Die Herrin der Pyramiden
dir für diese Ehre, mein Prinz.«
»Wen hätte ich sonst damit beauftragen sollen, Kamose? Wer außer dir hat Erfahrung in der Errichtung von Pyramiden? Abgesehen von Nefrit, die künftig andere Aufgaben haben wird, nachdem sie mir in den nächsten Tagen die Baupläne für mein Grabmal zur Genehmigung vorgelegt hat.«
Als Sarenput und ich in den Saal zurückkehren wollten, hatte Maatkare ihn in ein Gespräch verwickelt, und ich war allein weitergegangen. Am Eingang zum Saal stand die Königinmutter und schien auf mich zu warten, um mit mir allein zu sprechen. »Bist du glücklich, Tochter?«, fragte Meresankh.
»Ich bin glücklich, Mutter.«
»Obwohl du nicht den Mann geheiratet hast, den du wirklich liebst?«
»Ich liebe Sarenput.«
»Ich spreche nicht von Sarenput.«
»Meine Affäre mit Ramesse ist beendet, Mutter.«
»Ich spreche auch nicht von Ramesse.«
»Ich verstehe nicht …«
»Ich sehe das Leuchten in deinen Augen, wenn du ihn ansiehst. Eine Mutter bemerkt so etwas. Und ich sehe das Leuchten in seinen Augen.«
Mit diesen Worten ließ sie mich im Sturm meiner Gedanken zurück.
Sarenput und ich verbrachten eine leidenschaftliche Nacht. Wir hatten uns noch vor Mitternacht von unseren Gästen verabschiedet. Die besten Wünsche für die Zeugung eines Prinzen begleiteten uns bis in Sarenputs Schlafzimmer.
Der Sturm in meinen Gedanken wurde durch die Lust nur angefacht. Sarenput war ein zärtlicher, feuriger, fordernder und nachgiebiger Liebhaber. Aber meine Gedanken waren nicht bei ihm.
Die Pyramide von Pihuni war noch nicht fertig, an der Knickpyramide von Mempi wurde noch gebaut, und ich plante eine dritte Pyramide. Die Vorbereitung der Baupläne für die Errichtung von Sarenputs Grabmal stellte ich innerhalb einer Woche fertig, weil ich auf die Pläne der anderen Pyramiden zurückgreifen konnte. Sarenput und ich legten Seneferu die Baupläne vor.
»Dein Grabmal wird größer als mein eigenes, Sarenput.«
»Wir können die Pläne noch …«
»Nein!« Seneferu vertiefte sich in die Pläne. »Tu mir einen Gefallen, Sarenput, und baue dein Grabmal nicht höher als mein eigenes – nicht solange ich lebe.«
Nach Abschluss der Bauplanung und der vorbereitenden Arbeiten wurde auf dem Plateau von Mempi zum zweiten Mal die heilige Grundsteinlegung zu einem Königsgrab zelebriert. Dieses Mal allerdings für einen Mann, der noch nicht König war.
Ich erinnerte mich an die Zeremonien, die vor zehn Jahren an der Gründungsgrube der Knickpyramide stattgefunden hatten. Wie lange würde die Errichtung dieser neuen Pyramide dauern? Ich war glücklich, dass Kamose wieder in Mempi wohnen würde, denn ich hatte ihn in den letzten Jahren vermisst. Und ich freute mich für ihn, weil er sich weiter seiner Lebensaufgabe widmen konnte: Pyramiden zu bauen.
Es war das erste Mal, dass ich während einer Horusfahrt nicht auf der
Udjat
segelte, sondern auf der
Re
. Seneferu hatte viel mit Sarenput zu besprechen, um ihn auf seine Aufgaben vorzubereiten, und hatte ihn gebeten, eine Kabine auf der Sonnenbarke zu beziehen. Khufu, Merit und Henutsen bekamen Kabinen auf der
Ankh
zugewiesen, Rahotep fuhr mit Hesire und Meresankh auf der
Udjat
. Ramesse hatte völlig überraschend eine Einladung erhalten. Er vermutete, dass er wegen seines Sieges über Urnammu ausgezeichnet werden sollte, und bestieg die
Djed.
Die Horusfahrt dieses Jahres sollte stromaufwärts verlaufen. Der erste Hafen, in dem wir anlegten, war Pihuni. Da Seneferu nach Beendigung der Horusfahrt aber ohnehin wegen der Feierlichkeiten der Kultaufnahme an der Pyramide von Pihuni die Alte Residenz besuchen würde, war unser Aufenthalt kurz. Ich hatte keine Gelegenheit, Kamose auf der Baustelle zu besuchen, da die Flotte bereits am nächsten Morgen wieder ablegte.
Die nächsten Häfen waren Schmunu, Siut und Chentemin. Das Volk empfing Seneferu und Sarenput durch das zeremonielle Küssen des Bodens. Sarenputs Ruf war ihm vorausgeeilt, und das Volk begrüßte ihn liebevoll als Thronfolger. Sarenput und ich fuhren in unserem Wagen hinter Seneferu und Hotephores über gefärbte Leintücher und duftende Blüten. Wie schon vor fünf Jahren war ich überwältigt von der Liebe des Volkes seinem König gegenüber. Das Volk begrüßte mich als künftige Königin, und mehr als einmal drehte sich Hotephores irritiert zu mir um.
Bevor die Königsbarke die Anlegestelle des Osiris-Tempels von Abodu anlief, besuchten wir die alte Königsstadt Tis.
Weitere Kostenlose Bücher