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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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erschien William Norris mit einigen Männern und meinem Pferd.
    Somerset nahm Rose’ Zügel und half mir auf die Zelterstute. Dann übergab er mir die Zügel, ließ seine Hand allerdings noch eine Weile über meiner. »Habt keine Angst«, flüsterte er mir zu. »John Neville wird nichts geschehen. Ihr habt mein Wort darauf.« Er sah zu Norris. »Gebt gut acht auf sie!« Damit versetzte er Rose einen Klaps, und sie lief los.
    Als ich mich umdrehte, war Somerset fort.
    Der Weg nach Bisham erschien mir beschwerlich, denn neben Erschöpfung und Verzweiflung peinigten mich fürchterliche Gedanken. Fror oder hungerte John? Litt er Schmerzen? Würde er überleben? William Norris war ein wahrhaft ritterlicher Begleiter: höflich und aufmerksam, ohne zudringlich zu sein. Er ließ sich durch nichts anmerken, wie er für mich empfand. Ursula und ich sprachen wenig und wählten unsere Worte mit Bedacht. Das einzige Lachen war das der Kinder, die munter mit Norris plauderten oder den anderen Männern – und sogar Rufus, der neben uns hertrottete – Fragen über Fragen stellten. Auf unserem Weg nach Norden kamen wir durch viele kleine Ortschaften, und ich fand die Reise so mühsam wie jene zum Hofe mit Sœur Madeleine, denn damals wie heute war mir das Herz schwer.
    Ich war beruhigt, dass John nichts geschehen würde, doch das war mein einziger Trost. Immer wieder sah ich das sanfte Gesicht König Henrys vor mir. Armer Henry! Die Ereignisse der letzten Monate hatten seinem Verstand arg zugesetzt. Ein gütiger, schlichter, liebenswerter Mann, der durch einen perfiden Scherz des Schicksals zum König ernannt worden war, obgleich er kein Herrscher war. Vielmehr war er der Schatten eines Königs, der sich widerstandslos von Feinden wie Rettern hin und her schieben ließ. Er zog Gnade der Gerechtigkeit vor, konnte dem Land nur leider keines von beidem geben, weil sein Handeln von seiner Gemahlin diktiert wurde.
    Meine Hände verkrampften sich an den Zügeln. Das wahnsinnige Lächeln Marguerites bei deren Gezeter über den Duke of York hatte mir mehr verraten, als ich jemals hatte wissen wollen. Ich dachte an die wunderschöne und gelehrte junge Frau, die ich einst kennengelernt hatte. Mit Marguerite hatte das Schicksal England einen weiteren üblen Streich gespielt. Es paarte einen mönchsgleichen König, dem es an jedwedem Ehrgeiz mangelte, mit einer stolzen, maßlos ambitionierten Gefährtin, die ihre Macht skrupellos und arrogant ausübte. Ihr Streben nach absoluter Herrschaft hatte England zerrissen und sie in eine irrsinnige Wölfin verwandelt, deren blutige Fänge einzig mit immer mehr Blut zu beschwichtigen waren. Die Geschehnisse hatten ihren Verstand, wie den ihres Gemahls, verwirrt, doch war ihr Wahn, anders als Henrys, ein finsterer.
    Und ich dachte an Somerset, wobei mich eine befremdliche Traurigkeit überkam. Er war nicht mehr derselbe Mann, der mich in dem engen Gang in Westminster bedrängt hatte, aber ich wollte nicht einmal darüber nachdenken, was diesen Wandel herbeigeführt hatte. Wie mich Marguerites Beispiel lehrte, hatte das Leben seine ganz eigenen Möglichkeiten, Menschen zu verändern.
    Falls die Landschaft, durch die wir ritten, schön war, bemerkte ich es nicht. Wir kamen an einer Frau vorbei, die sich mit einem Laken gegen den kalten Wind schützte, und an einem Bauern in grober Kleidung, dessen Zehen aus den Lumpen lugten, die er sich um die Füße gewickelt hatte. Andere arbeiteten auf den Feldern, die Hände mehr schlecht als recht von löchrigen, schlammverkrusteten Fäustlingen geschützt. Wir passierten Bettler, die um Almosen flehten: einbeinige, einarmige, einäugige Männer und solche mit schrecklichen, eiternden Wunden. Die Kriege hatten eine Vielzahl von Bettlern hervorgebracht.
    Zum Mittag hielten wir an einer Taverne gleich hinter dem Kirchhof von Little King’s Hill am Marktplatz, damit die Pferde rasten konnten. Eine nahe gelegene Gerberei schüttete ihre Fässer mit dem giftigen Wasser auf der Straße aus. Nur wenige Leute aßen in dem Gasthaus. Mit ihren Blicken zu meinem Lancastrianer-Beschützer mit König Henrys weißem Schwanenemblem bedeuteten sie, dass sie die jüngsten Nachrichten gehört hatten. Sie unterhielten sich mit gedämpften Stimmen, nur leider verstand ich trotzdem, was sie sagten. Ganz in purpurnen Samt und Gold gehüllt, hatte Marguerites kleiner Prinz Edward dem Prozess gegen Bonville, Berners und Kyriell vorgesessen, jenen Lords, die sich angeboten hatten, als

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