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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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ihre Hand anfasste, als wäre sie ein Kaktus, und dazu ein Gesicht zog, als hätte er sich bereits einen Stachel eingefangen.
    »Auch für die Feier möchte ich Euch danken«, setzte sie die einseitige Konversation fort. »Und für die . . .«
    »Ihr redet zu viel«, unterbrach er sie. »In Rom mag das Mode sein. Hierzulande schweigen die Ehefrauen, bis der Mann sie anspricht. Und bei Gott, daran werdet Ihr Euch halten.«
    Es wurde ein sehr schweigsamer Abend.

    Wenige Stunden später stand Marocia am Fenster, eingehüllt in eine dicke Wolldecke, und blickte in die Nacht hinaus. Die Burg von Spoleto thronte herrschaftlich auf einem Hügel über der Stadt, und die Sicht auf die mondbeschienenen Berge im Süden und die fruchtbare Ebene im Osten war atemberaubend. Doch die Burg war schlecht gebaut, und ihre ungeschützte Lage forderte jeden kalten Windhauch geradezu heraus, durch das Mauerwerk zu kriechen. Außerdem war sie äußerst spartanisch ausgestattet. Noch nicht einmal das Hochzeitsgemach war geschmückt oder wenigstens beheizt worden.
    Wozu auch, dachte sie bitter. Sie fror ja allein. Alberic war noch immer nicht gekommen. Zusammen mit Desiderius hatte er das Bankett verlassen, um etwas zu besprechen. Sie ahnte schon, was. Der Bischof zog vermutlich den verbrieften Sündenablass aus seinem Gewand, und Alberic ernannte ihn im Gegenzug zu seinem geistlichen Ratgeber oder gar zum Siegelbewahrer. Vermutlich eher das Zweite, wie sie Desiderius einschätzte. In Rom hatte sie als Kind Dutzende solcher Geschäfte miterlebt – zumindest darin unterschied sich die Provinz wohl nicht von der Ewigen Stadt.
    Das also war ihre erste – und womöglich letzte – Hochzeitsnacht. Sie bettete sich auf das Kissen, hüllte sich mit den gekämmten Wolldecken ein, blickte in die Dunkelheit und erinnerte sich an die mit Nähe und Fürsorge gefüllten Nächte mit Sergius. Doch nicht nur ihn vermisste sie.

16
    Alberics Verhalten änderte sich nicht. Er mied sie. Nicht eine einzige Nacht schlief er bei ihr. Das allein kümmerte Marocia nicht, aber er suchte sie auch am Tage niemals auf, sprach nicht mit ihr, nahm seine Mahlzeiten gesondert ein, und wenn es doch einmal etwas Notwendiges zu übermitteln gab, beauftragte er damit bestenfalls Bischof Desiderius, zumeist jedoch einen Bediensteten.
    Besuch von außerhalb erhielt Marocia ebenfalls nicht. Adelige ließen sich niemals in der Burg sehen, obwohl einige in der Nähe der Stadt lebten. Auf ihre Feste war der Herzog zwar pro forma eingeladen, aber es galt als sicher, dass er nicht erschien, und ohne ihn war es auch Marocia verboten, der Einladung nachzukommen. Schlimmer noch, ohne ihn durfte sie noch nicht einmal die Burg verlassen. Sie langweilte sich zu Tode.
    Da waren die seltsamen Vorgänge um Constanza von Atri eine willkommene Ablenkung. Im Innern der Burg ertappte Marocia deren Dienerin mehrere Male dabei, wie sie sie aus einem Winkel belauerte. Sobald sie die in weite Röcke und Schleier gehüllte Frau zur Rede stellen wollte, verschwand diese in einem der kalten, feuchten Gänge. Und immer wieder glaubte Marocia, etwas Bekanntes an ihr zu erkennen, ohne sagen zu können, was es war.
    Im Freien begegnete sie der Dienerin zwar nicht, aber dort war Marocia in Sichtweite des hohen Wohnturms. Dieser beherrschte das gesamte Areal. Egal, ob Marocia sich im Burghof das Reiten beibringen ließ, ob sie in dem winzigen, nur wenige Schritte durchmessenden Burggarten mit Clemens auf dem Schoß in der Sonne saß oder von den Mauern ins Tal sah – von überall wäre es Constanza möglich gewesen, sie zu beobachten. Aber taten die unheimliche Alte und ihre beleibte Dienerin das tatsächlich? Und wenn, warum?
    »Hast du etwas über sie erfahren können?«, fragte sie Damiane. Sie hatte ihr den Auftrag gegeben, sich unter der Dienerschaft und der Burgbesatzung umzuhören, doch was Damiane zu erzählen hatte, brachte kein Licht ins Dunkel, im Gegenteil. Je mehr man über Constanza und ihre Dienerin erfuhr, desto seltsamer schienen sie.
    »Vor zwei Jahren«, berichtete Damiane mit gesenkter, spannungsgeladener Stimme, »hat die Mutter des Herzogs alle ihre Dienerinnen fortgeschickt und nur die eine behalten. Warum, weiß niemand. Noch merkwürdiger ist, dass die Dienerin keinen Namen hat. Zweimal am Tag kommt sie von dem Turm herunter, um für die Herrin und sich selbst Speise zu holen. Sie spricht nie.«
    Marocia kannte Damiane lange genug, um ihr anzusehen, dass es da noch etwas gab, das

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