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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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Pflichten nach. Ich zählte die Kerzen, sparte an Binsen und flickte unsere Wollkleidung, um die Ausgaben möglichst gering zu halten, denn es war nie genug Geld da. Abends stickte ich an Johns Umhang, dessen Kragen mittlerweile von einem Kranz aus Greifen verziert war, und wenn ich endlich müde wurde, drückte ich ihn an mich und schlief ein.
    »Sind wir arm?«, fragte die kleine Izzie mich eines Tages, als Annie und Lizzie sich an mich schmiegten. Ich zog die Kinder in meine Arme und erklärte ihnen, so gut ich konnte, dass wir sorgsam sein müssten, bis Papa wieder nach Hause kommen würde. »Aber macht euch keine Sorgen, meine Mäuschen. Mama wird euch nie Hunger leiden lassen.«
    In jenen Tagen lauschte ich aufmerksam allem, was von Durchreisenden nach Burrough Green getragen wurde. Nach Warwicks Niederlage und Sir John Wenlocks Flucht nach Calais sowie der Abreise der Duchess of York und Warwicks Familie war niemand mehr in London, der die Leute für Yorks Sache werben konnte.
    »Und trotzdem«, erzählte mir ein Kaufmann aus Kent, »und trotz der Gerüchte, die ohne Zweifel von der Königin gestreut werden, dass der Earl of Warwick gefangen genommen wurde und die Yorkisten unter Edward of March sich plündernd und mordend London näherten, steht die Stadt fest hinter York. Der Königin aber bleiben die Tore verschlossen, und wenn der Bürgermeister und die Stadträte, die ja Lancastrianer sind, noch so betteln.« Er schüttelte den Kopf vor Staunen, und ich schenkte ihm mehr Wein ein. Nach einem ausgiebigen Schluck lehnte er sich näher und ergänzte: »Das Land würde sich lieber von Henry trennen, den alle mögen, als sich mit seiner Königin abzugeben, die sie hassen!«
    Als Nächstes kam ein Mönch aus London. »Am siebenundzwanzigsten Februar öffnete die Stadt ihre Tore weit für Edward of March!«, verkündete er. »Am ersten März wurde er mit dem Segen des Erzbischofs von Canterbury zum König erklärt!«
    Frohen Herzens hörte ich mir an, was der Mönch noch zu erzählen hatte.
    »Sie sangen und tanzten um ihn herum.« Der alte Mann stand auf, lüpfte die Kutte und führte mir einen kleinen Jig vor, einen schnellen Tanz im Sechsachteltakt. Dazu sang er mit hoher Stimme nach, was er gehört hatte: »Auf geht es nun zu neuen Reben, zu fröhlich’ Trank und munt’rem Leben, mit dieser weißen Rose rein, dem Earl of March woll’n treu wir sein – la-di-hi, la-di-hi!«
    Lachend schenkte ich ihm nach.
    Eines Tages machte ein Zimmermann aus York auf seinem Weg nach Süden bei uns halt, der sich Arbeit in St Albans suchen wollte, und bat um Unterkunft für die Nacht. »Die Königin ist in York und wartet darauf, in die Schlacht zu ziehen«, berichtete er, als er sich hinsetzte, um sich Abendessen bringen zu lassen. Ängstlich fragte ich ihn, ob er etwas über meinen Gemahl wisse.
    »Es heißt, sie hält Lord Montagu im Kerker in York gefangen.«
    Zwar sollte ich dankbar sein, dass John lebte, aber ein Kerker? »Nimm dir gern mehr Wein, wenn du willst«, sagte ich betrübt und ging.
    Tage später kam ein Minnesänger, der uns Musik im Tausch gegen eine Nacht Unterkunft anbot. »Mylord of Warwick ist mit Männern und Verstärkung für Edward of March nach London zurückgekehrt. Sie ziehen nach Norden, um gegen die restlichen Truppen der Königin zu kämpfen.«
    Ich gab ihm einen Teller mit Hammel und gekochtem Gemüse und ließ ihm von den Dienern Wein bringen. Obgleich er schön auf seiner Flöte spielte, machte es mir Johns ungewisses Schicksal schwer, mich an der Musik zu erfreuen. Die letzte Schlacht stand bevor, in der das Schwert entscheiden sollte, wer die Krone trug. Und York konnte es sich nicht leisten zu verlieren.
    Am sonnigen ersten Aprilmorgen, als die Narzissen ihren gelben Mantel über die Wiesen breiteten, erklangen plötzlich Fanfaren im Dorf. Mir stockte der Atem, und ich lief ans Fenster, konnte jedoch nicht weit sehen, da die Bäume bereits austrieben, sodass der Blick in die Ferne versperrt war. Dann stand Rufus auf und bellte aufgeregt – und im selben Moment sah ich ein Banner zwischen dem Grün aufblitzen. Mehr brauchte es nicht, denn ich hatte das Smaragdgrün und Silber von Johns Greifenwappen sofort erkannt. Ich schrie auf und rannte nach draußen, womit ich die Bediensteten erschreckte, riss die verwunderte Annie und ihre Schwester Izzie aus der Nische, in der sie spielten, und eilte mit wehendem Haar und den Mädchen unter den Armen zur Tür hinaus und den gepflasterten Weg

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