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Die Herrin der Pyramiden

Die Herrin der Pyramiden

Titel: Die Herrin der Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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seine letzte Reise vorzubereiten. Während Sethi sich einer sinnvollen Tätigkeit widmen konnte, hatte ich die Arbeiten am Fundament der
Akhet Rahotep
einstellen lassen.
    Das Volk trauerte mit seinem König über den Verlust seines ältesten Sohnes, der im Kampf gegen König Sargon gefallen war, als er seinen Freund, den Fürsten Djedef, retten wollte.
    Nach der siebzigtägigen Einbalsamierung wurde der Sarkophag von Rahotep auf die Sonnenbarke geladen, um nach Abodu in den Osiris-Tempel gebracht zu werden. Dann segelte die königliche Familie nach Pihuni, wo Rahotep in dem Grab bestattet werden sollte, das er vor Jahren für mich und sich selbst hatte anlegen lassen. Als sich die Prozession vom Hafen her dem Gräberfeld näherte, dachte ich an Aserkaf und Nefermaat, die vor Jahren in unmittelbarer Nähe ihre Jenseitspaläste bezogen hatten.
    Rahotep erhielt das hochrangigste Begräbnis, das jemals einem Prinzen zuteil geworden war. Die beiden Hohepriester Hesire und Merire führten das Mundöffnungsritual an seinem Goldsarkophag durch, während ich mit Merit die Totenwache hielt.
    Seneferu nahm das Weihrauchopfer, das eigentlich dem Totenpriester zustand, selbst vor. Hinter ihm standen seine Söhne: Kanefer mit seiner hochschwangeren Gemahlin Mereret, Khufu mit seinen Kindern, Neferatum mit seiner Gemahlin Mitri, die vor zwei Monden einem Sohn das Leben geschenkt hatte, und Djedkare mit Satet, die er nach Ablauf der Trauerzeit heiraten sollte.
    Hesire rezitierte den Maat-Text, der zum Bestattungsritual gehörte.
    Dann ergriff Seneferu das Wort: »Rahotep hat mich … hat uns alle verlassen. Er hinterlässt eine dunkle Leere in unseren Herzen. Aber in unserer Erinnerung wird er weiterleben als ein fähiger Hohepriester des Sonnengottes, als verantwortungsvoller Stellvertreter des Wesirs, als erfolgreicher General, als würdiger Nachfolger des Königs. Ich weiß nicht, ob Rahotep jemals ein Kind war. Ich kann mich nicht erinnern! Er war immer so besonnen, so ernst. Ich weiß nicht, wie Rahotep als Mensch war. Er hat sorgfältig alles verborgen, was das Leben eines Menschen ausmacht: seine Liebe, seine Leidenschaften und seine Schwächen. Ich habe ihn geschätzt als Denker, ich habe mich auf ihn verlassen als Berater, und ich habe ihn geliebt als meinen Sohn. Lebwohl, Rahotep, Gemahl, Sohn, Bruder und Vater! Mögest du tausend Jahre leben!«
     
     
    Spät am Abend, nach dem Totenmahl, stand ich im Schein einer Öllampe in Rahoteps Grab. Ich wollte mich allein von dem Mann verabschieden, mit dem ich jahrelang verheiratet war, ohne ihn wirklich zu kennen.
    Seneferu trat hinter mich. Er legte die Arme um mich und zog mich an sich heran. Dann küsste er mich auf die Schulter.
    Ich betrachtete die beiden Sitzstatuen von Rahotep und mir, die seit Jahren in diesem Grab standen. In Stein gebanntes Leben.
    Jede der beiden Statuen entsprach in Körperhaltung und Ausdruck ganz den Regeln des Imhotep. Aber bezeichnend war, dass diese Statuen nicht aus einem Block gehauen waren. Es waren zwei getrennte Abbilder, wie Rahotep und ich in unserem Leben nie zusammengefunden hatten. Jede der Statuen hätte leicht an einem anderen Ort aufgestellt werden können, und kein Betrachter hätte geahnt, dass der andere Teil fehlte.
    »Wie im Leben«, flüsterte Seneferu. »Ihr habt euch nie berührt.«
    Ich lehnte mich gegen ihn, und er schwankte.
    Ich drehte mich zu ihm um. »Was ist mit dir?«, fragte ich besorgt.
    »Meine Söhne sterben vor mir. Ich werde alt, Nefrit.«
    »Du bist nicht alt, Seneferu. Du wirst niemals alt sein. Du hast noch neunhundertvierundsiebzig Jahre Regentschaft vor dir.«
    Er lächelte zum ersten Mal seit Wochen.
     

Epilog
    Zwölf Jahre lang teilte ich das Bett, aber nicht den Thron von Kemet mit Seneferu Nebmaat, dem Herrn der Weltordnung.
    Im dreißigsten Jahr seiner tausendjährigen Regierung über die Beiden Reiche feierte Seneferu Nebmaat ein Fest, das nur wenige Könige vor ihm feiern konnten: sein erstes Hebsed-Fest.
    Während der tagelangen Feierlichkeiten, an denen das ganze Land Kemet teilnahm, erneuerte der König seine Kräfte, die sich im Laufe der langen Regierungszeit von dreißig Jahren erschöpft hatten. Er bestieg erneut den Thron Beider Länder. Der König des Oberen und des Unteren Landes ließ sich bei den feierlichen Zeremonien von seiner Geliebten Nefrit begleiten. Der Triumph des Königs ließ die beiden gigantischen Ruinen, die innerhalb seiner Regentschaft entstanden waren,

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