ohne dass man ihn bemerkt hätte. Marocia mochte Desiderius nicht besonders, aber sie war auch nicht gegen ihn; immerhin ließ er sie in Ruhe, ganz anders als sein Vorgänger Saxo, und mehr war wohl von einem Vorsteher des Lateran nicht zu erwarten.
    Desiderius meldete, dass ein Gesandter aus Byzanz eingetroffen sei und um sofortige Audienz ersuche. Sergius zuckte kurz zusammen, dann gab er Desiderius durch ein Nicken zu verstehen, dass der Botschafter auf die Terrasse geführt werden solle.
    »Es ist soweit, nicht wahr?«, sagte Sergius, als könnte er Marocias Gedanken lesen.
    Sie blinzelte ihm zu. »Das Spiel hat begonnen.«
    »Das ist kein Spiel, Marocia«, entgegnete er leicht verärgert, konnte aber nicht mehr sehen, dass sie seinen Einwand mit einem gelassenen Schulterzucken quittierte.
    Ein kleiner, orientalisch anmutender Mann in einem schwarz und silbern schimmernden Gewand trat vor ihn und vollführte eine dermaßen überschwängliche Verneigung, dass sein Kopf fast auf den Boden schlug. »Eure Heiligkeit, Bischof und Kosmopolit von Rom,
patriarch
des Patrimoniums . . .« Er hakte ohne eine einzige Unterbrechung alle Anreden und Titulierungen ab, die dem Papst zustanden, ließ keine Übertreibung aus und beendete die ermüdende Aufzählung mit einer weiteren ehrerbietigen Verbeugung.
    Dann kam er endlich zur Sache und teilte mit, der byzantinische Kaiser würde eine Erhebung Berengars zum König von Italien begrüßen.
    Sergius sah Marocia nicht an, aber sie konnte spüren, dass sie in diesem Augenblick dennoch vor seinem geistigen Auge erschien, dass seine Gedanken bei ihr waren. Vorsichtig antwortete er dem Botschafter: »Liebend gerne würde ich Berengar krönen. Er ist ein durchsetzungsfähiger Landesherr. Gewiss würde er eine gute Figur als König machen. Jedoch . . .«
    Die

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