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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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meinte Desiderius. »Feste, auf denen sie sich in großer Robe zeigen kann, hat sie schon immer geliebt, sagt man. Doch seit mehr als zwei Jahren ist sie nicht mehr unter Menschen gegangen.«
    »Wo lebt sie?«
    »Sie hält sich immerzu in ihren Gemächern auf.«
    »Sind die etwa hier auf der Burg?«
    »O ja. Der
palas
, der gesamte rechteckige Turm, wird von ihr und ihrer einzigen Dienerin belegt.«
    »Aber ist der
palas
nicht gemeinhin das Areal des Herrschers oder Burgherrn?«
    Desiderius nickte viel sagend. »So ist es.«
    Die anwesenden Gäste begannen wieder, sich ihrer Speise oder der Unterhaltung zu widmen, aber eine deutliche Veränderung war spürbar. Man raunte oder flüsterte nur noch, und immer wieder gingen schnelle, unauffällige Blicke zu Constanza, allerdings nur dann, wenn die Betroffene selbst gerade mit etwas anderem beschäftigt war. Keine Frage, die Leute fürchteten die Greisin.
    »Ich nehme an«, sagte Marocia, »Euer Zitat über Hass und Furcht vorhin meinte Constanza.«
    Desiderius nickte. »Man glaubt, sie sei eine Hexe und feiere auf der Spitze des Turms Sabbate.«
    »Sa. . .« Marocia lachte laut und vollen Herzens durch den ganzen Saal. Jeder sah sie wie eine Verbrecherin an, auch Alberic. Wie konnte sie es wagen, im Gespräch mit einem Bischof derart anzüglich zu lachen! Nur Constanza von Atri schien zu ahnen, dass sie die Ursache der Heiterkeit war, und warf Marocia einen hasserfüllten Blick zu. Es war dieser Blick, der Marocia ernüchterte, und sie wandte sich wieder dem Gespräch zu.
    »Hat nicht die heilige Kirche selbst den Glauben an Hexen und deren Sabbate verworfen?«, fragte sie den Bischof spitz. »Ich nenne nur den
canon episcopi
und die Schriften des ehrwürdigen Abtes Regino von Prüm, in denen nicht das Hexenwesen angeprangert wird, sondern der
Glaube
an das Hexenwesen.«
    »Man merkt, dass Ihr viel in der lateranischen Bibliothek gelesen habt«, nickte er anerkennend. »Doch diese Leute hier haben das nicht – und selbst wenn . . . Seht Ihr, kein Spoletaner zuckt auch nur mit den Brauen, wenn jemand mit dem Schwert erschlagen oder mit der Lanze durchbohrt wird. Aber Gift . . . das ist den Menschen hier unheimlich. Es hat mit Magie zu tun. Außerdem sind einige der Neffen schlicht verschwunden. Man hat sie nie aufgefunden, obwohl manche der Adeligen gewaltige Anstrengungen dahingehend unternommen haben. Nun glaubt man . . .«
    ». . . sie seien in Schweine verwandelt worden«, ergänzte Marocia sarkastisch.
    Desiderius schmunzelte. »Nun ja, so etwas in der Art.«
    Marocia schüttelte den Kopf. Wo war sie hier nur hineingeraten!
    Alberic versuchte die Gegenwart Constanzas zu ignorieren, indem er unentwegt auf seinen Teller starrte.
    Er tat Marocia plötzlich Leid. Das Schicksal mochte ihn einsam und abweisend gemacht haben, aber er hatte nichts Mörderisches an sich, nichts Primitives. Und obwohl sie beide doch sehr verschieden waren, verband sie eines: So wie er war auch sie das Opfer der eigenen Mutter. Sie verspürte den Wunsch, ihm zu helfen.
    »Wir sollten den Tanz eröffnen, mein Gemahl«, schlug sie ihm plötzlich vor. »Mich dürstet nach Bewegung. Weder in der Villa Sirene noch im Lateran habe ich je Gelegenheit gehabt zu tanzen. Wie steht es bei Euch?«
    Erst wusste er nicht, was er sagen sollte, und als er sich einigermaßen gefangen hatte, fiel ihm nichts anderes ein als: »Eine Frau fordert den Mann nicht zum Tanz.«
    Oh, er konnte tatsächlich sprechen! »Richtig«, bestätigte sie. »Weil der Mann es gemeinhin tut. Wenn er es allerdings nicht tut . . .« Sie erhob sich und sagte so laut, dass die am nächsten sitzenden Gäste es hören konnten: »Ich nehme Eure Aufforderung gerne an, mein Gemahl.«
    Wollte er sich nicht lächerlich machen, blieb ihm nun nichts anderes übrig. Gemeinsam betrat das Paar die frei gebliebene Mitte des Saales. Die Spieler der Flöten und Tamburine, die bisher nur langsame Stücke zur Untermalung musiziert hatten, freuten sich, nun ein heiteres Lied anstimmen zu dürfen. Zum Takt der Melodie schritt Marocia drei Schritte nach vorne, dann wieder drei zurück, es folgten Drehungen und Verbeugungen. Als eine ruhigere Passage kam und sie mit Alberic nur Seite an Seite vor- und zurückgehen musste, lobte sie ihn: »Ihr tanzt gut, mein Gemahl.«
    Das Gegenteil war der Fall. Alberics Schritte stimmten zwar, aber er hatte staksige Beine und einen leicht gebeugten Rücken, was ihm die Haltung beim Tanzen erschwerte. Dazu kam, dass er

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