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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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zunächst ihre Berechtigung prüfen zu müssen. Er ließ die Göttin vor dem Tor warten, bis er die Bestätigung hatte, dass sie den Weg fortsetzen durfte.
    »Du kannst eintreten, aber dieser Blütenkranz auf deinem Haar bleibt hier bei mir!«
    Die Göttin nahm ihn widerwillig vom Haupt, gab ihn dem Wächter und wurde dann durch das Tor gelassen. Ein Stück des Weges weiter fand sie sich vor dem nächsten Tor. Hier verlangte der Wächter ihre Ohrringe. Noch einmal murrte sie, musste sich aber sagen lassen, das seien die Bedingungen der Herrscherin der Unterwelt.
    Und so gab sie am dritten Tor ihre Halsketten ab, am vierten Tor löste sie ihre Broschen von der Brust, am fünften Tor ließ sie ihren kostbaren Gürtel, am sechsten Tor schob sie die Reifen von ihren Armen, und am siebenten Tor gar musste sie sich vollständig entkleiden.
    Nackt und schmucklos trat sie vor Ereschkigal. Noch hatte sich die Göttin kein Bild von der Herrin der Unterwelt gemacht, und so war sie vor Entsetzen gelähmt, als die riesige schwarzhaarige Frau mit dem Löwenblick auftauchte.
    »Was willst du hier?«, donnerte die dunkle Herrin sie an, und die Göttin stammelte etwas von ihrem Geliebten, den sie suchte.
    »Welche Anmaßung!«, brüllte Ereschkigal und jagte eine Horde Dämonen hinter der Göttin her, die sie tiefer und tiefer in die Welt unter den Welten trieben. So irrte sie im Finsteren umher, gepeinigt, gekratzt und gebissen von den wilden Geistern, bissie schließlich in einem Mahlstrom versank, der aus schwarzem, schlammigem Gewässer bestand. Mühsam um Atem ringend kämpfte die Göttin dagegen an, doch immer weiter wurde sie umhergeworfen, bis sie schließlich einen kleinen Halt in der Dunkelheit über den brodelnden Gewässern fand. Doch die Ruhe war trügerisch, denn aus dem salzigen Ozean des Blutes erhob sich vor ihr der Drache des Chaos, Tiamat, die zornbrüllende Mutter, und verschlang die Göttin mit einem gewaltigen Schluck. So wurde sie eins mit der grausamen Kämpferin, deren größter Feind ihr Sohn war. In einem entsetzlichen Ringen erschlug er ihren Leib, zerfetzte ihr Inneres. Das Herz riss er aus und riss es in Stücke. Doch die Göttin, unsterblich, wenn auch geschändet, verlor nur ihr Bewusstsein für lange Zeit, und als sie wieder erwachte, lag sie in einer Welt voller wogender Nebel, aus denen lediglich ein Paar roter Augen glühte.
KAPITEL 17

    Die schwarze Hexe
    Ich hätte es wissen können – es hatte wenig Sinn, die Vergangenheit mit Gewalt vergessen zu wollen. Man bekommt sie anschließend in bösen Träumen wieder serviert. Auch diese Nacht verbrachte ich unruhig zwischen wirren Szenen, in denen ich vor schattenhaften Wesen floh, und langen Phasen mit rädernden Gedanken. Wieder schlief ich erst in den Morgenstunden ein, und in diesem letzten Traum erhielt der Schatten schließlich Gestalt und Gesicht. Es war eines, das mir das nackte Grauen verursachte, obwohl es nur eine große, schwarzhaarige Frau war. Näher und näher kam sie, drohend, mit tiefschwarzen Augen, die mich lähmten, meine Seele zerfetzten und die mich nackt und bloß dem Schicksal ausliefern würden. Sie griff nach mir und riss mit scharfen Klauen an meinen Haaren.
    Mit dem Schrei »Halima!« erwachte ich, fasste nach oben und hielt ein ebenfalls schreiendes Bündel Fell in der Hand. Völlig verstört starrte ich an, was ich da gepackt hatte, und erhielt zur Strafe noch einen Tatzer auf die Hand.
    »Nefertiti!«, stöhnte ich und versuchte, Haare und Katze voneinander zu entwirren.
    »Baba, ist was passiert?« Patrick stürzte zur Tür herein. »Du hast geschrien! Ach, du meine Güte. Titi!«
    Er half mir, die kleine Katze einigermaßen schmerzlos zu entfernen, und schlug dann ganz praktisch vor: »Vielleicht solltest du demnächst eine Schlafmütze anziehen.«
    »Eine Schlafmütze?«
    »Ja, du Schlafmütze. Ich glaube nämlich nicht, dass Titi irgendetwas auf vernünftige Erklärungen gibt, was das Besuchen von Betten anbelangt. Sie hat sich die ganze Nacht über auf meinem Kopfkissen vergnügt.«
    »Bring sie raus, ich komme gleich.«
    »Lass dir nur Zeit, ich find schon was zum Mittagessen!« Die Zeiger des Weckers sagten mir, dass seine Bemerkung nicht ganz unberechtigt war. Obwohl es bereits nach zehn Uhr war, fühlte ich mich weder ausgeruht noch unternehmungslustig. Dieser letzte quälende Traum steckte mir noch in den Gliedern. War das wirklich Halima gewesen, die mich da bedroht hatte? Eigentlich nicht möglich, es war

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