Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
Familie zu haben.«
    »Patrick ist von erstaunlicher Gelassenheit, was solche Dinge anbelangt. Ich habe mich gewundert, wie locker er die Begegnung mit Damon weggesteckt hat.«
    »Kann es sein, dass das nur äußerlich ist?«
    »Vielleicht. Ich werde sicher mehr von ihm erfahren, wenn ich heute Abend nach Hause komme. Auf jeden Fall würde ich mich sehr freuen, wenn du uns besuchen kommst.«

KAPITEL 34

    Testamentsbedingungen
    Ein bisschen überrascht war ich, als ich aus dem Zug stieg und mir Patrick entgegenlief. Damon wartete ebenfalls auf dem Bahnsteig.
    »Oh, Baba, das ist ja irre«, rief Patrick, als er sich aus meiner störenden Umarmung gewunden hatte. »Ich hab’s aber Vater nicht verraten, was du gemeint hast. Ich denke, du wolltest nicht, dass er es weiß.«
    »Sehr klug, Patrick. Genau das. Die Überraschung muss ich ihm selbst bereiten. Aber es ist nett von euch, dass ihr mich abholt.«
    »Hallo, Amanda. Eine schöne Zeit gehabt?«
    »Was hat man sonst mit dem Mann seiner Träume«, sagte ich ganz ehrlich. Die Hintersinnigkeit perlte an Damon ab. Er nahm meine Tasche auf und lotste uns zum Auto.
    »Habt ihr euch auch einigermaßen amüsiert?«, fragte ich Patrick, und ein Aufglühen seiner Augen zeigte mir an, dass diehöchste Stufe der Verehrung für Damon erreicht war. Ich wurde mit einer Berichtsflut von absolut faszinierenden Ereignissen überschwemmt, bei denen der Besuch im Institut für angewandte Mathematik gleich neben oder vielleicht doch ein wenig höher als der Besuch in einem Erlebnispark stand. Ich hörte geduldig zu, bis wir vor der Haustür waren und der Wortschwall für einen Augenblick eingedämmt wurde.
    »Danke, Damon. Du hast ihm offensichtlich eine Welt von überragenden Genüssen bereitet.«
    »Etwas, das du mir nicht zugetraut hast, was?«
    »Darüber habe ich nicht besonders nachgedacht. Aber der Augenschein zeigt, dass du es wohl kannst.«
    Es war schon dunkel geworden. Wir standen vor der Haustür im Licht der Außenlampe, und als ich zu ihm hochsah, fühlte ich wieder dieses entsetzlich drückende Gefühl in meiner Brust. Er hatte ein ruhiges, beinahe unbewegtes Gesicht, das nur selten einmal ein Gefühl verriet. Das war eine Eigenschaft, die mich vor Zeiten zu größter Wut und Verzweiflung getrieben hatte. Diesmal zeigte sich ein kleines, spöttisches Lächeln, und er musste nicht aussprechen, was er dachte. Ich sah in seine seltsam schillernden Augen, die mich schon einmal verwirrt hatten. Die Iris war von einem beinahe schwarzen Rand umgeben, aber dann wurde sie grün und ging zur Mitte hin in goldbraune Funken über. Für einen winzigen Moment war ich bereit, mich von ihm überzeugen zu lassen, dass er auch mir eine Welt von unbeschreiblichen Genüssen bereiten konnte. Aber dann schlug ich die innere Tür zu und schloss energisch die Haustür auf.
    »Melde dich, wenn du dich anders entschieden hast«, sagte Damon ganz leise und ging grußlos zu seinem Wagen.
    Ich knirschte buchstäblich mit den Zähnen und bemerkte das erst, als Patrick mich fragte, was ich denn da für Grimassen schnitt. Ich riss mich zusammen und produzierte einen einigermaßen guten Abklatsch von Fröhlichkeit und Interesse, während ich mir weiterhin Patricks Schwärmereien anhörte. Besonders beeindruckt hatte ihn wohl, dass Damon – was ich bislang auch nicht gewusst hatte – nicht nur der nüchterne Mathematikerwar, sondern auch einen ausgeprägten Hang zu ungewöhnlichen Unternehmungen hatte. Zu seinen Vergnügungen gehörte es, sich hin und wieder mit ein paar befreundeten Ethnologen und Archäologen auf abenteuerliche Exkursionen zu begeben. So hatte er mit ihnen im südamerikanischen Dschungel die Lebensweise eines indianischen Stammes untersucht, sich bei obskuren japanischen Urvölkern herumgetrieben und sogar eine Ausgrabung in Indien begleitet.
    »Okay, schon verstanden. Du hast einen total coolen Typ zum Vater. Da kann ich nicht mithalten, meiner ist etwas anders gestrickt! Der ist nicht mit Kajaks durch Mangrovensümpfe gerauscht und hat sich auch nicht mit Buschmessern durch Stromschnellen gekämpft. Aber interessant ist Henry auch.«
    Patrick grinste mich verzeihend an.
    »Entschuldigung, Baba. Ich quassele zu viel. Du, ich find das ganz toll, dass du den Mann besucht hast. Wie habt ihr das rausgefunden, dass er dein Vater ist?«
    Ich erzählte also Patrick von seinem neu gefundenen Großvater, aber ich merkte, dass ihm bald die Augen zufielen, und darum schickte ich ihn mit dem

Weitere Kostenlose Bücher