Die Herrin der Rosen - Historischer Roman
Urne. Dieses legendäre Ereignis sprach sich im gesamten Land herum. Wie ich später erfuhr, redete man sogar auf dem Kontinent darüber, was Warwick gefreut haben dürfte. Selbst sein Freund, König Ludwig von Frankreich, soll beeindruckt gewesen sein.
Als ich jedoch an Elizabeth Woodville und die üblen Dinge dachte, die Menschen widerfuhren, die es wagten, ihren Groll auf sich zu ziehen, wurde mir eiskalt.
»Eine Frau wie sie kann niemals zufrieden sein«, sagte ich John eines Abends. »Ihr Glück besteht darin, andere so unglücklich zu machen, wie sie sich fühlt. Und gelingt es ihr nicht, schlägt sie um sich, bis sie triumphiert. Sieh dir den armen Cooke an …«
Thomas Cooke war ein reicher Kaufmann und ehedem Bürgermeister von London gewesen, der sich geweigert hatte, Elizabeths Mutter einen Gobelin für die lachhafte Summe zu verkaufen, die sie ihm angeboten hatte. Es hieß sogar, er hätte ihn ihr überhaupt nicht verkaufen wollen, egal, zu welchem Preis. Aber nachdem er Jacquetta, Duchess of Bedford, auf diese Weise brüskiert hatte, wurde er plötzlich des Hochverrats beschuldigt und in den Tower geworfen. Bei seinem Prozess wurde er von einem unparteiischen, angesehenen Richter für unschuldig befunden. Hierauf geriet Elizabeth Woodville erst recht in Rage und forderte vom König, dass man Cooke erneut anklagte. Gewahr, dass seine Königin maßgeblich an den Verratsvorwürfen mitwirkte, hatte der König einen Rat von Berufungsrichtern ernannt, zu denen unter anderem sein Bruder Clarence und Warwick zählten – zwei ihrer vielen Feinde. Sie sprachen Cooke von sämtlichen Vorwürfen frei. Daraufhin verlangte Elizabeth einen dritten Prozess, dessen Urteil noch ausstand. Unterdes plünderte ihr Vater das Haus des alten Kaufmanns unter dem Vorwand, nach Beweisen für dessen Schuld zu suchen, und nahm alles mit, was von Wert war, unter anderem auch den besagten Gobelin.
An jenem Abend saß John mit Warwick bei einer Flasche Wein in unserem Sonnenzimmer in Alnwick und sprach ebendieses Thema an. »Die Königin ist verschlagen, keine Frage, doch die offensichtliche Verachtung, die du ihr entgegenbringst, kann gefährlich werden, Bruder. Warum verbirgst du deine Gefühle nicht wie jeder andere?«
»Ich und der Bruder des Königs, Clarence, haben beschlossen, dass wir keinen Hehl daraus machen, wie wir über Edwards Auserwählte denken, und das aus einem simplen Grund: Wir sind die Einzigen, die es können. Wir hoffen, dass wir Edward so auf das wahre Wesen der abscheulichen Frau aufmerksam machen können, die er so überstürzt geheiratet hat, und auf den Schaden, den sie seiner Reputation zufügt. Sie ist eine zweite Marguerite, und wie diese wird Elizabeth Woodville ihn und seine Erben am Ende den Thron kosten.«
»Edward ist von Liebe geblendet. Ihr könnt ihn nicht dazu bringen, die Dinge so zu sehen, wie sie sind. Behalte deine Verachtung für dich, Bruder! Sie kann nichts Gutes einbringen, und ich fürchte um deine wie um unsere Sicherheit. Vergiss nicht, dass du unser Schicksal in Händen hältst. Ich bitte dich, dein Vorgehen zu überdenken, solange wir uns noch retten können.«
»Ich weiß, was das Beste für uns und für England ist!«, erwiderte Warwick mit vor Zorn gerötetem Gesicht und verließ uns.
John bemühte sich in der Folge umso eifriger, dem König zu gefallen, indem er die Friedensbemühungen an der Grenze verstärkte, doch Bamburgh blieb uneinnehmbar. Trotzdem gelang es uns, ein wenig Trost zu finden, denn nach einem Jahr kündigte sich immer noch kein Königskind an.
»Vielleicht haben wir nichts zu befürchten«, sagte ich hoffnungsvoll zu Ursula.
»Bleibt sie weiterhin unfruchtbar«, flüsterte Ursula, »sind wir sicher.« Mit diesen Worten nahm sie eine Opferkerze und ging in die Kapelle, um zu beten.
Als sich Weihnachten 1465 näherte, stellte ich fest, dass ich wieder einmal guter Hoffnung war. Heiter summend schmückte ich die Burg für die Feiertage und träumte von einem weiteren Sohn für John.
Derweil verwandte mein Gemahl seine gesamten Kräfte darauf, Bamburgh von den Lancastrianern zu erobern. Mit einer von Warwicks Kanonen sprengte er ein Loch in die Mauern und stürmte die Festung. Die Lancastrianer ergaben sich, als sie ihren Captain, Sir Ralph Grey, tot auffanden. Am nächsten Tag jedoch kam Grey wieder zu sich. Offenbar hatte ihn lediglich eine einstürzende Decke ohnmächtig geschlagen. Obwohl er so schlimm verwundet war, dass er sich nicht auf den
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