Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin der Pyramiden

Die Herrin der Pyramiden

Titel: Die Herrin der Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
Vom Netzwerk:
dich weiter. Im Hafen von Tanis sind der König und seine Heerführer auf die Kriegsschiffe umgestiegen. Die Sonnenbarke ist bereits wieder auf dem Rückweg nach Mempi. Die Schiffe haben das Meer erreicht und das Land Kemet hinter sich gelassen. Wir werden die Küste in Richtung Osten entlangsegeln, bis wir das Land der Zedern erreichen. Wenn die Götter es so wollen, werde ich in einem halben Jahr wieder in Mempi sein. Wir müssen uns dann unbedingt über die Hochzeit unterhalten. Gruß, Rahotep.«
    Keine Erkundigung nach meiner Gesundheit und meiner Ankunft in Mempi, als ob er keine Antwort von mir erwartete! Gefühle der Wut und der Enttäuschung, aber keine Frage nach den Gründen meines überstürzten Aufbruchs! Und was sollte die abschließende Bemerkung, dass wir uns über die Hochzeit unterhalten müssten? Wollte er andeuten, dass er die ewigen Differenzen mit mir nicht länger ertragen wollte? Wenn er sich entschlossen hatte, mich nicht zu heiraten, hätte er mir das einfach in seinem Brief mitteilen können, statt sich in umständlichen Andeutungen zu ergehen!
    »Neuigkeiten aus dem Krieg?«, fragte mein Vater, der meinen Gesichtsausdruck nicht deuten konnte.
    »Nur von der privaten Front.«
     
     
    Das Ministerium für fremdländische Angelegenheiten war doppelt so groß wie der alte Wesirspalast in Pihuni. Der gewaltige Gebäudekomplex überragte einen großen Innenhof. Dreihundert Schreiberbüros flankierten diesen und zwei weitere Höfe – Arbeitsräume für neunhundert Schreiber, Übersetzer, Sekretäre und Beamte für Verwaltungs- und Steuerrecht.
    Wie in Pihuni waren die Wände des Hofes mit Szenen der Regierungstätigkeit des Wesirs an der Seite des Königs geschmückt. Die zweistöckigen Säulengänge vor den Schreiberbüros waren um die Mittagszeit in tiefe Schatten getaucht.
    In einem Seitenflügel des Ministeriums war das Haus der Geheimnisse untergebracht, der Geheimdienst des Reiches, der dem Wesir unterstand. Allein dieses Amt beschäftigte dreihundert weitere Beamte, die Informationen aus allen Teilen der Beiden Länder und der fremdländischen Reiche zusammentrugen.
    Ich überquerte den langen Sonnenhof und näherte mich dem dreistöckigen Verwaltungsgebäude des Ministeriums der Fremdländer, in dem sich das Arbeitszimmer des Wesirs Nefermaat befand. Durch das große Zedernholzportal betrat ich die Vorhalle und stieg die breite Treppe hinauf.
    Etliche Schreiber kamen mir entgegen. Ein königlicher Bote eilte an mir vorbei ins obere Stockwerk.
    Sarenput sah überrascht auf, als ich ohne Vorankündigung seines Sekretärs seinen Arbeitsraum betrat. Er saß auf einem Holzstuhl mit geschnitzter Lehne vor seinem Schreibtisch, auf dem sich Papyrusrollen stapelten.
    »Nefrit, was tust du denn hier?«
    »Ich will dich etwas fragen.« Ich nahm auf dem Besucherstuhl Platz, ohne auf ein Zeichen zu warten.
    »Was willst du mich fragen?« Er legte den Papyruspinsel aus der Hand.
    »Wie geht es deinem Kopf?«
    Er lachte gequält. Also hatte er sein Versprechen wahr gemacht.
    »Tut mir wirklich Leid«, sagte ich. »Aber deshalb bin ich nicht hier. Ich will dir noch zwei Fragen stellen.«
    »Noch zwei Fragen?« Er lehnte sich zurück und sah mich erwartungsvoll an.
    »Erste Frage: Bin ich eine Frau, die ein Prinz guten Gewissens zur Gemahlin nehmen kann?«
    »Ja, selbstverständlich. Du weißt, warum ich …?«
    »Weil Rahotep dich gezwungen hat.«
    Er nickte langsam, als würde er sich der lautstarken Auseinandersetzung erinnern, in der Rahotep ihn mit seinen Wünschen konfrontiert hatte.
    »Zweite Frage: Bin ich eine Frau, die ein Mann lieben kann?«
    »Deine Fragen sind nicht einfach zu verstehen, Nefrit.«
    »Bin ich eine Frau, die
du
lieben könntest?«
     
     
    Sarenput hatte nach dem Umzug der Residenz von Pihuni nach Mempi nicht erneut Räume im Palast bezogen, sondern sich eine Villa am Rand von Mempi erbaut.
    Sarenputs Villa war eines der wenigen Privathäuser in Mempi, die zwei Stockwerke hatten. Hinter einem Vorhof mit Säulenarkaden lag das Vorzimmer, in dem der Türwächter residierte. Hinter einem weiteren Atrium öffnete sich der große säulengetragene Speisesaal zum blühenden Garten. In einem Nebentrakt befanden sich die Schlafräume und Wirtschaftsräume. Die Wände seiner Villa waren mit Fresken von Blumen und Vögeln im Papyrusdickicht und bunten Fischen im Wasser bemalt, der Fußboden war mit elegant gefärbten Papyrusmatten bedeckt, vor den Fenstern hingen Rollmatten aus Schilf,

Weitere Kostenlose Bücher