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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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Trost, keine Angst. Eine Blume schimmerte vor meinen Augen, eine weiße Rose, wie ich benommen erkannte. Zugleich stellte ich fest, dass der Lärm verstummt war, und nahm die Hände herunter. Irgendwie floss mir die Rose in die Hände. Ich bewunderte die irisierende Schönheit, die beinahe sphärisch wirkte. Dann blickte ich auf und sah Sir John Nevilles Lächeln. Wärme umfing mich, und mein Mund öffnete sich vor Freude und Staunen, doch vor lauter Überraschung ließ ich die Blume fallen. Sir John bückte sich nach ihr, aber als er sich wieder aufrichtete, war er ein Fremder, dessen Züge überschattet waren, sodass ich sie nicht ausmachen konnte. Der Fremde reichte mir die Blüte, allerdings war die Rose nun rot, nicht weiß. Ich wollte sie nicht, doch sie sprang mir in die Hände, und ich sah Blut von ihren Blütenblättern tropften. Es war Blut, das die weiße Rose rot färbte! Ich ließ sie erneut fallen, wich zurück und schrie vor Entsetzen …
    Ich wachte aufrecht im Bett sitzend auf, schweißgebadet und mit rasendem Herzklopfen.
    »Mein armes Kind, du hattest einen bösen Traum, aber das Fieber ist endlich gesunken. Bald geht es dir wieder gut.« Sœur Madeleine nahm die Hand von meiner klammen Stirn, drehte sich auf der Bettkante um, tunkte ein Tuch in eine Wasserschale, die ein junges Mädchen hielt, und wischte mir das Gesicht ab. Ich zuckte vor Schreck ob der Kälte zusammen. Wenigstens klärte sich meine vom Schlaf verschwommene Sicht. Ich schaute mich um. Viel gab es nicht zu sehen, nur die Steinmauer einer Burgkammer, ein Fenster und eine Truhe. »Wie lange war ich krank? Wo sind wir?«, fragte ich.
    »Wir sind bei Hofe, in Westminster. Du bist vom Pferd gestürzt und warst zwei Tage ohnmächtig.«
    »Ich erinnere mich nicht, hier angekommen zu sein.«
    »Weil du bereits krank und im Fieber warst. Ich hatte große Angst um dich, Kind.«
    Angestrengt versuchte ich, mich an die Reise zu erinnern, aber in meinem Kopf war nur ein dumpfes Pochen. Dann, auf einmal, fluteten mich die Erinnerungen. »Ja, jetzt weiß ich es wieder«, murmelte ich leise, denn mit der Erinnerung kam der Schmerz, Sir John Neville auf Tattershall verlassen zu haben. Ich legte den Kopf auf die Kissen zurück und bekam nur am Rande mit, dass Sœur Madeleine sprach.
    »Isabelle, dies ist Margery. Sie wird sich in meiner Abwesenheit um dich kümmern, Kind. Ich reise zur Abtei Kenilworth und werde mehrere Tage fort sein, aber bei meiner Rückkehr sehe ich sofort nach dir.« Sie tätschelte meine Hand, und das junge Mädchen machte einen Knicks. Ich nickte beiden zu, viel zu erschöpft, um zu reden, und schloss die Augen.
    Der Ritt von Lincolnshire nach Westminster war außergewöhnlich strapaziös gewesen, wohl wegen der übermäßigen Hitze. Unter dem bleiernen Himmel, der Land und Leuten gleichermaßen aufs Gemüt drückte, waren wir an Mönchen vorbeigekommen, an Landstreichern, deren Zehen durch die Lumpen an ihren Füßen lugten, an Tagelöhnern, Kaufleuten mit ihren Waren, Frauen, die sich unter dem Gewicht von Milchkrügen auf ihren Köpfen krümmten, und Bauern auf dem Weg zum Markt, die mit Heu, Lauch und Äpfeln beladene Karren hinter sich herzogen. Viele von ihnen sahen so erschöpft und niedergeschlagen aus, wie ich mich fühlte. Da ich die Aussicht nicht ertrug, in das Haus einzukehren, das einst mein Vater mit Liebe erfüllt hatte, machten wir nicht in Burrough Green halt, obwohl Cambridgeshire auf unserem Weg nach London lag. Stattdessen verbrachten wir die Nacht in einer Abtei außerhalb der Stadt, wo ich mir ein Strohlager mit der Nonne teilte. Ihr tönendes Schnarchen, mein scheußlicher Husten sowie die Flöhe und Wanzen in der klumpigen Strohmatratze hielten mich wach, und ich zählte, wie alle Nächte seit Tattershall, die Glockenschläge durch die Nacht, nur um meine Gedanken von Sir John Neville abzulenken.
    Während der letzten zwei Tage unserer Reise hatte ich nichts als Brotkrumen und Wein zu mir genommen. Ich erkannte bald, dass ich von einem Fieber befallen war, doch da das einzige Heilmittel dagegen war, eine Spinne in einer Rosine zu schlucken, erwähnte ich nichts aus lauter Furcht, die Nonne könnte mich auf ebendiese Weise kurieren wollen. Und so wurde ich beständig schwächer. Dann zog sich die Welt gleichsam in Stille und Dunst zurück. Sœur Madeleine sprach mit Master Giles und Guy; Kaufleute, denen wir begegneten, grüßten uns, Bettler am Straßenrand hielten uns ihre Schalen hin und baten um

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