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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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des Landes.«
    Alberic verstand. Früher oder später müsste er ohnehin näheren Umgang mit seiner Gemahlin pflegen. Ruf hin, Ruf her, der Papst selbst hatte dieser Ehe seinen Segen gegeben. Des Bischofs süße Worte überzeugten den Herzog also schnell und veranlassten ihn zu einem geneigten Brief an Marocia.
    Desiderius hingegen hegte, wenn er an Marocia dachte, nur noch bittere Gedanken. O nein, unsympathisch fand er sie nach wie vor nicht, dazu war sie ihm zu wesensgleich. Sie war außerordentlich geschickt vorgegangen, so etwas mochte er, ja, es forderte ihn heraus. Doch jeder Einfluss, den sie bei Alberic gewann, nahm ihm selbst ein Stück Macht. Marocia war eine Gegnerin, und über kurz oder lang musste er einen Weg finden, ihren Höhenflug zu zügeln.

    Das Pfingstfest, zu dem die ehelichen Kontrahenten wieder zusammenfanden, artete zu einer wahren Versöhnungsfeier aus. Alberic zeigte eine ungewohnte Milde. Zwar konnte ihn nichts auf der Welt dazu bringen, Marocia inbrünstig zu lieben, und er war auch nicht bereit, sie in einem vertraulichen »Du« anzureden, aber er sah ein, dass Desiderius Recht damit hatte, wenn er ihn aufforderte, etwas zugänglicher zu sein.
    So bezog er mit Marocia ein gemeinsames Gemach, billigte ihr eine Wache zu, die ihrem Befehl unterstand, und erlaubte ihr, eine Bibliothek einzurichten. Bald darauf kam sie ihm mit einer weiteren Bitte.
    »Eine Teilnahme an den Sitzungen meines Rates? Sehr ungewöhnlich.«
    »Aber Alberic! Als ich Euch damals schrieb, ich wolle Verantwortung übernehmen, habe ich damit nicht die Speisenfolge unserer Mahlzeiten gemeint. Natürlich will ich mich nicht in jede Entscheidung des Landes einmischen, aber ich möchte schon wissen, was vor sich geht. Und das erfahre ich nur, wenn ich Euren Besprechungen mit Agipert und dem Bischof beiwohne.«
    Schließlich gab er auch in dieser Frage nach. Warum sollte eine Herzogin eigentlich nicht auf einem Sessel sitzen und bewundern, wie ihr Mann regierte?
    Ihre nächste Bitte jedoch bereitete ihm Kopfzerbrechen.
    »Diese Burg ist düster und kalt«, stellte sie fest. »Etwas für Kriegszeiten. Ihr aber seid Herzog und kein Raubritterführer, und ich bin kein Burgfräulein. Was wir brauchen, ist eine prächtige Residenz.« Ihre Augen strahlten, als sie eine halb verfallene Villenanlage, etwa zwanzig römische Meilen nördlich von Spoleto mit weitem Blick über das Land, als Zweitresidenz des Herzogtums vorschlug: Assisi. »Einige Ausbesserungen dort, dann können wir diesen schrecklichen Hof verlassen.«
    »Ich finde ihn gar nicht so schrecklich«, wandte er ein.
    Marocia musste schmunzeln. Wenn sie daran dachte, wie Alberic sie noch vor wenigen Monaten behandelt hatte, war die Weise, in der sie heute mit ihm diskutieren konnte, geradezu ein Wunder. Einer wirklich starken Haltung vermochte ihr Gemahl nichts entgegenzusetzen, eine Tatsache, die sich wohl auch Constanza von Atri zunutze machte, denn Alberic traute sich trotz Marocias dauernder Beschwerden noch immer nicht, seine Mutter vom Hof zu bannen. Er hatte eine tief verwurzelte Angst, sie könnte ihm etwas antun.
    »Allein schon dieser elende Turm«, stöhnte Marocia und verdrehte die Augen. »Verzeiht! Ich weiß, dass Ihr nicht gerne über Eure Mutter sprecht, aber sie ist die Ursache für so manchen Missstand im Land. Wenn der Adel sehen würde, dass Ihr Euch von ihr losgesagt habt, ganz und endgültig, dann könnte es zu einer Versöhnung kommen, und Ihr müsstet nicht ständig befürchten . . .«
    »Sagt, was Ihr wollt«, meinte er. »Aber solange meine Mutter nicht freiwillig auf ihre Güter nach Atri geht, bleibt alles, wie es ist.«
    Damit war das Thema mal wieder beendet, aber immerhin stimmte Alberic der zeitweisen Verlegung seines Hofes zu. Assisi sollte zur Sommerresidenz ausgebaut werden.

    »Wie rasch er begreift«, rief Marocia und lachte Damiane an. Sie knieten auf einem grauweißen Webteppich, wie er typisch war für die Region. Marocia hatte in jedem Gemach der Burg einen oder mehrere davon auslegen lassen, auch in denen der Diener und Mannschaften. Einerseits wurden die Räume dadurch wärmer und wohnlicher, andererseits hatten die verarmten Weber des Herzogtums auf diese Weise viele Monate lang zu tun – und zu essen.
    Marocia verfolgte, wie ihr Sohn auf allen vieren von einer Ecke in die andere krabbelte. Es war der vierte Namenstag ihres Sohnes, der 23. November, und Marocia hatte ihm lateinische Buchstaben geschenkt, die aus dem weichen

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