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Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Die Herrin der Rosen - Historischer Roman

Titel: Die Herrin der Rosen - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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sowie Reiter in feinster Kleidung. Nachdem wir noch einmal auf Johns Wegbeschreibung gesehen hatten, entdeckten wir das vergoldete Schild mit dem schwarzen Pferd und der Aufschrift Ye Olde Saddler , das zwischen einem Stiefelmacher und einer Schankwirtschaft im Wind schaukelte. Mein Herz flatterte ein wenig, als ich durch die offene Tür trat. Der schwere Geruch von neuem Leder schlug mir entgegen, während sich meine Augen zunächst an das fahle Licht gewöhnen mussten.
    John stand seitlich zu mir in einer Ecke und bewunderte einen mit Goldfäden und einem großen Rubin bestickten Sattel. Als er sich zu mir umdrehte, strahlte er, dass es wie hellster Sonnenschein in dem düsteren Laden anmutete. Der alte Sattler, der hämmernd an einem Tisch gehockt hatte, stand auf, schloss die Eichentür hinter uns und klappte den Riegel herunter. Nachdem er sich höflich verneigt hatte, verschwand er in einem dunklen Gang am hinteren Ende des Ladens. Ursula folgte ihm, und ihre Schritte verklangen hinter einer zufallenden Tür.
    Schnell wie der Blitz war ich in Johns Armen. Er küsste mich inniglich, was eine feurige Hitze in mir entfachte. Schwindlig und mit weichen Knien lehnte ich mich in seinen Armen zurück und blickte in die Richtung, in die der alte Mann und Ursula gegangen waren. »Sind wir hier sicher?«, hauchte ich.
    John lachte. »So sicher, wie wir nur sein können. Somerset ist in Wales, Egremont und Clifford sorgen für Ärger in Yorkshire, und der Sattler ist ein Yorkist, wie die meisten hier in London. Meine Familie macht seit Jahren Geschäfte mit ihm, und ich habe ihn großzügig bezahlt. Er kommt erst wieder, wenn wir nach ihm rufen, mein Engel.« Er zog mich an sich und fing meinen Mund abermals zu einem sinnlichen Kuss ein. Die Innigkeit unserer Umarmung riss mich derart hin, dass ich seine Liebkosung mit gleicher Intensität erwiderte. Schließlich musste ich Luft holen.
    »Es ist das dritte Mal, das Ihr mich Euren Engel nennt«, sagte ich und lachte leise, während ich noch um Fassung rang. »Ist Euch nicht aufgefallen, dass mein Haar dunkel wie Kastanien ist? Engel haben goldenes Haar, mein Liebster.«
    »Ihr sprecht gleich zwei wichtige Dinge an, Isobel«, sagte er mit einem ernsten Blick. »Erstens darf ich zu meiner Verteidigung sagen, dass es nichts an Euch gibt, was mir nicht auffiele, Euer kastanienbraunes Haar eingeschlossen, und zweitens, mein Engel hat kastanienbraunes Haar.«
    »Ach, John, mein Liebster!«, flüsterte ich und neigte den Kopf an seine Schulter, »in Euren Armen zu sein, ist der Himmel auf Erden.« Himmel und Erde, Sonne und Sterne, Sommer und Frühling, alle wunderschönen Dinge sind mein, bin ich an diesem Ort, an dem die Freude wohnt, dachte ich.
    Für einen langen Moment hielt er mich fest, seine Wange an meinem Haar; dann löste er unsere Umarmung, ergriff meine Hände und blickte mich an. »Isobel, während wir uns hier sehen, ist mein Vater bei der Königin, um mit ihr den Preis für unsere Vermählung auszuhandeln. Ich sende Euch Nachricht, sobald wir etwas erfahren.«
    Bei allen Sorgen und Ängsten überkam mich doch eine unbändige Freude. »Ich werde für uns beten, mein Geliebter«, sagte ich.
    Am nächsten Tag, als die Glocken von Westminster die Mittagsstunde verkündeten, brachte mir ein Page einen Brief in meine Kammer, wo ich unruhig auf und ab ging. Zitternd nahm ich ihn entgegen. Die Nachricht kam nicht von John, sondern von seinem Vater, Richard Neville, dem Earl of Salisbury, der mich ins Erber einlud, die Familienresidenz in Dowgate. Sein Kahn würde mich um drei Uhr erwarten. Hatten die Verhandlungen so rasch zu einem Ende gefunden? Falls ja, wurde ich einbestellt, damit man mir gute Neuigkeiten mitteilen konnte? Oder sehr schlechte? Und warum hatte John mir nicht selbst geschrieben?
    Ich blickte an meinem Kleid hinab, das vom morgendlichen Tragen kraus war, und nahm den kleinen Spiegel neben meinem Bett auf, um mein Gesicht zu betrachten. Seufzend legte ich ihn wieder zurück. Angst und Schlaflosigkeit hatten ihre Spuren hinterlassen; ich sah furchtbar aus. Mir war, als hätte ich mein ganzes Leben auf diesen Tag gewartet, und nun, da er gekommen war, war ich nicht bereit für ihn.
    Ich begab mich auf die Suche nach Ursula. Sie war weder bei den Wäscherinnen noch bei den Stallburschen, um meine Neuigkeiten zu hören. Ich kehrte in den Turm zurück, stieg die Stufen hinauf und ging durch den Torbogengang zur großen Halle, als ich ihren roten Schopf sah.

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