Die Herrin der Rosen - Historischer Roman
Streitereien beilegen, Bittsteller empfangen und die Arbeit der Kammerzofen, der Küchenhilfen, der Spinner, Weber und Sticker zu beaufsichtigen sowie die Kinder zu unterrichten. Außerdem versuchte ich, Ausgaben zu kürzen, indem ich prüfte, wie viel Geld für die Pferdehaltung und den Kauf von Vorräten ausgegeben wurde. Ich rechnete sogar nach, was uns die Priester kosteten, die wir dafür bezahlten, dass sie uns die Messe lasen oder mit uns beteten. Wenn John zu Hause und bei mir war, klammerte ich mich umso inniger an ihn, als die Lage im Land so unsicher war und ich schreckliche Angst hatte, ich könnte ihn verlieren.
»Mein Vater ist der berühmteste Ritter auf der ganzen Welt!«, verkündete Warwicks Anne eines Abends auf Raby, als sie auf meinem Schoß hockte und mit ihrer Wollpuppe spielte. »Das hat die Amme gesagt. Sie sagte, England hat Papa genauso doll lieb wie ich.«
»Da hat sie recht. Wir sind alle sehr stolz auf ihn, kleine Anne.«
»Guck mal, jetzt hat Jane wieder ihren Kopf.« Sie hielt mir die Puppe hin.
»Hatte sie den denn verloren?«, fragte ich.
Anne nickte. »Cousin Edward of March hat ihn kaputt gemacht, als er sie geküsst hat.«
Yorks siebzehnjähriger Sohn hatte sich unter den Damen bereits einen gewissen Ruf erworben, jedoch einen kläglichen Eindruck bei Anne hinterlassen.
Angesichts ihrer missbilligenden Miene musste ich lachen. »Und wie hat Jane ihren Kopf wiederbekommen?«, erkundigte ich mich.
»Onkel John hat sie heil gemacht, als er zu Weihnachten hier war.«
Das überraschte mich. Die Schulterwunde, die er sich in Westminster zugezogen hatte, hatte ihm über Wochen große Schmerzen bereitet. Sogar die einfachsten Bewegungen waren ihm schwergefallen.
»Mit einer Hand oder mit beiden?«, fragte ich.
»Mit einer. Er hatte ja den Verband an der Schulter, da konnte er nicht beide Hände nehmen. Er hat gesagt, dass er deshalb auch so lange gebraucht hat, aber das finde ich nicht schlimm. Kommt Cousin Edward wieder zu Besuch?«
»Nicht so bald.«
»Das ist gut!«, seufzte Anne sehr ernst.
Wieder musste ich lachen. Es bestand wohl wenig Gefahr, dass diese junge Dame ihr Herz oder ihre Tugend an den hübschen, charmanten Earl of March verlor. Am nächsten Tag reiste sie mit Nan nach Middleham ab, und ich hauchte ihr einen Kuss zu.
»Keine Sorge, ich komme wieder!«, rief sie mit ihrer niedlichen Stimme aus der Sänfte, als sie durchs Tor getragen wurde, womit sie alle zum Lachen brachte.
Über die Sommermonate trafen sich der Earl und der Duke of York zu vielen Unterredungen, entweder in Middleham oder auf der Burg des Earls in Sheriff Hutton. Männer kamen auf ihren Ruf herbei, unterschrieben Kontrakte, holten sich ihren Lohn und meldeten sich in Middleham, wo sie mit Waffen sowie den rot-violetten und blauen Wämsern von York ausgerüstet wurden. Warwick erhielt Nachricht nach Calais, dass er sich auf der York-Festung in Ludlow, Wales, den Truppen seines Vaters anschließen sollte. Von dort würden sie nach Kenilworth weiterreiten, um dem König ihre Beschwerden vorzutragen. Dabei würden sie ihn ihrer Loyalität versichern. Vorsichtshalber aber wollten sie bewaffnet und in großer Zahl hinreiten.
Am einundzwanzigsten September 1459, kurz vor dem Michaelistag, brach der Earl von der Burg in Middleham gen Süden auf. Schweren Herzens nahm ich Abschied von John und blickte ihnen nach, wie sie den Hügel hinunterritten und im dichten Nebel verschwanden. Nicht viele Stunden später galoppierte ein Bote zum Hof hinein; er war atemlos und offenbar in großer Verzweiflung. Maude, Countess Alice und ich beteten gerade in der Kapelle für unsere Ehemänner.
»Der Earl ist fort? Bei Christi Blut, ich komme, um ihn zu warnen! Die Königin weiß von seinem Plan, sich mit Yorks Mannen in Ludlow zusammenzutun! Sie will es verhindern und ist nach Norden gereist. Mit einer großen Royalistenarmee will sie ihm den Weg abschneiden, zu viele, als dass es der Earl mit ihnen aufnehmen kann!«
Die Countess wurde beinahe ohnmächtig. Halb von Sinnen vor Angst, suchte ich einen vertrauenswürdigen jungen Burschen, half ihm, ein frisches Pferd zu satteln, und versetzte dem Tier einen kräftigen Klaps auf den Hintern, als ich den Boten dem Earl nachjagte, damit er ihn warnte. Danach zog ich mich ins Kinderzimmer zurück, außer mir vor Sorge. Während ich meine Kinder wiegte, flüsterte ich Gebete und zündete Kerzen an. So hielt ich es die ganze Nacht, bis es schließlich Morgen wurde und
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