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Die Herrin der Pyramiden

Die Herrin der Pyramiden

Titel: Die Herrin der Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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war vor dem Schreibtisch stehen geblieben.
    »Ich würde gern einen weiteren Experten hinzuziehen.«
    »Wer soll das sein?«
    »Sarenput ist der einzige ausgebildete Architekt, der eine Pyramide schon einmal von weitem gesehen hat.«
    »Können wir ihm vertrauen? Er ist der Sohn des Wesirs!«
     
     
    Sarenput, den meine Nachricht in seinem Arbeitsraum im Ministerium für die Fremdländer erreichte, war entsetzt. Gemeinsam saßen wir eine ganze Nacht im Schein einer flackernden Öllampe über meinen Berechnungen.
    »Wer weiß noch davon?«, fragte er mich.
    »Niemand außer mir und meinem Vater.«
    »Der Wesir?«
    »Nein.«
    »Dann lass es dabei. Wir werden uns bei Sonnenaufgang das Plateau ansehen.«
    Und so liefen Sarenput und ich über die Baustelle und suchten nach Verwerfungen im Sandsteinplateau unter der Pyramide. Wir untersuchten die Steilhänge unterhalb der Pyramide und zogen immer weitere Kreise um die Basis. Immer wieder sah ich, wie Steinschlepper ihre Arbeit einstellten und zu uns herübersahen. »Sie beobachten uns!«
    »Lass sie, Nefrit. Beachte sie nicht. Wir können die Schäden nicht anders feststellen.«
    »Lass uns zu den Privatgräbern hinübergehen. Ich will mir die Grabschächte ansehen. Vielleicht erhalten wir dort einen Hinweis auf den Sandsteinuntergrund unterhalb der Pyramide.«
    Sarenput folgte mir zu den Gräbern der hohen Beamten von Mempi, deren Ausschachtung vor wenigen Wochen begonnen hatte. Der bisher am tiefsten vorangetriebene Schacht war der von Sarenputs Onkel Amenemhet. Die dreißig Arbeiter stellten sofort die Arbeit ein, als sie zwei Mitglieder der Bauleitung herankommen sahen. Weil eine Verzögerung auf diesem Teil der Baustelle um einen oder mehrere Tage keine Rolle spielte, schickte ich die Arbeiter in ihre Hütten und gab ihnen den Nachmittag frei.
    Nachdem der letzte Arbeiter seinen Arbeitsplatz verlassen hatte, stiegen Sarenput und ich über eine Leiter aus Stricken in den Grabschacht des Prinzen Amenemhet hinab.
    »Sieh dir die Struktur des Sandsteins an den Wänden an, Nefrit.«
    »Ich sehe es, Sarenput. Es gibt in ungefähr zehn Ellen Tiefe eine lockere Sandschicht zwischen zwei schräg verlaufenden Steinschichten. Wenn sich dieser lose Sand auch unterhalb des Pyramidenplateaus fortsetzt …«
    »… dann sind die Risse am Fundament erklärbar. Der Sand ist durch den hohen Druck der Steinlagen zusammengedrückt worden und ist ins Rutschen gekommen.«
    »Wir haben auf Sand gebaut, Sarenput. Wenn dieses Sediment auch auf der anderen Seite der Pyramide anzutreffen ist, dann wird bei einem bestimmten Bauvolumen das gesamte Plateau mit der Pyramide wegrutschen und sich weiter senken. Und nicht nur um wenige Fingerbreit wie bisher.«
    Sarenput und ich untersuchten bis Sonnenuntergang noch vier weitere Grabschächte, zwei am Hapi-Ufer, eines in der Wüste und eines in Richtung der Residenz. Überall zeigte sich die Sandschicht zwischen zwei mehr oder weniger stabilen Steinschichten, wenn auch in unterschiedlicher Dicke. Die dünnste Sandschicht fanden wir mit nur knapp einer Elle in Richtung Fluss, die dickste Schicht mit knapp sieben Ellen in Richtung Residenz.
    »Zumindest wissen wir jetzt, in welche Richtung die Pyramide kippen wird«, meinte Sarenput trocken. »Dann können wir die Residenz rechtzeitig evakuieren.«
    »Mir ist nicht zum Scherzen zumute, Sarenput!«
    »Es tut mir Leid, Nefrit. Was wollt ihr tun?«
    »Das kommt darauf an, wie du dich verhalten wirst.«
    »Ich werde jetzt in die Residenz zurückfahren. Dann werde ich einen Tonkrug mit einem guten Wein öffnen. Ich habe noch einen aus dem achtzehnten Regierungsjahr des Huni. Ein guter Jahrgang! Ich werde mich bemühen, den Krug bis Mitternacht geleert zu haben. Morgen Früh gehe ich an meine Arbeit im Ministerium, und mein Kopf wird mir so wehtun, dass ich mich nicht mehr erinnern kann, wo ich heute war.«
    »Danke, Sarenput.« Ich küsste ihn auf die Wange.
     
     
    Am nächsten Morgen kam ein Bote von der Residenz herübergeritten, um mir einen Brief meines künftigen Gemahls zu überbringen.» Prinz Rahotep, Priester von Iunu, an Nefrit von Tis. Ich war sehr ungehalten, dass du dich über meinen Befehl, die Horusfahrt meines Vaters nicht durch deine Abreise zu stören, hinweggesetzt hast. Ich war zornig, dass du ohne mein Wissen um eine Audienz beim König nachgesucht hast. Wie konntest du mich so demütigen? Und ich war enttäuscht, weil du dich nicht von mir verabschiedet hast. Die Horusfahrt ging ohne

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