Die Herrin der Pyramiden
Rahotep, sondern überhaupt welche. Ich habe seit vier Wochen keine Lieferung mehr erhalten.«
»Die Steine werden gebrochen, so schnell es geht. Sie werden gleichmäßig auf die verschiedenen Baustellen im Reich verteilt. Du bist nicht der einzige Bauleiter, der mit Steinen aus Tura baut, Nefrit.«
»Ich verlange von dir, dass du mir sofort mehrere Schiffsladungen Steinquader lieferst, die ich als Verkleidung des Stabilisierungsmantels verlegen kann.«
Rahotep schlug mit der Hand auf die Lehne seines Sessels. »Nein! Du bekommst eine Lieferung, wenn es so weit ist!«
Das herablassende Lächeln der Tempelpropheten zeigte mir die Macht der Sonnenpriester im Land Kemet.
»Würdest du deine Einstellung zur Steinproduktion von Tura bitte mit deinem Vater besprechen?«, fauchte ich ihn an.
»Würdest du dich mir gegenüber in deinem Ton mäßigen, Nefrit! Es ist mir egal, was mein Vater dazu sagt.«
»Mir nicht!« Hätten nicht zwei Sonnenpriester das Zedernholzportal des Empfangssaales leise hinter mir geschlossen, hätte ich es zugeknallt.
Mit diesem Streit war die Hoffnung auf eine Einigung mit Rahotep gestorben. Es herrschte Krieg zwischen uns, und ich suchte Verbündete. Ich konnte mich wegen der Steinlieferungen nicht an Nefermaat wenden, der bereits zurückgetreten war. Kanefer hatte die Regierung noch nicht offiziell übernommen. Der König selbst führte die Regierungsgeschäfte, bis Kanefer sein Amt angetreten hatte. Also bat ich bei Sennedjem, der nach Thotmes’ Hinrichtung das Amt des Zeremonienmeisters übernommen hatte, um eine Audienz. Ich wurde abgewiesen: »Seine Majestät hat keine Zeit.«
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür und die Generäle Djedef und Tutmosis kamen heraus.
»Was ist los, Djedef?«
Djedef blieb stehen und zog mich zur Seite. Tutmosis wartete auf ihn. »Der Krieg steht unmittelbar bevor!«
»Welcher Krieg?«
»König Sargon von Akkad kommt unserer Ostgrenze immer näher. Die Häuptlinge der Sinai-Stämme werden unruhig. Seneferu hat beschlossen, die Kupfer- und Türkisminen zu schützen.«
»Wann brecht ihr auf?«
Die Blicke von General Tutmosis irritierten mich. Er stand mitten im Raum, während einige Schreiber an ihm vorbei in den Arbeitsraum des Königs eilten, und starrte mich an.
»Morgen bei Sonnenaufgang.«
»So schnell? Ich muss mit dem König sprechen!«
»Willst du mitkommen?«, lachte Djedef.
»Nein, ich glaube nicht. Ich muss wegen Rahotep …«
»Dein Gemahl wird uns begleiten«, unterbrach mich Djedef.
»Rahotep? Er ist Hohepriester des Re!«
»Er ist auch Sohn des Königs und General eines Regiments. Also wird er dabei sein!«
In diesem Augenblick erschien Kanefer. »Mein Vater hat nach mir gerufen?«
»Ja, mein Prinz!«, antwortete Sennedjem. »Seine Majestät will dich dringend sprechen. Wegen des bevorstehenden Feldzuges in den Sinai wird der offizielle Empfang zu deiner Amtseinführung als Wesir entfallen.«
»Entfallen? Aber er kann doch nicht …«
»Deine Ernennung wird heute Nachmittag verkündet werden. Du wirst während seiner Abwesenheit die Regierungsgeschäfte führen.«
Am nächsten Morgen sah ich nach dem traditionellen Opfer für die Kriegsgöttin Neith die Regimenter aus Mempi in Richtung Sinai aufbrechen. Seneferu nahm am Erscheinungsfenster die feierliche Parade ab, mit Aserkaf und Khufu als Heerführer und Djedef und Tutmosis als Generäle der Regimenter des Ptah und des Amun. Das Regiment des Seth sollte von Rahotep geführt werden, der mit General Ti in Iunu zu den Truppen stoßen würde. Dann bestieg Seneferu einen schnellen Streitwagen und setzte sich an die Spitze seines Heeres.
Mir blieb in Abwesenheit von Seneferu und Rahotep nichts übrig, als mich selbst um die Lieferung der Steinquader aus Tura zu kümmern. Ich nutzte meine Position als Mitglied der königlichen Familie aus, organisierte zehn Schiffe und fuhr mit neunhundert Steinbrucharbeitern stromabwärts nach Tura. Der Steinbruch wurde durch Rahoteps Truppen nicht geschützt, und so hatte mein Überfallkommando ein leichtes Spiel. Am Nachmittag hatte ich den Steinbruch unter meine Kontrolle gebracht.
Innerhalb einer Woche konnte ich vier Schiffe mit Steinquadern nach Mempi entsenden, eine weitere Woche später erhielt Kamose sechs Schiffsladungen Steinquader für die Pyramide in Pihuni.
Wesir Kanefer tobte, als er von meinem Überfall auf die Steinbrüche von Tura erfuhr, und befahl mich in seinen Arbeitsraum. Er warf mir vor, die Barken der
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