Die Herrin der Rosen - Historischer Roman
würde es jemals in Gegenwart Elizabeths laut aussprechen. Ich war froh gewesen, dass sie es bei einem feindseligen Blick zu Ursula beließ.
»Eine solche Bösartigkeit würde ich Elizabeth nicht zutrauen«, sagte ich nachdenklich. »Hat dein Vater Feinde?«
»Nein, sie war es, ohne Frage, Isobel! Sie ist schlecht, durch und durch verderbt. Die Königin ist ihr wohlgesonnen, weil sie beide französisches Blut haben, und sie nutzt diesen Einfluss immer wieder, wenn jemand ihren Groll auf sich zieht, wisst Ihr nicht mehr?«
Ja, denjenigen, die mit Elizabeth Woodville aneinandergerieten, stieß Übles zu. Der Vater eines Mädchens hatte seine Stellung als Sheriff verloren, die Familie eines anderen war überfallen und ausgeplündert worden, als der Vater nach London gereist war, und der Anwaltsvater eines weiteren Mädchens hatte jeden Fall vor dem Londoner Gericht verloren und war in Armut gefallen. Ursula schrieb all diese traurigen Entwicklungen Elizabeth Woodville zu; ich hingegen hielt sie lediglich für unglückliche Zufälle.
»Was mache ich nur?«, schluchzte Ursula. »Mein armer Vater!«
»Ursula, ich werde an John schreiben und ihn um Hilfe bitten«, sagte ich und tupfte ihr die Tränen mit einem Taschentuch ab. »Er kommt wieder frei. Dein Vater ist ein Warwickshire-Ritter, also wird sich der Earl of Warwick für seinen Fall einsetzen. Die Nevilles sind nicht ohne Einfluss, auch nicht gegen die Königin.«
Trotz meiner Versicherungen überkamen mich Zweifel, als ich an John schrieb. Die allgegenwärtigen Grausamkeiten und schrecklichen Vorurteile lasteten schwer auf meinem Gemüt, und nach vielen liebevollen Worten an John musste ich meine Feder ablegen, weil mich der Kummer überwältigte. Schließlich zwang ich mich, einen fröhlicheren Ton anzuschlagen, berichtete John vom Besuch meines Onkels und wie dessen Unterredung mit der Königin verlaufen war.
Wenige Tage vergingen, bis ein Bote Nachricht mit Johns Greif-Siegel brachte.
Geliebte Isobel,
Euer gütiger Onkel sandte meinem Vater einen umfassenden Bericht über seine Fürsprache für uns bei der Königin, bevor er nach Italien reiste. Folglich wissen wir, welche Summe sie für unsere Vermählung fordert. Was nicht bedeutet, dass unsere Lage hoffnungslos wäre. Wichtig ist, dass die Königin zugestimmt hat, Isobel, zugestimmt! Mein Vater wird nach Westminster kommen und mit ihr sprechen, sobald wir die Unruhen hier in Yorkshire beigelegt haben, die Egremont und seine Spießgesellen anfachen. Sie brechen in die Häuser unserer Pächter ein, zerschlagen Fenster, stehlen Besitz und töten Vieh. An der Grenze nach Schottland hat König James II. viele englische Farmen und Wohnhäuser geplündert und niedergebrannt, und wir müssen die Region beruhigen, so gut wir können, ehe wir Northumberland verlassen. Ich gebe Euch Nachricht, wenn ich mehr weiß. Bis dahin sagt Mistress Malory, dass ich meinen Bruder Warwick über die missliche Lage ihres Vaters in Kenntnis setzte und er versprach, sich nach Kräften um eine baldige Freilassung von Sir Thomas Malory zu bemühen.
Seid zuversichtlich, dass alles gut werden wird, meine Liebste, und betet für uns! Mit Gottes Hilfe können wir richten, was Unrechtes geschah, zu einer Einigung mit der Königin finden und uns vermählen, Isobel, mein Engel.
Möge Gott Euch behüten!
Dies schrieb Euch eiligst auf Raby Castle zu nächtlicher Stunde bei Kerzenlicht,
Eurer auf immer,
John Neville
Ich hob den Brief an die Lippen und küsste Johns Namenszug, der ebenso klar und schnörkellos war wie er selbst. Nichts scheint John unmöglich zu sein, dachte ich, als ich seine Nachricht zusammenfaltete und in mein Mieder steckte. Sein Brief hellte meine Stimmung auf, bis am nächsten Morgen Elizabeth Woodville beim Frühstück in der großen Halle neben mir erschien. Ursula wurde merklich steifer, und ich drückte beschwichtigend ihre Hand. Was Elizabeth auch wollte, Ursula musste ihre Gefühle bei diesem »giftspeienden Weibsbild«, wie sie Elizabeth nannte, im Zaum halten. Ich bezweifelte nach wie vor, dass sie schuld an Malorys Verhaftung war. Jeder Edelstein hat seine kleinen Fehler, doch so gehässig sich Elizabeth auch bisweilen gebärden mochte, weigerte ich mich zu glauben, dass sie sich ohne triftigen Grund zu solch einer Boshaftigkeit herablassen würde.
»Ich habe Neuigkeiten«, verkündete Elizabeth hochnäsig.
»Gute Neuigkeiten, hoffe ich, Elizabeth?«, fragte ich freundlich.
»Hervorragende. Ich werde
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