Die Herrin der Pyramiden
meinen Fuß ergriffen und begann ihn mit beiden Händen zu massieren. »Spricht etwas dagegen, dass wir uns hin und wieder sehen?«
Ich hasste den Gedanken, aber ich verzog mein Gesicht zu einem Lächeln. Ich hatte jahrelange Übung. »Nein, natürlich nicht.«
Er führte meinen Fuß an seine Lippen und küsste ihn.
Dann kroch er zu mir ins Bett.
Sarenput hatte ich in den letzten Tagen nur selten gesehen. Er war damit beschäftigt, Maatkare in die Regierungsgeschäfte als Fürst von Mempi einzuführen, Merire das Schatzamt zu übergeben, ihn mit den Staatsfinanzen vertraut zu machen und gleichzeitig bereits Aufgaben von Khufu zu übernehmen. Zwei Mal stand ich abends vor seiner Wohnung im Palast und fand ihn abwesend.
Eines Morgens fand ich eine Nachricht auf meinem Schreibtisch im Ministerium: »Geliebte Nefrit. Ich sehne mich nach dir! Ich will dich sehen. Ich werde heute Abend auf dich warten.«
Ich war froh, dass sich endlich eine Gelegenheit ergeben würde, mit Sarenput zu sprechen. Seit mir Seneferu mitgeteilt hatte, dass er meiner Scheidung von Rahotep und meiner Hochzeit mit Sarenput zustimmen würde, hatte ich ihn nicht länger als einige Augenblicke allein gesehen.
Bei Sonnenuntergang kehrte ich in den Palast zurück, aber er war nicht in seiner Wohnung. Also ging ich zu seinem Arbeitsraum, der sich in einem anderen Flügel des Palastes befand. Sein Zeremonienmeister sprang aufgeregt auf, als er mich sah. »Das ist unmöglich, Prinzessin! Du kannst jetzt nicht …«
»Ich will sofort mit meinem künftigen Gemahl sprechen!«, protestierte ich.
»Er ist nicht allein! Prinz Khufu …«
»Haben die beiden sich schon gegenseitig umgebracht?«
»Noch nicht, Prinzessin. Ich lausche immer dann an der Tür, wenn es im Arbeitsraum des Prinzen still geworden ist.«
»Finden die beiden noch Beschuldigungen, die sie sich gegenseitig an den Kopf werfen können?«
»Die Prinzen verfügen über einen unerschöpflichen Vorrat.«
Entschlossen öffnete ich die Tür und betrat den Raum.
Sarenput und Khufu nahmen mich erst nicht wahr, zu sehr waren sie in ihr Wortgefecht verfangen. Unbemerkt zog ich mir einen Stuhl heran und setzte mich. Aufmerksam verfolgte ich die Argumente beider Streitenden. Nachdem Khufu Sarenput verächtliche Worte vor die Füße geworfen hatte, begann ich applaudierend in die Hände zu klatschen. »Einen Punkt für Khufu für seine Beleidigung von Sarenput. Und einen Punkt für Sarenput für das Ignorieren der letzten Bemerkung von Khufu.«
Beide drehten sich überrascht zu mir um. »Was bei allen Göttern machst du hier, Nefrit?«
»Ich suche dich, Sarenput. Du hast mir heute Morgen eine Nachricht geschickt.«
»Eine Nachricht?«
»Ich lasse euch besser allein.« Khufus Grinsen war unverschämt, als er ohne ein weiteres Wort den Raum verließ und die Tür lautlos hinter sich schloss.
Ich zog den Brief hervor und zeigte ihn Sarenput.
Er las laut: »Geliebte Nefrit. Ich sehne mich nach dir … Von wem ist das?«
»Ich dachte, die Nachricht sei von dir. Ich dachte, dass wir uns heute Abend sehen könnten.«
Er schüttelte den Kopf. »Wir können uns nicht sehen, Nefrit. Ich muss noch heute Abend nach Pihuni abreisen. Aber ich will wissen, wer dir derartige Briefe schreibt!«
»Ich weiß es nicht!«
»Triffst du dich noch mit Ramesse?«
Ich schwieg: Ich durfte ihm die Wahrheit nicht sagen. Ich tat die Maat und tat sie doch nicht.
»Dein Schweigen ist auch eine Antwort.«
Sarenput kehrte erst am Vorabend unserer Hochzeit aus Pihuni zurück, und ich hatte keine Gelegenheit, mit ihm über den Vorfall zu sprechen. Ich sah ihn erst wieder, als er neben mir die Sänfte bestieg, mit der er zum Tempel gebracht wurde.
Wie während meiner Hochzeit mit Rahotep nahmen Sarenput und ich auf zwei kleinen Thronen neben dem Herrscherpaar Platz. Die Zeremonien begannen mit einem gemeinsamen Gebet zu Atum. Der Sonnengesang des Re, der bei meiner ersten Hochzeit noch einen großen Teil des Rituals eingenommen hatte, entfiel.
Vor den rituellen Worten Hesires, die Sarenput und mich miteinander verbanden, ging Seneferu mit mir und Hotephores mit Sarenput zum Weihrauchopfer. Während wir gemeinsam das Opfer darbrachten, sprach er mich an. »Nefrit?«
Ich war überrascht, dass er das heilige Ritual unterbrach. »Ja, Majestät?«
»Liebst du ihn wirklich?«
»Ja, Majestät.«
Er fragte nicht weiter.
Am Abend fand in der Halle des Horus ein großer Empfang für die Würdenträger des
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